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Kraft der Farbe

Betrieb & Markt
Kraft der Farbe

Alle Teilnehmer am Deutschen Fassadenpreis 2009 haben bereits durch ihre Einreichung einen Trumpf fürs eigene Marketing im Ärmel: Interessenten und Kunden lassen sich dadurch wirklich beeindrucken.

Ganz elegant und höchst wirksam kann folgender Satz ins Beratungs- und Verkaufsgespräch beim Kunden eingebaut werden: „Wir waren Teilnehmer des Deutschen Fassadenpreises 2009.“ Auch wenn mit der Einreichung kein Preis erzielt werden konnte, wird der Gesprächspartner beeindruckt sein und dem Maler- und Lackierermeister möglicherweise allein dadurch schon deutlich mehr Kompetenz zuordnen. Nicht zu toppen ist der verkaufsfördernde Zusatz natürlich für all diejenigen Unternehmer, die zu den Preisträgern gehören.

Gleich zu Beginn der Sitzung zeigte sich die elfköpfige Jury erfreut, dass sich das diesjährige Teilnehmerfeld mit Objekten des Baujahres 2008 auf alle vier ausgelobten Kategorien erstreckte. Neben den traditionell zahlreichen Einreichungen aus den Bereichen Wohn- und Geschäftshäuser, Öffentliche Gebäude sowie Historische Gebäude und Stilfassaden bewarben sich beim Wettbewerb 2009 auch viele gelungene Arbeiten für die Kategorie Industrie- und Gewerbebauten. Nach intensiver Diskussion der durchweg hochwertigen Wettbewerbsbeiträge und drei Durchgängen einigte sich das Preisgericht auf elf Preisträger, die die gewünschte enge Korrespondenz zwischen Architektur und Fassadenfarbigkeit, zwischen Kreativität und sensibler Gestaltung sowie eine besondere Meisterschaft in der Ausführung auf herausragende Weise verwirklichten.
Wohn- und Geschäftshäuser
Ein neu erbautes Einfamilien-Wohnhaus in Saarbrücken macht in Form, Materialität und Oberflächenfarbigkeit eine ungewöhnlich klare und in sich stimmige Aussage – und erhielt dafür einen der beiden 2. Preise. Innerhalb der dicht bebauten Wohnstraße fällt dieses Objekt auf, obwohl sich kein einziger Buntton auf der Fassade findet. Insgesamt vier Weiß- und Grautöne betonen die Aufteilung, so dass ein harmonisches und lebendiges Raster entsteht. Für diese Arbeit wurden der ausführende Betrieb Stass „Der Stuckateur“ und der Architekt Markus Ott, beide Saarbrücken, ausgezeichnet.
Über den zweiten 2. Preis freuen sich der Malerbetrieb Graßl (Siegenburg) und das Architekturbüro Michael Naumann (Regensburg). In Regensburg ist durch ihre selbstbewusste und gekonnte Farbplanung und die überzeugende Umsetzung an der Fassade eine Wohnanlage entstanden, die Heiterkeit und Wertigkeit verströmt. Im Sonnenlicht leuchtet der mutige Gelb-orange-Ton von der Fassade wie eine zweite Lichtquelle. Akzentuiert wird die Fassade durch ein wesentliches Element: die verglasten Treppenhausbereiche. Sie haben ihren großen Auftritt, wenn der Mond aufgeht: Durch die Treppenhauslaternen werden dann die in zwei weiteren Rottönen und gebrochenem Weiß gestalteten Flurwände sichtbar. Auch alle weiteren Elemente des Gebäudekomplexes bis hin zu den Straßenlaternen der Außenanlagen sind farblich abgestimmt.
Energetische Sanierung
Außenseitige Wärmedämmung ist stets das Mittel der Wahl für Putzfassaden, wenn es um nachträgliche Maßnahmen geht, die die Gebäudeenergieeffizienz verbessern. Abstand nehmen viele Planer von dieser Möglichkeit bei strukturierten Fassaden, Naturstein- oder Klinkersichtflächen. Zu groß scheint die Gefahr, das ursprüngliche Gesicht des Hauses zu zerstören. Nicht abgeschreckt von dieser noch immer gängigen Meinung zeigten sich Kitzmann Architekten aus Hamburg. Sie führten eine umfassende energetische Sanierung und Modernisierung an einer verklinkerten Wohnanlage aus den 50er-Jahren im Stadtteil Barmbek durch. Die Fassade wurde wärmegedämmt und erhielt anschließend mit aufgeklebten Klinkerriemchen ihr ursprüngliches Erscheinungsbild zurück. Das ausführende Handwerkerteam John Lewien Malereibetrieb und die Bauherrin, die Baugenossenschaft Fluwog-Nordmark, beide aus Hamburg, wurden für diese gelungene Arbeit mit dem Förderpreis der Kategorie Wohn- und Geschäftshäuser ausgezeichnet.
Öffentliche Gebäude
Öffentliche Gebäude sind nicht zuletzt Schrittmacher für Innovationen. Was sie vormachen, wird früher oder später zum Allgemeingut in der Baukultur. Der konzeptionelle Anspruch – ansprechende Fernwirkung im Stadtbild und stimmige Nahwirkung auf die Nutzer – ist daher in diesem Bereich besonders hoch. Vorbildlich erfüllt hat diese Vorgabe beim Deutschen Fassadenpreis 2009 eine Kindertagesstätte in Neuss-Reuschenberg. Der moderne kubische Baukörper ist zur Straßenseite hin aufgebrochen und zeigt einen erfrischenden Blickfang: Dort stülpt sich die Gebäudeecke schützend über ein farbig belebtes Häuschen aus Holz, das den Maßstab der Nachbarschaft aufgreift. Sechs Bunttöne, ein Weiß- und ein Grauton bilden die auf den ersten Blick gewagte Farbpalette. Die Jury würdigte diese feine Leistung mit einem 1. Preis für Maler Weiß aus Essen und das Düsseldorfer Atelier Fritschi – Stahl – Baum Architekten.
Industrie- und Gewerbebau
Die Firma Scheiba ging bei der Sanierung, Wärmedämmung und der Erweiterung des Firmengebäudes einen mutigen Schritt und gab dem gesamten Firmengebäude ein durchgängiges Streifenkleid in fünf verschiedenen warmen Grautönen. Die Streifenbreiten sind akribisch ausbalanciert und fein rhythmisiert. Die wechselnden Kombinationen der fünf Nuancen führen einen eigenständigen und spannenden Dialog. Horizontal verbinden die Linien zudem die Bestandteile des Gebäudekomplexes zu einer optischen Einheit. Die Jury lobt die „progressive optische Neuorientierung“. Der 1. Preis in der Kategorie Industrie- und Gewerbebau ging an Santec Farbkonzepte und für die gelungene Planung an Habicht & Habicht, beide Düsseldorf.
Gelungenes Industrieensemble
Steinkohle wird auf der Zeche „Minister Achenbach“ in Lünen schon seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gefördert. In Lünen beherbergt das Gelände der ehemaligen Schachtanlage heute ein Technologie- und Gründerzentrum, für das der Neubau eines Bürogebäudes anstand. Die Herausforderung: Das Objekt sollte das bestehende Ensemble aus historischer rostroter Schachthalle und dem weißen Förderturm, der durch einen prägnanten eiförmigen Aufsatz des Designers Luigi Colani gekrönt wird, spannungsvoll ergänzen. Die Lösung, die in der Fassadengestaltung vom Malerbetrieb Ulrich Tomsen aus Lünen umgesetzt und von der SchürmannSpannel AG aus Bochum geplant wurde, überzeugte auch die Jury und wurde mit einer Anerkennung bedacht.
Historische Gebäude
Wie viel Neues verträgt eine historische, denkmalgeschützte Fassade? Auf diese Frage fand Malermeister Maik Köhler aus Clausthal-Zellerfeld eine wirkungsvolle Antwort. Mit dem Fassadenfarbkonzept und seiner präzisen Ausführung für ein mit Holz verschaltes Mehrfamilienhaus (Baujahr 1892) mit Geschäftsanbauten in seiner Heimatstadt gelang ihm eine Leistung, die mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde. Nach der Sanierung hebt die Leitfarbe, ein aussagestarkes Ochsenblutrot, das Gebäude aus seiner Anonymität, ohne dabei seine historische Herkunft zurückzunehmen. Beim Haupthaus kontrastiert die Fassung der Fenster und Türen in drei verschiedenen Grautönen harmonisch mit dem flächig gesetzten Rotton. Die Jury wählte diese Leistung auf Platz 1 in dieser Kategorie.
Grün, Weiß, Rot – diese Farbpalette klingt äußerst gewagt für das neue Fassadenbild einer Villa aus den 1930er- Jahren. In Frankfurt (Oder) wurde aus dieser farbigen Theorie im wahrsten Sinne ansehnliche Praxis. Malermeister Clemens Noreisch führte mit einem differenzierten Farbentwurf diese überraschenden Töne mit der zeittypischen Architektur harmonisch zusammen. Das warme Grün als beherrschender Fassadenfarbton bildet die Leinwand für die rot gefassten Bauelemente. Dachuntersichten, Vorbaufassade und Fensterfaschen heben sich in gebrochenem Weiß ab und verbinden sich doch durch grüne Farbakzente in Bändern und Fensterlaibungen mit dem Baukörper. Die Jury vergab den 2. Platz in dieser Kategorie an die Oder.
Bei einem Nürnberger Jugendstil-Mehrfamilienhaus von 1908 war nach einem lieblosen Anstrich in den 1960er- Jahren nichts mehr von der ursprünglich reichen ornamentalen Bemalung übrig. Mit der Vergabe des 3. Preises in der Kategorie „Historische Gebäude und Stilfassaden“ zeichnete die Jury die Malerwerkstätten Heinrich Schmid (Zwickau) und Baum Meyer Nagel + Partner Architekten (Nürnberg) für die mustergültige Renovierung dieser Jugendstilfassade aus.
Stimmiges Bild
Auch bei eher schlichter historischer Bausubstanz in Großstadtquartieren ist eine bemerkenswerte Aufwertung durch wohlgesetzte Fassadenfarbigkeit möglich: Die Fassade eines Berliner Wohnhauses wurde bei der Sanierung in dezenter, warmer Steinfarbigkeit Ton in Ton gestaltet. Dabei betont ein gebrochenes Weiß die hervorspringende Fassadenebene. Einen besonderen Reiz schaffen die Loggienrückwände in der Fassadenmitte. Sie sind in einem erdigen Rotfarbton gestrichen, der passend zur Dachfarbe gewählt wurde. Gliedernde Details wie der dunkler gehaltene Sockel, weiße Einfassungen der Loggien sowie ein weißes Stuckgesims als Abschluss der Fassadenfläche machen das Bild stimmig. Urheber dieser Fassadengestaltung, der die Ausgewogenheit zwischen Zurückhaltung und Betonung sehr gut gelungen ist, ist das Berliner Unternehmen Ingo Wagner Bauausführungen. Die Jury belohnte den Handwerksbetrieb für diese Leistung mit einer Anerkennung.
Sonderpreis Raumskulptur
Über Farbe in der gebauten Lebensumwelt kann man sprechen – oder sie am Objekt erleben. Selten gelingt es jedoch, mit wenigen Schritten so viele unterschiedliche Perspektiven auf bestehende Bauten und den Kontext farbiger Wirkungen zu erhaschen wie mit der „Sehstation“, die seit 2008 und noch bis 2010 durch verschiedene Städte Nordrhein-Westfalens tourt. Die mobile Installation aus Holzlamellen ist als begehbares Okular geformt, das die Blicke auf die gebaute Umgebung lenkt. In sich ist der sich verjüngende Quader abgestuft; die Stufensprünge wurden mit farbigen Akzentuierungen rahmenartig in frischen, reinen Tönen hervorgehoben. Konzipiert und umgesetzt haben diese „fliegende Ausstellung“ die Augsburger Zimmerei Bernd Schmid sowie der Architekt Andy Brauneis in Zusammenarbeit mit Nicolette Baumeister (Kommunikationsmodule) und Christian Baumeister (Tragwerksplanung). Die Jury zeichnete die Schöpfer dieser Aktivskulptur mit dem Sonderpreis des Fassadenwettbewerbs aus.

Praxisplus
Die Jury des Deutschen Fassaden-preises 2009:
  • Prof. Julia B. Bolles-Wilson, Bolles + Wilson, Münster
  • Prof. Jürgen Braun (Vorsitzender), Büro Kiefner + Braun, Stuttgart
  • Dipl.-Ing. Burkhard Fröhlich, Chefredakteur DBZ, Gütersloh
  • Andreas Gabriel, Chefredakteur ausbau + fassade, Geislingen
  • Klaus Halmburger, Grafik-Designer und Fachjournalist, Murnau
  • Matthias Heilig, Chefredakteur Mappe, München
  • Florian Peters, Malerei Peters, Hamburg
  • Dipl.-Ing. Elisabeth Plessen, Architektin, Stuttgart
  • Dipl.-Designer Werner Schledt, Schledt + Schledt, Frankfurt
  • Prof. Frank R. Werner, Bergische Universität, Wuppertal
  • Ulrich Schweizer, Malerblatt, Leinfelden

  • kompakt
    Die Vielfalt und die Kraft von farbig gestalteten Fassaden zeigen die Einreichungen und die mit einem Preis ausgezeichneten Fassaden des Deutschen Fassadenpreises.
    Für den Fassadenpreis 2010 können sich Interessenten bereits jetzt für die Zusendung von Teilnahmeunterlagen vormerken lassen:
    Brillux
    Weseler Straße 401
    48163 Münster
    Nina Gravermann
    Tel.: (0251) 7188-759
    Fax: (0251) 7188-439
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