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Närrische Zeiten

Betrieb & Markt
Närrische Zeiten

Närrische Zeiten
Werner Schledt

Neben Henry Maske stiegen in der närrischen Hochburg Düsseldorf auch Prof. Bert Rürup, Monika Matsching, Atze Schröder und sogar Bill Clinton in die Bütt. Als erster der Verkaufstrainer Rolf Ruhleder zum Thema Körpersprache. Sein Rat: „Erfolg ist individuell“ – gell. Eine Bill Clinton-Pointe: „Meine Freunde würden mich auch als Benzinverkäufer mögen“. Nach dem obligatorischen Ruf der Sitzungspräsidentin, unserer Sabine Christiansen, „Wolle mer’n reilasse?“, erhoben sich die mehr als 10.000 Närrinnen und Narren spontan von ihren Plätzen und unter den Klängen des Narrhalla-Marsches – Verzeihung: Es war natürlich „Conquest of Paradise“ – erschien Henry Maske, dessen launiger Vortrag mit dem Refrain „Ich sagte es ja mehrfach schon, ein Champion braucht Motivation“ endete, so dass die Teilnehmer schnell mit (r)einfallen konnten. Ach ja: Keine Sitzung ohne Protokoller, diesmal Atze Schröder. Umwerfend seine treffliche Pointe „Erfolg ist: So auszusehen wie ich und trotzdem hier eingeladen zu werden“ (Einziges Originalzitat). Ja, der Erfolg schien vielen greifbar nahe – bis zur Demaskierung.
Kostümfest
Meine „Leisetreter“ von Deichmann haben gerade mal 7,99 Euro gekostet. An der Kasse offerierte mir die freundliche Dame, ebenso gut gelaunt wie im Verkaufen geschult, ganz selbstverständlich als „Zusatzausstattung“ fußfreundliche Einlegesohlen, das Paar für 1,50 Euro – vergebens. Gleichwohl war ich neugierig und blieb stehen. Der Kundin nach mir, die für ein Paar Kinderschuhe 17,50 Euro bezahlt hat, verkaufte die Kassiererin aber locker ein passendes Schuhspray für 7,00 Euro. Also Auftragserweiterung um mehr als 40 Prozent. Ist doch was – auch für uns? Man kennt’s ja doch vom Kleiderkauf: Wer zum bereits gekauften Anzug das passende Hemd zeigen kann, hat uns schnell überzeugt. Und dabei sind wir, trotz der Mehrausgaben, nicht sauer, sondern eigentlich glücklich. Nach jedem erhaltenen Auftrag unseren Kunden den passenden Zusatznutzen offerieren, das könnten wir doch auch, oder? Natürlich darf die methodische Auftragserweiterung nicht „Jacke wie Hose“ sein, vielmehr muss der Zusatznutzen individuell zum Auftrag passen. Wer daraufhin die vielfältigen Angebote der Hersteller mal sichtet, wird schnell feststellen, dass der Katalog unserer Möglichkeiten viel größer ist als der des Modegeschäftes. Ich weiß auch, wie das Anschreiben an die Kunden beginnt: „Lieber Kunde, wenn schon, denn schon…“ Warum soll ein Kunde bei uns nicht mal einen Kaufrausch kriegen?
Grell geschminkt
Bald beginnt die Fassadensaison. Manche „Casa Gorgonzola“ wird verpackt und herausgeputzt, weniger schimmelanfällige Häuser erhalten nur neue Anstriche. So weit, so gut. Wenn da die Farbe nicht wäre. Seit die Palette der möglichen Töne schier unendlich ist, häufen sich wieder die Missgriffe. So wird kunterbunt, was farbig sein sollte, grell Geschminktes tanzt aus der Reihe und willkürlich aufgesetzte, vermeintlich künstlerische Zutat wirkt wie ein Tattoo auf schrill bemalter Backe. Zur Ausrede „Qualität ist, was der Kunde dafür hält“ sage ich: Ja, aber der langfristige Schaden, für Straßenbild und „Straftäter“ – darf nicht größer sein als der kurzfristige Nutzen.
Nachtrag für Architekten, die’s beifällig lesen: Sünden der Maler lassen sich schnell übertünchen, an denjenigen der Architekten leiden wir länger.
400-Euro-Shop
„Mir ist eine Vermögenssteuererklärung ins Haus geflattert. Das ist der rührendste Vertrauensbeweis, den ich von Behörden je erhalten habe. Mir stand das Wasser in den Augen.“ Vertrauensbeweise wie dieser, vom unvergessenen Journalisten Richard Kirn geschilderte, können jetzt auch Maler treffen: Steuererklärungen für nicht erhaltenen Lohn. Nach einem Urteil des BFH gilt bei 400-Euro-Jobs nämlich das Entstehungsprinzip: In Ausnahmen können Einnahmen steuerpflichtig sein, die der Arbeitnehmer gar nicht bekommen hat. Dann zum Beispiel, wenn so viele Stunden gearbeitet wurden, dass der geltende Mindest- bzw. Tariflohn unterschritten ist, oder wenn dem Arbeitnehmer vertraglich Urlaubs- oder Weihnachtsgeldzahlungen zustehen, die beim 400-Euro-Job nicht bedacht wurden. Wird nämlich durch nicht erhaltenes Entgelt die 400-Euro-Grenze überschritten, ist der Lohn voll steuer- und sozialversicherungspflichtig. So wird aus dem Mini-Job ein Maxi-Shop, ein Selbstbedienungsladen für das Finanzamt. (Zu Risiken und Nebenwirkungen des „Phantomlohns“ fragen Sie Ihre Innung oder Ihren… Steuerberater.)
Kinderfasching
Immer noch präsentieren sich viele Maler auf ihren Briefbögen, Fahrzeugen und Bauschildern so, als wollten sie so richtig für den Kinderfasching werben. Bunte Gnome mit schiefen Kappen, mit dicken Knubbelnasen und mit dem anscheinende unvermeidlichen tropfenden Pinsel in der Hand, absolut lächerliche Figuren also, scheinbar Comic-Heftchen für Kleinkinder entsprungen, sollen ernsthaft die Werbebotschaft „Wir sind ein Maler-Fachbetrieb!“ unterstützen. Zum Totlachen.
Aschermittwoch
Ab Aschermittwoch liegt die Trauerkarte wieder unübersehbar auf meinem Schreibtisch. Sie wird mich daran erinnern, jede, aber auch wirklich jede Anfrage nach „Werbung“ auf einem der DIN A 5-Anzeigenfriedhöfe abzulehnen. Warum Anzeigen schalten, die nichts bringen – jedenfalls nichts für den Betrieb. Da setze ich doch lieber auf eine andere Karte – oder mache gleich eine Spende. Ende.

kompakt
Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“.
Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im Maler- und Lackiererhandwerk. Jetzt engagiert er sich als Marketingleiter der TREIBS Bau GmbH und schreibt exklusiv aus betrieblicher Sicht für Malerblatt- Leser.
Werner Schledt
TREIBS Bau GmbH
Heinrichstraße 9 – 11
60327 Frankfurt/Main
Tel.: (069) 750010-310
Fax: (069) 750010-340
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