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Raue Zeiten

Betrieb & Markt
Raue Zeiten

Die Insolvenzen steigen weiter und das Eigenkapital der Betriebe sinkt. Die Luft wird für Maler immer noch dünner.

Isabel Birk

Das Baugewerbe hat in den letzten Jahren viele hunderttausend Arbeitsplätze abgebaut. Gründe dafür sind vor allem Konsumzurückhaltung und Investitionsstopp. 2003 sank die Zahl der Beschäftigten um elf Prozent, der Umsatz um zehn Prozent und die Auftragseingänge um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein Drittel der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe hat in den letzten sechs Jahren den Arbeitsplatz verloren.
Allein durch illegal Beschäftigte wurden rund 200 000 Beschäftigte verdrängt. Durch die enge Vernetzung des Handwerks mit dem Baugewerbe berichten 25 Prozent der Handwerksbetriebe von Preiseinbrüchen. Ein gleicher Anteil bei den Mittelständlern ist zu Investitionen bereit. Dies kommt einer Halbierung der Investitionsbereitschaft innerhalb von zwei Jahren gleich.
Gründe für die Schwäche
Der Anstieg der Löhne und lohnbezogenen Abgaben betrug in den letzten 22 Jahren 120 Prozent und stieg damit z.B. sechsmal so stark wie in Holland, das 1982 mit dem Abkommen von Was- senaar den Weg der Lohnmäßigung einschlug. In der Folge stieg die Zahl der Beschäftigtenstunden dort um 21 Prozent, während sie in Westdeutschland um 5 Prozent zurückging. Oder eine rein deutsche Betrachtung: die Lebenshaltungskosten in Deutschland stiegen seit 1995 um 11 Prozent, die Löhne aber um über 16 Prozent.
Die Ausweitung des Sozialstaates trug zum Anstieg der Lohnkosten bei. Für die Arbeitnehmer führte die Abgabenlast dazu, dass die Nichtbeschäftigung immer lukrativer wurde. Für die Arbeitgeber rechnen sich bei hohen Löhnen und Lohnzusatzkosten Neueinstellungen nicht mehr.
Liegt das Inlandsprodukt je Erwerbstätigem in den neuen Bundesländern bei nur 65 Prozent der alten Bundesländer, so haben die Lohnkosten ein Niveau von über 90 Prozent nach Tarif und über 70 Prozent real erreicht.
Das geringe Wachstum verstärkt das geringe Niveau des gesamtdeutschen Wachstums. Die immensen öffentlichen Transfers in die neuen Länder belasten die Investitionen in Deutschland und reduzieren sie (seit 1990 über 1 000 Mrd. Euro).
Die Bürokratie in Deutschland mit 2 197 Gesetzen, 46 779 Einzelvorschriften und 3 131 Verordnungen mit 39 197 einzelnen Bestimmungen führt in der Summe zu 5 328 Gesetzen und Verordnungen mit 85 597 Vorschriften und Bestimmungen. Dies bedeutet einen erheblichen Verwaltungsaufwand der Betriebe durch Bürodienste für den Staat. In Betrieben bis 9 Beschäftigte entstehen hierdurch 3 500 Euro Kosten je Beschäftigtem und Jahr. In Betrieben von 10 bis 29 Beschäftigten werden Unternehmern noch mit 1 600 Euro pro Beschäftigten belastet. Bürokratieabbau in Deutschland bedeutet 91 Streichungen bei gleichzeitig 396 neuen Gesetzen.
Die Rezession in der Bauwirtschaft hat auch das Maler- und Lackiererhandwerk schwer getroffen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes führte die schlechte Konjunktur bei den Beschäftigten im zweiten Quartal 2003 gegenüber dem Vorjahr zu einem Rückgang von –5,1 Prozent und zu einem Umsatzrückgang von –3,5 Prozent. Vermutlich wird sich diese Entwicklung bis Ende 2004 fortsetzen, und es kann erst nach Durchschreiten der Talsohle ab 2005 bzw. 2006 mit einer Belebung der Maler- und Lackierer-Konjunktur gerechnet werden.
Die schwache Auftragslage führte im Maler- und Lackiererhandwerk trotz des günstigen Tarifabschlusses zu weiteren Entlassungen und einem – verglichen mit dem Bundestrend – überproportionalen Anstieg der Insolvenzen.
Insolvenzen
Im Jahr 2003 betrug die Zahl der insolventen Maler- und Lackiererbetriebe 314, wobei in Niedersachsen, Hessen und Bayern die meisten und in Bremen und Südbaden die wenigsten Firmenzusammenbrüche zu verzeichnen waren. Insgesamt verlor das Maler- und Lackiererhandwerk damit seit 1990 mindestens 1 800 Betriebe durch Insolvenz.
  • Betriebe mit bis zu 6 Beschäftigten waren mit 62 Prozent,
  • Betriebe mit 7 bis 10 Beschäftigten mit 17 Prozent,
  • Betriebe mit 11 bis 30 Beschäftigten mit 13 Prozent und
  • Betriebe über 30 Beschäftigten mit 2 Prozent an den Insolvenzen beteiligt.
Dass gerade Kleinbetriebe mit einem hohen Insolvenzrisiko leben müssen, zeigt sich nicht nur für das Maler- und Lackiererhandwerk, sondern auch für die Gesamtheit deutscher Unternehmen, wie Erhebungen von Creditreform bestätigen.
Unter dem Einfluss von Umsatzrückgängen und steigendem Wettbewerbsdruck haben viele Betriebe bei realistischer Einschätzung ihrer betriebswirtschaftlichen Situation Defizite und benötigen verstärkt fundierte Informationen über die kostenwirtschaftlichen Auswirkungen des betrieblichen Geschehens.
Auf Grund des moderaten Tarifabschlusses stiegen zwar die Kosten nur gering, doch sie konnten bei schrumpfender Nachfrage angesichts des harten Preiswettbewerbs (mit rückläufigen Preisen) kaum weitergegeben werden.
Gerade die Gefahr, auf Auftragsrückgang mit sinkenden Preisen zu reagieren, wird von vielen Unternehmen nicht erkannt. So bedeutet ein Preisverfall (-zugeständnis) von –20 Prozent ein negatives betriebswirtschaftliches Ergebnis von –23 Prozent. Ein Auftragsrückgang dagegen von –20 Prozent führt zu einem negativen betriebswirtschaftlichen Ergebnis von –5 Prozent. Vorausgesetzt, die Unternehmensleitung reagiert zeitnah und verhindert unbeherrschte Preiszugeständnisse. Verbunden mit hohen Außenständen und einer angespannten Liquidität zwingt dies immer mehr Betriebe in die Zahlungsunfähigkeit.
Hinzu kommt die Tatsache, dass sich Malerbetriebe zunehmend zum größten Kreditgeber für ihre Kunden entwickeln. Im Durchschnitt wartet der Malerbetrieb 48 Tage auf sein Geld. Die Konsequenzen sind evident, daran änderte auch das im Mai 2000 in Kraft getretene Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen nichts. Im Gegenteil; oft verstößt sogar der Staat gegen seine eigenen Gesetze. Bei der Zahlungsmoral kann von der oft propagierten Vorbildfunktion der öffentlichen Hand in Deutschland keine Rede mehr sein. Darüber hinaus nutzen die Betriebe häufig – beim Umgang mit nichtstaatlichen Stellen – nicht einmal die Möglichkeit, ihre Forderungen von vornherein abzusichern, indem sie sich über eine Wirtschaftsauskunftei die nötigen Informationen über ihre Schuldner beschaffen.
Liquiditätsprobleme sowie das Risiko des Forderungsverlustes könnten sehr oft reduziert bzw. minimiert werden. Auch werden die Möglichkeiten des § 648a BGB Bauhandwerkersicherungsgesetz kaum angewendet, weil viele Betriebe keine Kenntnis von den Regeln dieser Sicherheit haben.
Dennoch: Wo soll eine Konsolidierung erfolgen, wenn das Umlaufvermögen aufgebläht ist?
Der Anteil des Umlaufvermögens am Gesamtvermögen betrug 2002 ca. 81 Prozent – hervorgerufen durch hohe Forderungsbestände, angefangene Arbeiten und teure Materialbestände. Jeder Geselle wird mit knapp 26 000 Euro pro Jahr vorfinanziert, doch die Betriebe sind gezwungen, dies mit Fremdkapital zu finanzieren, weil kein Zahlungsrückfluss durch den Kunden erfolgt. Infolgedessen sinkt die Eigenkapitalquote immer mehr. Sie ist seit 1998 um mehr als fünf Prozentpunkte gesunken und beträgt jetzt nur noch rund 7,1 Prozent , sodass von einer gesunden Finanzierung, die von einer Fristenübereinstimmung zwischen Vermögens- und Kapitalbindung ausgeht, keine Rede mehr sein kann.
Entwicklung des Eigenkapitals
Die Unternehmensfinanzierung im Maler- und Lackiererhandwerk bleibt also das große Sorgenkind. Zwar wurde Basel II entschärft, doch setzt sich der Rating-Trend ungebrochen fort. Die Unternehmen müssen interne Strukturen, Abläufe und Ziele transparenter gestalten und kommunizieren. Nur bei absolut gläserner und nachhaltiger Dokumentation wird zukünftig Kapital zu beschaffen sein. Und wenn Bonität das Vertrauen der Bank in die zukünftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens darstellt, so wird die Bedeutung der Planungsrechnung offensichtlich.
Zukunft hat nur das Unternehmen, das Wirtschaftlichkeit mit Rentabilität verbindet. Banken erwarten, dass die Unternehmen aus Fehlern lernen:
  • Krisenunternehmen entstehen in gesättigten Branchen
  • Verschuldung ist sehr hoch
  • Kein effizientes Rechnungswesen
  • Sachkompetenz ist hoch, die betriebswirtschaftliche Umsetzung übel
  • Es fehlt der Mittelbau (Nachfolger, Vertreter)
  • Personalführung und -politik müssen besser werden
Bei all diesen Schwierigkeiten muss die Wirtschaftlichkeit auf der Strecke bleiben. 2002 verzeichnete das Maler- und Lackiererhandwerk die seit 1956 niedrigste Wirtschaftlichkeit in der Branche: 0,4 Prozent. Dabei kann man gerade mal von Kostendeckung sprechen. Und wenn man berücksichtigt, dass es sich um einen Bundesdurchschnitt handelt, lässt sich ohne weiteres auf den Überlebenskampf mancher Betriebe schließen. Dennoch gilt „Wer die Zukunft als Gegenwind empfindet, ist in der falschen Richtung unterwegs.” (Monique R. Siegel)
Es sind also im wahrsten Sinn des Wortes „Unter-Nehmer“ und keine „Unter-Lasser“ gefragt. Sie müssen sich praxisnahe Betriebsdaten sowie Kenn- und Richtzahlenvergleiche beschaffen, die sie auch als Grundlage für Planungs- und Budgetierungsrechnungen nutzen können. Ein regelmäßig durchgeführtes Benchmarking ist hierbei wichtigster Ansatzpunkt. „Benchmark“ heißt im wörtlichen Sinn „Bezugspunkt“ oder „Maßstab“, bedeutet also in der Regel einen Vergleich mit den Besten. Doch Benchmarking ist mehr als ein reiner Kostenvergleich. Es gibt die Kennzahlen in Verbindung mit verschiedenen Methoden der Prozessbetrachtung wieder, wie z.B. einen systematischen Vergleich betrieblicher Abläufe mit entsprechenden Prozessen in anderen Unternehmen und wichtige Hinweise zum Aufdecken von Wettbewerbsvorteilen.
Wer ein Benchmarking für seinen Betrieb durchführen lassen möchte und dazu Hilfestellung benötigt, sollte sich – wenn er Innungsmitglied ist – an das Institut für Betriebsberatung des Deutschen Maler- und Lackiererhandwerks in Seligenstadt wenden. Es ist ein Teil der Berufsorganisation, und es gibt im gesamten Handwerk keine vergleichbare ähnliche Institution. Seit 48 Jahren ist das Institut bundesweit ausschließlich für das Maler- und Lackiererhandwerk tätig. Durch diese lange Erfahrung ist man in der Lage, die Betriebe individuell, schnell und flexibel bei der Führung und Steuerung ihres Unternehmens zu unterstützen – vor allem bei der Preisfindung und Kalkulation. Viele Informationen stehen auch im Internet unter www.malerinstitut.de bereit. Die Mitarbeiter des Instituts führen jährlich allein zwischen 70 und 80 Begehungen in den Betrieben vor Ort mit dem Schwerpunkt Benchmarking durch. Die Untersuchungen erstrecken sich vorwiegend auf die Feststellung der Kosten-, Ertrags- und Finanzsituation. Daraus werden dann Planungsrechnungen abgeleitet, sodass der Unternehmer Anhaltspunkte erhält, mit welchem Kostenpreis er am Markt agieren müsste.
Um ein Benchmarking durchführen zu lassen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Betriebsdatenerhebung vor Ort oder eine schriftliche Auswertung auf Basis des Erhebungsbogens. Der ausgefüllte Bogen wird dann vom Institut analysiert, und der Unternehmer erhält einen Kurzbericht, in welchem er eine Übersicht bekommt über
  • Kostenwirtschaftliche Kennzahlen (Kostenintensität, Kosten und Ergebnis in Prozent der Betriebsleistung)
  • Kalkulationsgrundlagen Ermittlung des Gemeinkostensatzes, betrieblicher Kostenpreis bei Verteilung der Gemeinkosten auf Lohn-, Material- und Nachunternehmerkosten
  • Leistungskennzahlen (Produktivität der Mitarbeiter)
  • Kennzahlen des Werkstoffbereiches (Lager-/Vorratshöhe)
  • Kennzahlen des Verwaltungs- und Vertriebsbereiches (Gehalts- und Sachgemeinkosten)
  • Kennzahlen der Finanzierung (Vermögens- und Kapitalstruktur, Verschuldungsgrad)
  • Preisanpassung nach Lohn- und Materialpreiserhöhung
  • Deckungsbeitragsrechnung mit Ermittlung des Break-even-Points und des durchschnittlichen Deckungsbeitrags in Prozent der Umsatzleistung
  • Aufgliederung der Gemeinkosten in lohngebundene, leistungsbedingte und fixe Kosten
  • Berechnung der Auswirkung von Erhöhung oder Abnahme des Mitarbeiterstammes auf die Kalkulation.
Institut für Betriebsberatung des deutschen Maler- und Lackiererhandwerks Frankfurter Straße 14 63500 Seligenstadt Telefon (06182) 2 52 08, Fax 2 47 01 Maler-lackierer-institut@t-online.de www.malerinstitut.de
Das Institut wurde 1956 als ausführendes Organ der Gesellschaft für Betriebswirtschaft im deutschen Maler- und Lackiererhandwerk e.V. von Unternehmern gegründet und unterstützt bundesweit Innungsbetriebe praxisnah im Rahmen der gesamten Betriebsführung. Es werden darüber hinaus auch interessante Seminare sowie jedes Jahr im Oktober die Betriebswirtschaftliche Arbeitstagung veranstaltet.
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