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Verdämmt noch mal

Unverdünnt aufgetragen Mattes und Glänzendes aus dem Malerhandwerk
Verdämmt noch mal

Werner Schledt

Gegen die nachträgliche Wärmedämmung werden immer mehr Stimmen laut. Jetzt schwächt auch noch die Ölschwemme zu Discount-Preisen die guten Argumente der Befürworter. Daran wird auch die vorgesehene Aufstockung der Förderung für energetische Modernisierung um 1,2 Milliarden Euro – die mit der Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Handwerkerrechnungen gegenfinanziert werden soll – schwerlich was ändern. Besonders ernst zu nehmen ist das zuletzt immer häufiger vorgebrachte Argument, dass nicht Umweltbewusstsein, sondern primär eine schnellere Amortisation zu mehr Dämmung im Baubestand animieren könne. Das haben die Hersteller und Handwerker nicht in der Hand.
Nutzen im Quadrat
Sie können aber vielleicht ein Paket schnüren, das pro Quadratmeter Wärmedämmung mehr enthält – „Nutzen im Quadrat.“ An der Problemlösung, teure Kernleistungen durch Zusatznutzen attraktiver zu machen, arbeiten andere auch. Eine große Gesellschaft hat dafür den Begriff Marketing durch die Devise „Mooreketing“ ersetzt. Eine attraktive Verknüpfung erfordert natürlich Kreativität. Dazu könnten sich vielleicht ein paar Querdenker wie Dr. Setzler als Eintüter zusammensetzen. Da müsste doch was zu machen sein, verdämmt noch mal.
Apropos Styropor: Hartschaum hat, das fällt mir gerade ein, vor Jahren einen Künstler zu einer überschäumenden Idee inspiriert. Überschäumend deshalb, weil seine Arbeiten, meist Wandgestaltungen, eine Weile überall publiziert und die Technik nachgeahmt wurde: Der Mann hieß Teichert, seine Technik „Teichert-Printing“. Dabei wurde die Oberfläche von Styroporelementen mit Lösemittel partiell so angelöst, dass nur die erhabenen Stellen als Druckflächen dienten, die mit wasserverdünnbaren Farben eingestrichen wurden. Dabei gab es viele reizvolle Varianten: Man konnte z.B. auf den ein- oder mehrfarbigen Untergrund, der oft lasiert war, einfarbig drucken oder auch die Druckstöcke unterschiedlich einfärben. Die Möglichkeiten waren schier unendlich, die Grenzen zwischen handwerklicher und künstlerischer Gestaltung fließend. Während wir meist dekorativ mit Rapport arbeiteten, schuf Teichert seine Wandbilder oft durch Verwendung deformierter Platten oder Blöcke, die er bisweilen auch durch Schneiden mit dem Heißdraht in Form brachte. Schade, dass diese Technik verschwunden ist.
„Der Hauptverband ist wie eine Laterne: Oben leuchtet es – und unten pinkeln die Hunde dran.“ Dieses Bonmot stammt von Helmut Frincke, dem unvergessenen ersten Geschäftsführer unseres Hauptverbandes nach dem Krieg. Er gebrauchte es bisweilen, wenn Kritik an der Fachorganisation unsachlich oder zu heftig war. Und heftig ging’s in den ersten Jahren öfter zu. Kontrovers, aber sachlich zu diskutieren hatten die Alten ja ver- und wir Jungen noch nicht gelernt. Komisch, dass ich mich gerade jetzt daran erinnere.
Da stutzt man
Jetzt soll also die steuerliche Abzugsfähigkeit von Handwerkerrechnungen für haushaltsnahe Dienstleistungen in gemieteten oder selbstgenutzten eigenen Immobilien gestutzt werden. Da werden viele Handwerker wieder das zu hören kriegen: „Rechnung brauche ich übrigens keine.“
Einmalig
Das ist einmalig: Im bayrischen Pfarrkirchen gibt es ein Unternehmergymnasium. Das einzige in Deutschland. Dort entscheiden sich jedes Jahr ab der achten Klasse etwa zwanzig Schüler für diesen Schwerpunkt. Sie beteiligen sich zunächst an einem Gründungsspiel und führen zudem reale Aufträge für Wirtschaftsunternehmen aus. Leider ist das noch ein Einzelfall. Projekte mit Unternehmensplanspielen oder Schülerfirmen gibt es noch viel zu wenige und im normalen Unterricht erfahren die Schüler kaum etwas über Unternehmer und Unternehmen. Woher auch? Selbst den Lehrern für das Fach „Wirtschaft“ mangelt es oft an einer entsprechenden Ausbildung, geschweige denn Erfahrung. Weil aber gerade bei uns Unternehmensgründer und auch Übernehmer fehlen, wirbt jetzt der Bundeswirtschaftsminister für entsprechende Initiativen in den Schulen. Da ist auch das Handwerk gefragt. Innungen z.B. können die Lehrer unterstützen und den Schulen jahrgangsgerechte Projekte anbieten. Das ist gar nicht so schwer. Ich selbst habe z.B. schon mehrmals mit Schülern einen Betrieb „Eis-Salon“ „gegründet“: Zuerst Kriterien für die Beurteilung des vorgesehenen Standorts erarbeitet, dann alles Notwendige, wie Know-how erwerben, Laden mieten, Maschine und Einrichtung beschaffen, zusammengetragen und die Kosten dafür ebenso ermitteln lassen wie für die Zutaten.
Beim Thema Finanzierung zeigten sich die Schüler als „eiskalte Rechner.“ „Lieber das Geld von Oma leihen als Zinsen zahlen“ hörte ich oft. Nachdem die Begriffe Aktiva und Passiva – mehr Fremdwörter brauchte es nicht – verstanden waren, erstellten wir sogar eine Eröffnungsbilanz und fingen an zu kalkulieren. Die Schüler hatten schnell raus, was das Eis kosten würde und wie viel Kugeln sie am Tag verkaufen müssten, damit nach Kostendeckung auch noch was übrig bliebe. Sehr kreativ gingen sie das Thema Werbung an – manchmal mit Ideen zu Kugeln. Tja, und am Ende der drei Doppelstunden schafften wir für das simulierte erste Jahr auch noch die Schlussbilanz. Fazit: Wirtschaftskunde, die Spaß macht, ist gar nicht so schwer. Unser Betrieb war fiktiv – nur die Portion Eis am Ende für alle, die war real.
Abi für Azubis
In einigen wenigen Handwerksberufen hat jeder zweite Lehrling Abitur. Das Handwerk braucht aber mehr Nachwuchs mit Gymnasialabschluss. Deshalb will man Gymnasiasten künftig in der Mittelstufe animieren und ein „duales Abitur“ anbieten, sodass sie am Ende der Schulzeit schon einen Berufsabschluss haben. So was gibt es bereits in der Schweiz – und hoffentlich bald auch bei uns.
Kaum zu glauben
„Das hilft auch, wenn man nicht dran glaubt“, sagte der Maler zum Pfarrer, der ihn wegen eines gemalten Glückskleeblattes über der Haustür als abergläubig tadelte. Witzig, aber falsch: Abergläubige glauben nämlich. Und es hilft auch. Aberglaube sei ein Mittel, so Psychologen, um Kontrolle über Abläufe und Situationen zu bekommen. „Management by Maskottchen“, so nenne ich’s mal – übrigens in Berufen mit hohem Risiko besonders häufig anzutreffen – funktioniere, weil man daran glaube. Und wer glaube, nur mit bestimmter Kleidung oder seinem persönlichen Glücksbringer erfolgreich zu sein, werde es am Ende auch. Ich bin nicht abergläubig, kann also „Management by Maskottchen“ nicht nutzen, muss aber folglich auch Unglücksbringer nicht fürchten. Wenn mir eine schwarze Katze über den Weg läuft, bereitet mir das kein Kopfzerbrechen – eher schon ein Kater am Aschermittwoch.
Die Amortisation der Kosten haben Hersteller und Handwerker nicht in der Hand.

PRAXISPLUS

Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – genau das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“. Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.
Werner Schledt
Gangstraße 35 c
60388 Frankfurt/Main
Tel.: (06109) 34208
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