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Bonbon für Studenten

Farbe & Inspiration
Bonbon für Studenten

Es war schon immer umstritten. 45 Meter ragt es in den Himmel über Darmstadt, beherbergte einst Finanzbeamte und Akten, nach zwölf Jahren Leerstand logieren heute Studenten hinter Fassaden in Orange, Mint und Rosa. Das sorgt für Aufsehen.

Martina Noltemeier, Caparol

Das elfgeschossige Hochhaus-Ensemble entstand zwischen 1968 und 1973 unter Missachtung zahlreicher baurechtlicher Vorgaben. Ursprünglich wurde es vom Finanzamt als Bürogebäude genutzt. Anfang der 90er Jahre kam es jedoch nach Asbestfunden zum Auszug des damaligen Hauptmieters. Von der Investorengemeinschaft ausgelobte Architekten-Wettbewerbe sollten gegen Ende der 90er Jahre eine Lösung bringen. Dies scheiterte allerdings an der schwierigen Bausubstanz, dem Nutzungskonzept und mangelnder Wirtschaftlichkeit. Als das Darmstädter Architektur- und Ingenieurbüro IHT die Idee entwickelte, das Gebäude zu kaufen und als Studentenwohnheim zu nutzen, sprang der Funke seitens der Investorengemeinschaft über.
Entkernung und Sanierung
Es kam zwar nicht zum Verkauf, das Büro IHT erhielt jedoch im März 2003 den Planungsauftrag für die Umnutzung der Gebäude zu einem Studentenwohnheim.
Bereits die Entkernung des Hochhaus-Komplexes sowie der Abriss eines Vor- und Anbaus auf dem eng bebauten Grundstück stellte die Planer vor große Herausforderungen. Schwierig gestaltete sich auch die Sanierung des Gebäudeensembles. Trotz Voruntersuchungen und Erstellung von Sanierungskonzepten traten Asbest und polyaromatisierte Kohlenstoffe an völlig unerwarteten Stellen auf. Hinter jeder Decken- und Wandverkleidung lauerten neue Überraschungen. Die Schadstoffe wurden per Unterdrucktechnik aus dem Haus gesaugt, die Sanierung erfolgte unter Kontrolle des Regierungspräsidiums Darmstadt und von Feldmessungen begleitet. Neue Brandschutzauflagen machten den Anbau eines 35 Meter hohen Fluchttreppenturms, die Erweiterung einer Sprinkleranlage und den Einbau von 500 Brandmeldern notwendig.
Alu-Waves und Farbspiele
Die Hauptfassade wird heute durch horizontale Fensterbänder strukturiert; mit der Montage von Alu-Rahmen um die Fenster entstand ein so genannter Monitoring-Effekt. So scheinen die Fenster vor- und zurückzuspringen, es entstehen dreidimensionale Effekte und Schatten. Nicht Jalousien, sondern in der Isolierverglasung integrierte, halbtransparente Aluminiumfolien sorgen für automatischen Sonnenschutz. Selbst im geschlossenen Zustand lässt das System Alu-Waves Licht herein.
Den Investoren lagen mehrere Farbkonzepte vor. Letztlich entwickelte der Investor jedoch seine eigene Konzeption für den Außen- und Innenbereich: Die Vorderfront des Hochhauses strahlt in kräftigem Orange, die Seitenfronten in intensivem Mintgrün und Rosa, die Anbauten in schillerndem Orange. Dieses auffällige Konzept signalisiert auf der einen Seite selbstbewusst, dass der lange währende Leerstand von studentischem Leben abgelöst ist – auf der anderen Seite ist die Buntheit aus traditioneller städtebaulicher Sicht, die Integration vor Exposition stellt, durchaus fragwürdig. Ein Wagnis, das nicht jedes Auge erfreut. Der Architekt jedenfalls nennt das Objekt fortan „Campino“, frei nach dem gleichnamigen Bonbon.
Hochwertige Ausstattung
Die 140 Apartments des Hochhauses besitzen komfortable Bäder mit Wanne, Buchenholzfensterbänke und Internetanschluss. Der Eingangsbereich ist freundlich mit Terrakotta-Fliesen und Mosaiken in Grün- und Rottönen gestaltet. Die Terrakottaböden der einzelnen Stockwerke unterscheiden sich durch unterschiedliche Mosaiken.
Die Baukosten belaufen sich – durch die sehr umfangreiche Sanierung – auf rund sechs Millionen Euro. Insgesamt dauerte die gesamte Baumaßnahme bis zur Wiedereröffnung des Hochhauses rund zehn Monate. Das neue Studentenwohnheim versorgt rund ein Prozent der knapp 32.000 Studenten in Darmstadt mit Wohnraum.
Ob „Campino“ zu einem weiteren Wahrzeichen Darmstadts avanciert, wird sich zeigen. Ein eigenständiges Element im Darmstädter Innenstadtbereich ist es heute schon. Jedenfalls erfreut es sich großer Beliebtheit bei den Studenten.

Bauherr: Investorengemeinschaft Nold
Architektur und Bauleitung:
IHT – Architekten+Ingenieure GmbH, Darmstadt (Projektleiter Jan-Dirk Müller- Seidler)
Standort: Eschollbrücker Straße 4, Darmstadt
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