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Meisterstück der Raumkunst

Farbe & Inspiration
Meisterstück der Raumkunst

Der Darmstädter Meisterbetrieb Zimmermann & Sohn kam in den Genuss, die Wand- und Deckendekoration des Wertheim-Speisezimmers von Peter Behrens zu rekonstruieren.

Christine Breitkopf

Für die Ausstellung „Peter Behrens – Das Wertheim-Speisezimmer“ wurde Walter Zimmermann vom Institut Mathildenhöhe Darmstadt beauftragt, die Wand- und Deckenmalereien des 106 Jahre alten Speisezimmers zu rekonstruieren. Eine große Herausforderung. Grundlage waren Schwarzweißfotos von 1902 und ein Teppich, der im Auftrag des Los Angeles County Museum of Art für eine Ausstellung 2004 wiederhergestellt wurde.
Wissen, Können und Wollen
Wissen und Können ist im Betrieb von Walter Zimmermann tief verankert. Ein Schwerpunkt ist die Denkmalpflege und damit verbunden ist die Kunst, Farben vergangener Zeiten wieder aufleben zu lassen. Beschäftigt werden ausschließlich selbst ausgebildete Mitarbeiter, so dass die Weitergabe spezifischen Wissens sichergestellt ist.
Wäre das Wollen personifiziert, hieße es Walter Zimmermann. In seinem Betrieb legt er großen Wert auf den menschlichen Umgang mit und unter seinen Mitarbeitern. Das qualitative Ergebnis steht vor der absoluten Geschwindigkeit. Bei allen Bedingungen der heutigen Zeit opfert Walter Zimmermann nicht das Wohl seiner Mitarbeiter einem Auftrag. Unter diesen Voraussetzungen ist es kein Wunder, dass der Mitarbeiter Hans-Jürgen Wittig mit großer Leidenschaft pinselführend dem Projekt Wertheim-Speisezimmer sein Herz schenkte.
Auf der Basis der damals vorhandenen Materialien Leinöl, Farbpigmenten und Sekkativa wurden die Originalfarben interpretiert und rekonstruiert. Ein Prozess, der neben Hingabe großes Wissen und Präzision erfordert. Die Farbgebung der Ornamente, die sich in der Musterung des Teppichs wiederfindet, ist unerlässlich für die harmonische Gesamtwirkung des Raumes. Die Körperfarben sind entscheidend für das Ergebnis. Körperfarbe, auch Gegenstandsfarbe, ist der Farb-eindruck, der von Objekten ausgeht, die Umgebungslicht reflektieren. Angewendet wird die subtraktive Farbmischung, die entsteht, wenn trockene, flüssige oder pastöse Färbmittel vermischt werden.
Für die Wand- und Deckendekoration wurde umfangreich geplant und berechnet. So wurden nach genauen Plänen und Zeichnungen im Originalmaßstab der Wände insgesamt 6 Schablonen gefertigt, mit denen die Farben schrittweise aufgetragen wurden. Verwendet wurden Bürsten und Pinsel, Rollen gab es zu dieser Zeit nicht. „So präzise, wie heute gemalt wird, waren die Ränder der Flächen damals nicht“, schmunzelt Walter Zimmermann. Seine Mitarbeiter mussten im Nachhinein „ausbessern“ und die scharfen Kanten korrigieren.
Das Ergebnis ist ausgezeichnet. Die Reise in die Vergangenheit auf den Spuren von Peter Behrens, einem der großen Gestalter des 20. Jahrhunderts, war für Walter Zimmermann ein handwerklicher Höhepunkt.
„Wir haben den schönsten Beruf, denn was wir machen, sieht man“, sagt Walter Zimmermann. Für immer sichtbar sein wird die Arbeit am Wertheim-Speisezimmer. Entgegen der Planung, das Zimmer nach Beendigung der Ausstellung abzubauen, hat das Institut Mathildenhöhe entschieden, das Wertheim Speisezimmer in die ständige Ausstellung zu übernehmen.

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Zu Peter Behrens
„Geboren am 14. April 1868 in Hamburg. Im Übrigen Autodidakt“, so beschreibt Peter Behrens seinen Werdegang. Zu seinen frühen kunstgewerblichen Entwürfen gehörten unter anderem Teppiche, Tapeten, Beschläge, Bucheinbände etc. Behrens gehörte zu den frühen Mitarbeitern der Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk. 1899 wurde er Mitglied der neu gegründeten Darmstädter Künstlerkolonie. Auf deren erster Ausstellung 1901 stellte Behrens mit dem eigenen Wohnhaus sein architektonisches Erstlingswerk vor, für das er auch die gesamte Inneneinrichtung entworfen hatte. 1902 zeigte er ein neues Speisezimmer-Ensemble auf der „Ausstellung moderner Wohnungskunst“ im Warenhaus Wertheim in Berlin. 1903 wurde Behrens zum Direktor der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule ernannt, die er durch tief greifende Reformen zur führenden Lehranstalt Deutschlands machte. Bauten, Einrichtungen und Anlagen zeigen Behrens als Universalkünstler, dessen Schwerpunkt sich auf die Architektur und die industrielle Formgebung verlagerte. Von 1907 bis 1914 wirkte Behrens als künstlerischer Beirat der Allgemeinen Electricitäts-Gesellschaft (AEG) in Berlin, für die er monumentale Industriebauten schuf und deren Produkte und Werbung er gestaltete. Er macht sich damit einen Namen als Wegbegleiter von „Industrial Design“ und „Corporate Identity“. Daneben unterhielt Behrens ein eigenes Bauatelier, über das er verschiedene Projekte abwickelte, wie z.B. den Bau der Deutschen Botschaft in St. Petersburg 1912, das Verwaltungsgebäude der Farbwerke Hoechst in Frankfurt Anfang der 1920er Jahre, das Terrassenhaus in der Weißenhofsiedlung Stuttgart 1927.
Peter-Behrens-Schule Darmstadt
Mornewegstraße 18
64293 Darmstadt
Telefon: (06151) 132570

kompakt
Als Familienbetrieb mit 59 Mitarbeitern, von denen 15 Lehrlinge sind, übernimmt der Meisterbetrieb Aufträge in der Denkmalpflege und für Privatkunden. Ein großer Wunsch ist es, den Betrieb mit dem heutigen Geist für viele Generationen zu erhalten.
Zimmermann & Sohn Heinrichstraße 62 64283 Darmstadt Tel.: (06151) 46297 Fax: (06151) 425152
Peter Behrens – Das Wertheim- Speisezimmer
Museum Künstlerkolonie
Institut Mathildenhöhe Darmstadt
Olbrichweg 13
64287 Darmstadt
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