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Orientierung bieten

Inspiration
Orientierung bieten

Wie entsteht ein Raumkonzept, das gleichermaßen für Menschen mit vielen unterschiedlichen Bedürfnissen und solche ohne jegliche Einschränkungen förderlich und attraktiv ist? Individuell und barrierefrei, klar und dabei atmosphärisch stark sollte das Farbkonzept sein.

Autor: Marco Bock | Fotos: Brillux

Das 1982 für 50 Nutzerinnen und Nutzer konzipierte Wohnheim der Gold-Kraemer-Stiftung in Frechen benötigte ein neues Raum- und Nutzungskonzept. „Die große gestalterische Herausforderung bestand darin, die vom Gästehaus genutzten drei Etagen in jeder Hinsicht barrierefrei anzulegen“, erläutert Andrea Schäfer, die das ausgesprochen lebensbejahende und atmosphärisch dichte Farbkonzept federführend im Brillux Farbstudio Münster in enger Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Georg Weuffel aus Bergheim entwickelt hat. Im Einzelnen hieß das: Die Räumlichkeiten mussten alle Anforderungen von Rollstuhlnutzern und Gehbehinderten erfüllen. Menschen mit Seheinschränkungen sollten visuelle Barrierefreiheit vorfinden. Für Nutzer mit geistigen und kognitiven Einschränkungen waren Orientierungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Aber auch Menschen ohne jegliche Einschränkungen sollten sich in dem Gästehaus wohlfühlen und es als attraktives Hotelangebot wahrnehmen.

Flur als Ausgangspunkt

Jedes Farbkonzept braucht einen Ausgangspunkt. Farbgestalterin Andrea Schäfer verortete ihn in den drei Fluren des Gästehauses – genauer: in der jeweiligen Lounge der Flure, in der die Reproduktion eines jeweils anderen mehrfarbigen, großformatigen Kunstwerks den Ton und die Atmosphäre vorgibt. Maritimes Blau, natürliches Grün und ein an reife Früchte erinnerndes Rot wurden so zu den drei Leitfarben der drei Etagen. Die Stuhlfarben der Lounge-Möblierung nehmen diese Farbtöne wieder auf. Diese Leitfarben sind bereits vor Betreten des Etagenflurs durch die Glastür sichtbar und ein wichtiges Orientierungselement mit hoher atmosphärischer Qualität. „Im Zusammenspiel aus Kunstwerk, Sitzmöbeln und Leitfarbe entsteht ein fröhliches, lockeres und modernes Ambiente, in dem man sich sofort willkommen und gut aufgehoben fühlt“, beschreibt Andrea Schäfer den Gesamteindruck.

Leitfarben

Die Farbgestaltung in den Fluren nimmt auch ihre funktionellen Aufgaben ernst. So findet sich die jeweilige Flurleitfarbe Blau, Rot oder Grün als schmale senkrechte Farbfläche direkt neben den Türen zu den Zimmern wieder. Dieses farbige Band betont den Eingang und macht ihn für Sehbehinderte besser auffindbar. In den Farbbändern integriert sind die großformatigen Zimmernummern und – für kognitiv eingeschränkte Menschen – demnächst noch zimmerindividuelle plakative Symbole, die jeweils der Stilwelt des Flurs entlehnt sind. Im maritim-blauen Flur wird Zimmer Nr. 15 so zum „Walfisch“-Zimmer, die 21 im roten Flur kennt man auch unter der Bezeichnung „Apfel“.

Ebenso dienen die dunkle Sockelleiste, der dunkel gebeizte Handlauf und die dunklen Türblätter der visuellen Barrierefreiheit. „Sie unterstützen die Sicherheit und Eigenständigkeit der seheingeschränkten Nutzer, weil sie sich kontrastreich vom Grundfarbton der Wände – einem anheimelnden hellen Sandton – abheben“, zeigt Andrea Schäfer auf. Der helle, warme Boden mit Holzcharakter ermöglicht es Seheingeschränkten zudem, eventuell vorhandene Hindernisse besser zu erkennen – und gibt dem Flur gleichzeitig Leichtigkeit und Weite. Außerdem wird die Stütze im Lounge-Bereich als Hindernis deutlich.

Sicher und inspirierend

Individuell und barrierefrei, klar und dabei atmosphärisch stark – diese Eigenschaften trägt das Farbkonzept auch in die Zimmer. Farbdesignerin Andrea Schäfer: „Grau und Dunkelbraun als Farbtöne für Wände und Möbel waren von vorneherein tabu. Vielmehr sollten strahlende und kräftige Farbtöne wie ein selbstbewusstes Pink, ein frühlingshaftes Grün, ein klares Blau und ein nordisches Petrol die Zimmer und ihre Nutzer mit jeweils einzigartigem, optimistischem Flair beleben.“

Die jeweilige Zimmerleitfarbe erstrahlt in der Regel auf der großen Längswand am Kopfende des Bettes und zusätzlich an der Türwand zum Flur hin. Das haucht nicht nur dem Raum mehr Farbe ein, sondern trägt auch deutlich zur Unterscheidbarkeit von Flur- und Badezimmertür bei. Dies wird auch durch die unterschiedlich farbigen Türblätter – Dunkelbraun zum Flur hin, Hellbraun für den Eingang in den Sanitärkubus – unterstrichen. Ästhetische Gestaltung verbindet sich so ganz selbstverständlich mit visuell barrierefreier Gestaltung. Sie zeigt sich an weiteren Details.

So machen die hier ebenfalls dunkelbraun abgesetzten Sockelbereiche den Raumgrundriss für Menschen mit Seheinschränkungen deutlich erfahrbar. Damit für diese Nutzergruppe das Mobiliar nicht zur Stolperfalle wird, wurde auf dunkle und damit gut sichtbare Stuhl- und Tischbeine großen Wert gelegt. Sie heben sich kontrastreich vom Boden ab. Hier wurde derselbe Belag verlegt wie im Flur – auch, um optisch farbliche Schwellen zu vermeiden – und lediglich um 90 Grad gedreht.

Eine ungewöhnliche Lichtlösung bringt das gesamte Raumdesign im wahrsten Sinne zum Leuchten: Die LED-Lichtleiste unterhalb der Decke sorgt für eine schwebende, indirekte Beleuchtung und für noch strahlendere Raumfarben.

Im Vorher-Nachher-Vergleich fällt sofort ins Auge, wie sich die farbige Kulisse des Gemeinschaftsraums verändert hat und jetzt die gewünschte anheimelnde Offenheit ausstrahlt. Aus der zuvor schweren Holzdecke ist durch eine weiße Beschichtung, unterstützt von entsprechenden Deckenlampen, ein hoher und luftiger Kopfraum entstanden. Das Weiß der Wände setzt diese Wirkung fort.

Für den Farbklang ist ein freundliches Apfelgrün zuständig. Es hebt den Bereich der Speiseausgabe markant hervor und findet sich auch in der Möblierung wieder.

Idee und Umsetzung

Gerade bei Modernisierungsvorhaben in Gesundheits-, Förder- und Senioreneinrichtungen kann mit einem fachgemäß geplanten Farb- und Raumkonzept deutlich mehr Lebensqualität für die Nutzer erzielt werden. Voraussetzung ist eine Planung, die auf die Bedürfnisse und Einschränkungen der Bewohner eingeht und überzeugende Antworten gibt. Im Paul-Kraemer-Haus 1 in Frechen konnten sich die Verantwortlichen auf die Expertise der Brillux Farbstudios in diesem besonderen Bereich verlassen. Alle Ideen wurden als 3D-Entwürfe präsentiert, sodass den Verantwortlichen der Gold-Krämer-Stiftung die Entscheidung für den neuen „Look“ ihres Gästehauses leicht fiel. Ebenso verlässlich fiel auch die Materialauswahl aus: Alle für die Gestaltung eingesetzten Brillux Wandbeläge und Beschichtungen – von Raufaser und Glasvlies über Innendispersionen und Lacke in verschiedensten Abtönungen – erfüllen die hohen Standards bezüglich Belastbarkeit, Reinigungsfähigkeit, Hygiene und Allergikereignung, die in einem solchen Haus eingehalten werden müssen, vorausgesetzt werden.

Weitere Fotos:
www.malerblatt.de

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