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Ornament und Funktion

Schrift und Architektur
Ornament und Funktion

Die Schrift ist ein wichtiges Element in der Architektur, das leider oft genug vergessen wird. Warum das so nicht sein sollte, zeigt das Zürcher Museum für Gestaltung in einer detailreichen und begeisternden Ausstellung.

Autor: Armin Scharf

Schrift und Architektur stehen in einem ambivalenten Verhältnis zueinander: Mal stört die Schrift die Wirkung eines Gebäudes, mal gehen beide ein geradezu symbiotisches Verhältnis ein. Diese unterschiedliche Ausprägung kann formale Gründe haben, ebenso funktionale oder materialhafte. Extrem wird die Diskrepanz, wenn Leuchtreklame oder Mega-Displays an oder auf Gebäuden die Hoheit über die visuelle Erscheinung übernehmen. Sprich: Die Architektur wird einfach überlagert. Anders stellt sich die Situation dar, wenn die Typografie direkten Bezug nimmt – etwa als Navigationshilfe im Gebäude, als Hinweis auf dessen Zweck oder gar als ornamental-gestalterisches Element. Dabei muss die Schrift nicht ausschließlich zweidimensional sein, sie kann ebenso körperhaft sein wie das Volumen des Bauwerks.

Schrift und Architektur

Betrachtet man aktuelle Bauprojekte, so scheint die Dreidimensionalität an Bedeutung zu gewinnen. „Besonders im Trend liegen große Beschriftungen mit Hang zum Skulpturalen“, erklärt Barbara Junod. Sie ist Kuratorin am Zürcher Museum für Gestaltung und hat die aktuelle Ausstellung „3D-Schrift am Bau“ konzipiert. „Dreidimensionale Schrift war schon immer ein spannendes Thema für mich, im Zusammenhang mit Architektur, aber auch mit Landschaft.“ Die kompakte, aber extrem reich bestückte Ausstellung im Toni-Areal in Zürich-West nimmt sich also eines längst überfälligen Themas an und hinterleuchtet es mit internationalen Beispielen aus den vergangenen 20 Jahren. Dabei geht es nicht um die banale Addition einer Leuchtreklame, sondern um die „die interdisziplinäre Teamarbeit“ aus Architekten, Grafikern, Künstlern. Schließlich geht es auch hier immer um Konzepte, die idealerweise Ort und Architektur aufgreifen und gestalterisch erweitern. Experimente mit der Typografie, mit Materialien und der Herstellung von Schriften tragen zur Vielfalt bei. Und natürlich darf die Signaletik nicht fehlen, wie in der Schweiz Orientierungshilfen in und an Gebäuden genannt werden. Auch hier ist die Symbiose gefragt: Schrift lebe erst richtig im Einklang mit dem Gebäude, so Barbara Junod.

Mit echten Schriftelementen bestückt

All dies visualisieren zahlreiche Beispiele – aus der Schweiz, aber auch aus dem internationalen Umfeld. Und alle Exempel, beginnend beim City Garden Hotel in Zug über das Center national de la Dance im französischen Pantin und die tropfenförmigen Hausnummern für 900 Amsterdamer Wohnungen bis zur New Yorker Universität The New School sind nicht nur fotografisch, sondern auch mit echten Schriftelementen bestückt. In 3D eben. Teils werden Vormodelle gezeigt, teils erste Versuche mit der Produktion der Lettern, schließlich auch das Ergebnis. Eine ganze Wand zeigt Original-muster der dreidimensionalen Realisierung und damit einen Überblick über Materialien, Produktionsformen und Farbigkeit. Auch sie wird thematisiert: Mal nimmt sich die Schriftfarbe extrem zurück, geht quasi im architektonischen Hintergrund auf, mal setzt sie sich selbstbewusst davon ab. Hochglänzend, matt, aus Beton, naturbelassenem Aluminiumguss oder glasiertem Porzellan – die gezeigte Vielfalt ist überwältigend. Barbara Junod differenziert diese in Reliefschriften, Schriftskulpturen, plastische Schriftgitter und applizierte plastische Schriften sowie Kommunikationsschriften. Mal bleibt die Schrift nur Schrift, mal übernimmt sie Zusatzaufgaben, etwa das Abschatten von Gebäuden.

Kurzum: Eine Ausstellung, die den Weg nach Zürich lohnt, zumal der Ort, das aus einem Industriebau konvertierte, heute als Hochschule genutzte Toni-Areal samt seiner Umgebung sowieso einen Besuch wert ist.

Weitere Fotos:
www.malerblatt.de


PraxisPlus

3D-Schrift am Bau

Museum für Gestaltung Zürich,

Toni-Areal

Bis 14. April 2019

Am 10. März, um 11 Uhr, lädt Barbara Junod zur Fachführung durch die Ausstellung, für den 31. März ist
ein „Typo-Walk“ durch den Kreis 5

in Zürich angekündigt.

www.museum-gestaltung.ch

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