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Warm und hell

Farbe & Inspiration
Warm und hell

Im Alter sieht man manche Dinge anders – im wörtlichen Sinn. Die Verminderung der Sehfähigkeit hat auch unmittelbare Auswirkung auf das Erleben und Erkennen von Farben. Altersgerechte Raum- und Architekturgestaltung muss also auch die Farbigkeit berücksichtigen.

Armin Scharf

Die Veränderung des Auges ist ein natürlicher Prozess, der bereits schon im vierten Lebensjahrzehnt beginnt – meist mit einer Lesebrille. Zwischen 35 und 45 Jahren wird die Linse dichter, härter und auch gelblicher. Dies bewirkt zum einen eine langsamere Scharfstellung und eine Abnahme der Transparenz, die sich in einem vermehrten Lichtbedarf bemerkbar macht. So ist die Linse eines Kindes etwa zehn Mal transparenter als die eines 50-Jährigen. Auch die Durchlässigkeit der Iris, also der so genannten Regenbogenhaut vor der Linse, geht zurück. Außerdem verkleinert sich zwischen 30 und 80 Jahren die Pupille um etwa 60 Prozent, auch dadurch gelangt weniger Licht auf die Netzhaut. Diese wiederum verliert ab 60 Jahren im äußeren Bereich Stäbchenzellen, die für die Hell-Dunkel-Wahrnehmung zuständig sind. Ein 90-Jähriger muss mit 30 Prozent weniger Stäbchen als ein 50-Jähriger auskommen.
Dem bereits erwähnten Mehrbedarf an Licht steht eine höhere Blendempfindlichkeit durch verzögerte Dunkelanpassung gegenüber. Ab etwa 65 Jahren lässt sich eine Einengung des Gesichtsfeldes beobachten und ab 70 Jahren eine deutlich langsamere Scharfstellung des Sehapparates. Bereits ab etwa 45 Jahren wird die Tiefenwahrnehmung geringer, dreidimensionale Ausdehnungen sind schwerer erfassbar. Und: Mit der Linseneintrübung verändert sich die Kontrast- und Farbwahrnehmung. Vor allem die Differenzierung von Farben des Grün-Blau-Bereiches lässt nach.
Der Graue Star
Eine dramatische Veränderung des Auges stellt sich beim so genannten Grauen Star ein: Die Linse trübt sich noch stärker und schneller ein als dies normalerweise der Fall wäre. Die Folge: Das einfallende Licht wird stark gestreut, es bilden sich Unschärfen, Doppelbilder und Farbverluste. Da die trübe Linse gegenüber einer gesunden Linse mehr Licht aus dem bläulichen Bereich absorbiert, verschiebt sich die Farbwahrnehmung in den roten Bereich, gleichzeitig vergraut das Bild und verliert noch stärker an Kontrast.
Farb-Folgerungen
Zunächst gilt es, die Lichtmenge im Raum deutlich zu erhöhen. Die in DIN-Normen festgelegten Beleuchtungsstärken sollten verdoppelt, mitunter sogar verdreifacht werden. Letzteres besonders in Bereichen mit erhöhtem Orientierungsbedarf, also Fluren oder Treppenhäusern. Wichtig dabei: Die hellere Beleuchtung darf keine Blendungen verursachen, weder direkt noch indirekt über Reflektionen an Flächen. Spiegelnde oder völlig weiße Flächen sind generell zu vermeiden. Transparente Elemente müssen eine optische Kennzeichnung tragen.
In Sachen Farb- und Helligkeitskontrast gelten unterschiedliche Empfehlungen. Generell sollte man wegen der langsamen Adaption auf kontinuierliche Helligkeitsübergänge zwischen den Raumbereichen setzen, ergänzend signalisieren Kontrastakzente die Raumübergänge und unterstützen somit die Orientierung. Gleichmäßige Helligkeiten verbessern zudem das Erkennen von Hindernissen im Raum. Hingegen sind Wand- und Bodenbereiche visuell zu trennen, also Kontraste vorzusehen. Allerdings nicht in zu hohem Maße, weil sonst die Augenadaption überfordert wäre. Als besonders problematisch haben sich rundum weiß gekachelte Badezimmer erwiesen: Hier sind keine Raumkonturen mehr erkennbar, was Verwirrung und Verunsicherung bei Bewegungsabläufen zur Folge hat.
Geht es hingegen um die Benutzbarkeit von Abstellflächen, Tischen, Küchenarbeitsplatten oder anderen Aktiv-Bereichen, so muss der Kontrast hoch sein; beispielsweise zwischen Tischfläche und Teller oder zwischen Ablage und Gegenständen. Hohe Kontraste verbessern auch die Erkennbarkeit von Hinweiselementen, also Griffen, Schaltern, Schildern. Orientierungstafeln oder Raumkennzeichnungen, Wegweiser oder Anleitungen sollten daher nicht nur in großen Lettern, sondern auch in starken Kontrasten gehalten sein. Und: Nicht höher als drei Meter über Grund hängen. Da der Augapfel weniger beweglich ist, erfasst das Auge nur noch ein begrenztes vertikales Blickfeld.
Wohlfühl-Gestaltung
Neben diesen klaren Anforderungen an die Farbigkeit lässt sich auch noch eine Verschiebung der emotionalen Präferenzen feststellen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, denn das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) ließ bereits vor einiger Zeit eine Studie erstellen, die genau dies abklärte. Dabei verglich man die Vorlieben von Testpersonen im Alter zwischen 65 und 85 Jahren mit denen junger Studenten.
Das Ergebnis: Ältere Menschen bevorzugen eindeutig hellere Farben sowie sanfte, freundliche und ruhige Braunnuancen. Violette und gelbgrüne Töne hingegen werden abgelehnt. Eine wichtigere Rolle als der eigentliche Farbton jedoch spielt die Sättigung: so wirken Rot oder Grün bei gleicher Intensität ähnlich anregend auf das Befinden. Zusammenfassend aber vermerkt das KDA, dass helle Farben und warme Töne in der Beliebtheitsskala vorne stehen.

INTERNET
Weitere Informationen zum Thema im Web unter www.kda.de www.kda.de
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