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Weiß, weiß, weiß

Farbe & Inspiration
Weiß, weiß, weiß

Die Farbe Weiß erlebt derzeit eine Renaissance – nicht nur bei der Fahrzeuglackierung. Sie ist der Trendton des Möbeljahres 2008, noch vor Naturhölzern wie Nussbaum und Eiche. Ein Rundgang über die Kölner Möbelmesse.

Andrea Eschbach

Das Wohnen der Zukunft ist weiß. Das glauben zumindest die Trendforscher der Möbelbranche. Egal ob Schränke, Regale oder auch Polstermöbel – die Nichtfarbe dominiert die neuen Entwürfe. „Weiß lässt sich wunderbar kombinieren und bringt optische Ruhe ins Wohnambiente“, sagt Thomas Grothkopp, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandels (BVDM).
Die Möbelmesse imm cologne im Januar zeigte deutlich: Die Nichtfarbe Weiß feiert ein großes Comeback, jetzt auch in der guten Stube. Weiß ist ein Symbol der Reinheit, Klarheit, Unschuld und sie ist flexibler, als man denkt. Im Gegensatz zu anderen hellen Farben lässt sie sich auf verschiedenste Stile ein – von gemütlich über sachlich und elegant bis futuristisch.
Mal strahlt Weiß von glanzlackierten Oberflächen, mal schimmert es auf Bezugsstoffen. Weiß findet sich selbst bei so heiklen Möbelstücken wie Sofas und Sesseln. Selbst Klassiker zeigen sich in neuem, reinem Gewand: Den „Lounge Chair“ von Charles und Ray Eames stellt Vitra nun auch ganz in Weiß her. Jedoch nicht in Blütenweiß: Die Lederpolster präsentieren sich in einem leicht ins Graue spielenden, gebrochenen Weißton, die Sperrholzschalen sind mit einem lasierten Nussbaumfurnier belegt. Ein frisches Aussehen für die Designikone.
Grafisch und abstrakt
Weiß ist eine ganze Möbel-Kollektion, die Hersteller Alias neu im Programm hat. Mit den „Legnomobili“, Sideboards und Schränken, führt der Züricher Designer Alfredo Häberli die stilistische Linie fort, die er mit dem Bett „Legnolotto“ begonnen hatte. Das Sideboard „Legnomobile B3“ strahlt in kühlem Weiß, das modulare System besteht dabei aus zwei auf einer Art Bank ruhenden Elementen. „Weiß ist für mich die Farbe, die den höchsten Abstraktionsgrad hat. Licht und Schatten kommen auf Weiß am stärksten zur Geltung,“ erklärt Alfredo Häberli.
Ligne Roset setzt ebenfalls auf die Jahresfarbe. Peter Maly entwarf für den französischen Möbelhersteller das weiße Regal „Lines“, bei dem sich Regalseiten und -böden in einem raffinierten Rhythmus kreuzen – ein Geflecht von Linien. Grafisch ist auch die außergewöhnliche Leuchte „Bloom“ von Hiroshi Kawano: ineinander verflochtene Schaumstoffringe wie mit leichter Hand hingekritzelt.
Bunte Akzente
Ob das weiße Wunder anhält? Wie in der Mode ändern sich auch die Farben im Möbeldesign heute saisonal. Jedoch lässt sich der Inhalt eines Kleiderschrankes allemal leichter wechseln als die Ausstattung einer Wohnung. Ein Rundgang durch die Messehallen zeigt, dass neben der Farbe Weiß knallige Farben wie Lila, Türkis und Blau Akzente setzen. Daneben sieht man eine ganze Palette an Erdtönen. Im Polstermöbelbereich dominieren Flachgewebe mit feinen Strukturen und angenehmer Haptik, daneben sind Bezugsstoffe aus Naturfasern wie Wolle, Wollfilz, Leinen, Baumwolle und Flachs im Kommen. Auch der Klassiker Leder verteidigt seine Stellung.
Zweiter Trend: dunkles Holz
Kunststoff ist nach wie vor präsent. Aber gefragter sind Naturhölzer wie dunkler Nussbaum oder Eiche. Auch Obstbaumhölzer erfreuen sich zunehmend größerer Beliebtheit. Dabei ist eine wilde Maserung durchaus erwünscht. „Mittlerweile achten die Kunden darauf, dass die Ökobilanz der Produkte stimmt“, erklärt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie. Für die Kollektion „Allumette“ von Atelier Oï verwendete Hersteller Röthlisberger das harte Holz des tropischen Arura-Vermelho-Baumes. Die filigrane Fachwerkkonstruktion garantiert bei aller Leichtigkeit große Stabilität. Aus Eichen- oder wahlweise Walnussholz besteht das Schrankmöbel „Pivot“ des jungen israelischen Designers Shay Alkalay. Das Möbel, gefertigt vom niederländischen Label Arco, überrascht: Es lehnt sich auf hohen Beinen grazil an die Wand. Zieht man an einer der Schubladen, öffnet es sich wie eine Ziehharmonika. Ein wahrer Eyecatcher ist der „Stingray“. Damit entwarf Thomas Pedersen für den dänischen Hersteller Fredericia eine moderne Interpretation des Schaukelstuhls. Der organische Stuhl aus afrikanischem Makassarholz wurde von der Messe in der Kategorie „Best of the Best“ mit dem Interior Innovation Award ausgezeichnet.
Wiederentdecktes
Multifunktionalität spielt weiter eine große Rolle. So präsentierte Walter Knoll das Sofaprogramm „Living Landscape“. Die Eckelemente lassen sich in immer neue Richtungen drehen – für flexible Wohnlandschaften zum Sitzen, Lümmeln und Relaxen. Eine einfache Handhabung, Bequemlichkeit und praktischer Nutzen sind bei den neuen Funktionsmöbeln unverzichtbar. Manchmal versteckt sich die Multifunktionalität: Das schlichte Tischchen „Zelos“ von Classicon entpuppt sich beim Öffnen als vielseitiger Sekretär – samt lederner Schreibtischunterlage und Kabeldurchlass.
Auch 2008 werden wieder allerorten alte Hüte aus dem Designfundus als neue Hits verkauft. Doch manchmal bringt die Suche in den Firmenarchiven auch zu Unrecht Vergessenes ans Licht. So gelang es Ligne Roset, ein Möbel neu aufzulegen, hinter dem eine schöne Geschichte steht. Pierre Paulins Sessel „Pumpkin“ geht auf einen Entwurf für den Gemäldesalon des Präsidentenpaares Pompidou im Elysée-Palast aus dem Jahre 1971 zurück. Die kürbisähnlichen, weichen Sessel und Sofas des französischen Designers waren eine wahre Revolution inmitten all des Prunks. Nur vier Jahre lang standen die Möbel jedoch dort. „Als Giscard d’Estaing Präsident wurde, hatte er es sehr eilig, alles wieder entfernen zu lassen“, erinnert sich Pierre Paulin.

kompakt
Nun hat die Nichtfarbe Weiß endlich auch die aktuelle Wohnwelt erfasst. Nachdem weiße Autos dem jahrzehntelangen Charme von Firmenwagen entronnen sind und plötzlich Fahrzeuge der Luxusklasse sich in unschuldigem Weiß zeigen, war der Rest nur eine Frage der Zeit. Doch Obacht: Nicht alles ist Weiß, denn dazwischen mischen sich munter unterschiedliche Brauntöne, als Begleiter von Weiß oder als eigenständige Farbnote. Wer sich da 30 Jahre zurückversetzt fühlt, liegt nicht sehr daneben. Neu sind jedoch die grazilen Formen der neuen, braunen Möbel.
Die nächste Internationale Möbelmesse findet vom 19. bis 25. Januar 2009 in Köln statt. www.imm-cologne.de
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