Im Hotel Fravi, auf 1000 Metern Höhe in den schweizerischen Bergen gelegen, lässt es sich gut entspannen – zwischen einer intensiven Farbigkeit nach Feng Shui.
Armin Scharf
Der kleine schweizerische Ort Andeer ist nah und doch fern. Normalerweise lässt man es links liegen, wenn man die Via Mala hinter sich gelassen, den Tunnel unter dem San Bernardino noch vor sich hat und das Tessin nur noch wenige Fahrminuten entfernt lockt. An Andeer rauscht der Verkehrsstrom vorbei – das freilich war nicht immer so. Einst war es, wie viele der Bergorte entlang des Alpentransits, eine wichtige Raststation auf dem beschwerlichen Weg über die Pässe. Damals brauchte es noch Pferdewechselstationen entlang des Weges – in Andeer legte man damit den Grundstein für das Hotel Fravi. 1828 gegründet, nicht mehr als Transitherberge, sondern als Kur- und Badehotel direkt neben den heilversprechenden Quellen, wurde der Betrieb immer wieder erweitert und umgebaut. Seine romantischen Zinnen erhielt es 1907 im Zuge einer Aufstockung, der flache Restau-rantanbau folgte 1968, ganz im nüchternen Stil der Zeit. Die jüngste Renovierung und Modernisierung ist noch nicht ganz abgeschlossen, hat aber bereits weite Teile des Interieurs völlig umgekrempelt. Statt der traditionellen Holzsichtigkeit, die die Räume dunkel und schwer machen, setzten die Zürcher Architekten auf Farbe, Schlichtheit und Licht. So wurden die modernisierten Zimmer völlig neu eingerichtet, mit formal einfachen Möbeln, ausgewählten Textilien und Bodenbelägen – und einer intensiven Farbgebung für die Wände. Komplett nach Feng Shui geplant und umgesetzt, überraschen die Zimmer vor allem durch die Kraft der Farben, meist eine Wand im Zimmer begleitend. Es gibt ein sattes Rot, ein tiefes Blau, ein leichtes Grün und warmes Gelb, großflächige Akzente, die den Räumen Charakter geben. „Besonders das Rot war für uns ein Experiment“, erläutert Architektin Edith Meier die gewagte Entscheidung. Denn die Lehrmeinung tendiert doch eher zu neutraleren Gästezimmern, um Geschmacks-kollisionen zu vermeiden. „Zu unserer Überraschung sind alle Farben sehr gut angenommen worden, auch von den Stammgästen.“ Inzwischen erfolgen Buchungen bereits mit expliziten Farbwünschen.
Großflächige Muster vor Ort dienten der letztlichen Fixierung der Nuancierung, auch wenn die Töne vorab mittels des NCS-Systems bestimmt wurden.
Im Gegensatz zu den Zimmern dominiert im neuen Wellness-Bereich das durch Licht erzeugte Farbspiel. Im Untergeschoss des Hotels locken Sauna, Dampfbad, Eisraum und Ruheraum zur Entspannung. Farbiges Licht gibt den einzelnen Bereichen unterschiedliche Anmutungen – da ist der Eisraum mit blauem Lichtschimmer oder die dynamisch wechselnde Lichtfarbe im Ruheraum. Im Zugangsbereich wechseln warme und kalte Farben ab, stimmen den Gast auf das Wellness-Erlebnis ein.
All dies befindet sich auf 1000 Metern Höhe, in einer Umgebung, die Ruhe und Entspannung verspricht. Und das ist heute eigentlich ein sehr kostbares Gut geworden. In Andeer pflegt man es.
Bauherr: Hotel Fravi, Andeer (www.fravi-hotel.ch), Schamser Heilbad Andeer AG (www.fravi-hotel.ch) Gestaltung: Meier + Giger (Architektur, Innenarchitektur, Feng Shui), Zürich Projektmanagement: Hansjörg Erismann, Thusis Malerarbeiten: Maler Walser, Chur
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