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Ganz schön kreativ

Farben
Ganz schön kreativ

Beschichtungen mussten früher dem Untergrund meist nur Farbe und Struktur verleihen. Heute können Farben aber auch bestimmte Funktionen übernehmen. Am Beispiel von Innenfarben zeigen wir, was moderne Beschichtungsstoffe leisten.

Josef Schneider

Die Leimfarbe lebt! Kreide, Leim, Wasser und ein Schuss Leinöl – was wir früher selbst in der Werkstatt anrührten, ist auch heute noch als Anstrichmittel gefragt. Beworben wird sie als „reversibler Anstrich für den Einsatz vor allem im Denkmalschutz“. Ihre besondere Eigenschaft, nämlich problemlos (mit Wasser) wieder entfernt werden zu können, hat ihr Überleben gesichert.
Wer hätte das gedacht, vor vierzig Jahren? Damals rollten die Dispersionsfarben den Markt auf, versprachen nicht nur wischfeste sondern waschfeste oder gar scheuerfeste Oberflächen. Diese Begriffe sind mittlerweile aus den Prospekten verschwunden. Heute spricht man diesbezüglich von Nassabriebklassen. Bereits vor Jahren legte die DIN EN 13 300 entsprechende Kriterien für wasserhaltige Beschichtungsstoffe im Innenbereich fest. Die Norm definiert unter anderem
  • Nassabriebbeständigkeit
  • Kontrastverhältnis (Deckvermögen)
  • Glanzgrad
  • Korngröße
Nassabriebbeständigkeit
Sie beurteilt die Beständigkeit einer Beschichtung bei wiederholtem Reinigen. Hierzu werden diese in Nassabriebklassen von 1 bis 5 eingestuft. Stufe 1 bietet die größte Reinigungsfähigkeit. Am unteren Ende der Skala rangiert die eingangs erwähnte Leimfarbe. Die früher als waschbeständig bezeichneten Innen- farben entsprechen der Nassabriebklasse 3, die scheuerbeständigen der Klasse 1 oder 2.
Kontrastverhältnis
Das Kontrastverhältnis einer Beschichtung beschreibt im Grunde das Deckvermögen. Die Einstufung erfolgt in eine von vier möglichen Klassen von 1 bis 4. Farben der Klasse 1 haben das höchste Deckvermögen, Farben der Klasse 4 das geringste. Das Kontrastverhältnis muss immer auch in Zusammenhang mit der Ergiebigkeit gesehen werden. Sie wird in Quadratmetern pro Liter angegeben.
Glanz
Glänzend, mittlerer Glanz, matt oder stumpfmatt – die DIN EN 13 300 unterscheidet vier Glanzgrade. Der Glanz beeinflusst maßgeblich die Optik. Aber auch die Strapazier- und Reinigungsfähigkeit einer Oberfläche ist davon abhängig.
Korngröße
In der Norm wird auch die maximale Korngröße unterteilt – in fein, mittel, grob und sehr grob. Innenfarben weisen in der Regel feine Korngrößen auf, Streichputze hingegen mittlere. Strukturputze gehören, abhängig von ihrer Korngröße, zur Kategorie grob oder sehr grob.
Quasi alle Hersteller haben ihre Innenfarben in diese Kategorien der DIN EN 13 300 eingestuft. Das spiegelt sich in den Produktübersichten – auch im Internet – wider und erleichtert die Produktrecherche. Vorbildlich hat dies Brillux mit seinem Produktassistenten gelöst. Mit wenigen Klicks ist das Produkt mit den gewünschten Eigenschaften ausgewählt. Weniger originell, dafür ebenso hilfreich sind tabellarische Übersichten, wie sie beispielsweise Zero anbietet. Einfacher kann die Produktsuche nicht sein.
Funktionsfarben
Neben den klassischen Innenfarben gibt es Beschichtungsstoffe, die bestimmte Funktionen übernehmen oder besondere Eigenschaften aufweisen. Von A wie Abschirmfarben gegen Elektrosmog bis Z wie Zweikomponentenfarbe für hoch belastbare Oberflächen haben wir nachfolgend eine Auswahl solcher Spezialfarben aufgelistet. Wo es sinnvoll erschien, haben wir Produktbeispiele angefügt.
Abschirmfarben (Elektrosmog)
Elektrosmog nennt man elektromagnetische Felder in der Umgebungsluft, die unter anderem durch Hochspannungsleitungen, Elektrogeräte, Computer und Mobiltelefone entstehen. Spezielle Beschichtungsstoffe helfen, Innenräume vor dieser Strahlung abzuschirmen. Die Funktion dieser Beschichtungen basiert auf speziellen Inhaltsstoffen wie Ruß, Graphit oder Silber-Kupfer-Mischungen. Produktbeispiele: Biologa, HF60; Caparol, Elektro Shield; Yshield, Abschirmfarbe HSF44
Absperrfarben/Isolierfarben
Diese (wasserverdünnbaren) Beschichtungsstoffe isolieren Nikotin-, Öl-, Fett-, Ruß- und ausgetrocknete Wasserflecken. Auch schützen sie vor dem Durchschlagen von Holzinhaltsstoffen (Lignin) beispielsweise bei Gipskartonplatten. Fast jeder Hersteller führt entsprechende Produkte im Programm.
Akustikrenovierfarben
Manche matten, offenporigen Beschichtungen können zur Renovierung von Akustikdeckenflächen eingesetzt werden. Die Eignung der Untergründe auf Überstreichbarkeit ist vorher zu überprüfen. In der Regel ist eine spezielle Verarbeitungstechnik (Airlessspritzen) erforderlich. Produktbeispiele: Brillux, Akustikrenovierfarbe ELF 932; Sto, StoSilent Color
Antibakterielle Farben
Die hygienischen Anforderungen in Arztpraxen, Laboren und Krankenhäusern stellen besonders hohe Ansprüche an einen Beschichtungsstoff. Dieser sollte lösemittel- und weichmacherfrei und die damit erzielten Oberflächen strapazier- sowie reinigungsfähig sein. Manche Produkte bieten zudem Schutz vor Keim- und Bakterienbefall. Produktbeispiele: Sigma Coatings, Sigma Imun; Sikkens, Alpha SanoProtex
Anti-Fogging Farbe
Bestimmte Beschichtungsstoffe minimieren durch entsprechende weichmacherfreie und schadstoffarme Formulierungen die Verschmutzungsneigung bei Staubbelastung im Innenbereich. Das hält die Oberflächen in der Nähe von Heizkörpern, Heizlüftern und Nachtspeicheröfen länger sauber und reduziert den Fogging-Effekt. Produktbeispiele: Gori, M300 Latexweiss stumpfmatt; Sigma Coatings, Sigma Ultraweiß aktiv
Flüssige Raufaser
Mit Raufaserfarbe lassen sich nahtlose Wand- und Deckenbeschichtungen in einer feinen oder groben Raufaserstruktur herstellen. Die Produkte werden meist maschinell, im Spritzverfahren verarbeitet. Produktbeispiele: Caparol, Rauhfaserfarbe; Pufas, Flüssige Rauhfaser
Kinofarbe
Spezielle, tiefschwarze Dispersionsfarben dienen der Beschichtung von Flächen, die optisch unauffällig gestaltet werden sollen. Dies ist bspw. in Kinos, Theatern oder Konzertsälen sowie hinter abgehängten Decken der Fall. Die Farben zeichnen sich durch hohe Deckkraft aus. Produktbeispiele: Diessner, Diesco Mattschwarz; Zero, Wandfarbe Schwarz
Magnetfarben
Fast jede Oberfläche lässt sich mit diesen Spezialfarben magnetisch machen. Auf mit Magnetfarbe gestrichenen Wandflächen sollen, dank moderner Hochleistungs-Magnetfolie, selbst Ausstellungsregale haften bleiben. Produktbeispiele: Alpina, Magneto; MagPaint, MagnetFarbe
Photokatalytische Farben
Photokatalytisch aktive Beschichtungen basieren auf speziellen Eigenschaften des Pigments Titandioxid. An ihrer Oberfläche finden Zersetzungsprozesse unter dem aktivierenden Einfluss von Licht statt. Damit werden in gewissem Umfang organische Schadstoffe und Gerüche abgebaut. Produktbeispiele: Keimfarben, Keim Ecosil ME; Sto, StoColor Climasan
Schimmelschutzfarben
Beschichtungsstoffe mit fungizider und bakterizider Ausstattung werden als Schimmelschutzfarbe bezeichnet. Sie eignen sich insbesondere für den Einsatz in gewerblichen Feuchträumen, in Sanitärbereichen sowie in Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit. Entsprechende Produkte finden sich fast bei jedem Hersteller.
Schreibeffekt reduzieren
Auf intensiv getönten, matten Farbflächen können bereits geringe Berührungen ihre Spuren hinterlassen. Beschichtungen mit speziellen Bindemitteln und Füllstoffen können diesen „Schreibeffekt“ minimieren. Produktbeispiele: Caparol, Premium Clean; Dinova, KeraPaint Premium
Streiflichtunempfindlich
Bei Streiflicht werden geringste Unregelmäßigkeiten einer Oberfläche sichtbar. Matte Innenfarben mit langer Offenzeit ermöglichen ein ansatzfreies Beschichten, auch von Flächen mit ungünstigen Lichtverhältnissen. Produktbeispiele: Caparol, CapaSilan; Herbol Polarit Power
Thermo-Farben
Farbe kann zwar keine Wärmedämmung ersetzen, sie kann aber das Raumklima verbessern, Wärmebrücken reduzieren und generell den Wärmekomfort erhöhen. So äußern sich zumindest die (wenigen) Hersteller von sogenannten Thermo-Farben. Nachdem vor Jahren die Werbeversprechen deutlich höher ausfielen, sind die Formulierungen heute etwas vorsichtiger – und damit glaubwürdiger – gewählt. Produktbeispiele: Claessens, Classidur F-Therm Mat; ThermoShield, Interieur
2K-Polyurethan Innenfarben
Speziell für die Beschichtung von mechanisch und chemisch extrem stark beanspruchten Innenflächen wurden wässrige, 2-komponentige Polyurethanfarben entwickelt. Sie sind eine umweltschonende Alternative zu geruchsintensiven lösemittelbasierten Systemen. Produktbeispiele: Brillux, CreaGlas 2K-PU-Finish 3471; CD Color, CWS 2K-DuraTop Satin /Matt; Sto, StoColor Puran Satin
Obwohl unsere Übersicht keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, zeigt sie doch das breite Anwendungsspektrum moderner Innenfarben.

praxisplus

Eine Übersicht der wichtigsten Hersteller – nicht nur von Innenfarben – findet sich im Malerblatt Internetführer 2014. Er erleichtert die Recherche nach Herstellern und Produkten.
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