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Gesundes Lernen

Putze
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Im luxemburgischen Hamm standen Entwurf und Planung einer Grundschule ganz im Zeichen ökologischer Gesichtspunkte.

Barbara Wiedemann, BaumitBayosan

Sir Winston Churchill soll einmal gesagt haben „Zuerst formt der Mensch das Gebäude, dann das Gebäude den Menschen“. Unter dieses Motto kann man Entwurf und Planung und dann vor allem die Entscheidung der Verantwortlichen im Luxemburger Vorort Hamm sehen, wenn man sich den Neubau der Grundschule Hamm vor Augen führt. Hierbei handelt es sich um ein neu gebautes Schulprojekt, das nach ökologischen Gesichtspunkten geplant und ausgeführt wurde, mit einem Energieverbrauch von 28 kWh/Jahr und Quadratmeter. Das Gebäude wurde mit einer kontrollierten Lüftung sowie einer Wärmerückgewinnung geplant und ausgeführt. Berücksichtigt wurde, wie viel Energie das Gebäude im Betriebszustand benötigt, aber auch wie die globale Energiebilanz aussieht in Bezug auf den Primärenergiebedarf der eingesetzten Baumaterialien. Auch aus diesem Hintergrund hat man sich für eine Holzkonstruktion mit großen südseitigen Glasflächen entschieden in einer sehr optimierten, kompakten Form im Verhältnis zur umbauten Fläche. Dies erlaubte den Transmissionswärmeverlust der Fassadenelemente zu reduzieren.
Das Hauptgebäude bietet auf der Nordseite über zwei Stockwerke Platz für die Klassenzimmer, mit einem direkten Zugang zum EG. Die Aula befindet sich im südlichen Gebäudeteil. Ein großer, überdachter und offener Aufenthaltsraum verbindet über zwei Geschosse hinweg die beiden Gebäudeachsen. Jeder Schulbereich hat seinen eigenen individuellen Eingang.
Das gesamte Schulfoyer gruppiert sich um eine Zone mit multifunktionellen Räumen. Dieser zentrale Baukörper inmitten des Schulgebäudes schlängelt sich wie eine Skulptur entlang der Längsachse des Gebäudes und teilt es damit in einen Schulbereich und einen Foyerbereich. In optischer Anlehnung an Stampflehmwände wurde der Baukörper zwar in Hochloch-Ziegel-Bauweise gebaut, dann jedoch mindestens 20 Millimeter dick mit fertig gemischtem maschinengängigem Lehmputz beschichtet. Diese massive Bauweise wurde gewählt, um eine relativ hohe innerte Masse zu haben, die in der Lage ist, Hitze bzw. Kälte zu speichern, im Hinblick auf Temperaturenausgleich im Winter und Sommer. Zusammen haben die Pflanzen, der gebrannte Ziegel und der Lehmputz einen regulativen natürlichen Effekt auf die Raumluftfeuchte.
Das Material Lehmputz
Lehmputz haftete jahrelang ein etwas „verstaubtes“ Image an. Dies hat sich grundlegend geändert. Seine bauphysikalischen Eigenschaften sind ein Grund für seine Renaissance. Die Wolkigkeit, welche typisch ist für Lehmputzoberflächen, bringt Leben und Natürlichkeit ins Spiel, von den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten ganz abgesehen.
Lehmputze sind in der Regel aus Lehm oder Tonrohstoffen hergestellt, denen Sande unterschiedlicher Körnung beigegeben werden, aber keine verarbeitungsverbessernden Zusatzmittel. Durch das Vermögen eines tonigen Lehmes, schon bei einer Lehmputzschicht von zwei Zentimeter bis zu fünfmal mehr Feuchtigkeit im Vergleich zu herkömmlichen Kalkzement- oder Gipsputzen aufzunehmen, stellt sich eine optimale und nur gering schwankende Raumluftfeuchte ein. Je größer die Schichtdicken, desto größer ist die Gesamtspeicherkapazität.
Oft verbindet man mit dem Einsatz von Lehm sehr aufwändige Verarbeitungs- und Applikationstechniken. Dabei hat man es heute geschafft, die Anforderungen an die ökologisch ausgerichteten Ansprüche der Bauherren mit den modernen und rationellen Verarbeitungstechniken zu verbinden. Auf den Einsatz moderner Maschinentechnik bei der Lehmputzapplikation muss heute niemand mehr verzichten.
Lehmputze sind auf fast allen Untergründen und Mauerwerksarten einzusetzen. Dabei haftet der Lehmputz am Untergrund ausschließlich durch die mechanische Verkrallung. Eine chemische Reaktion im Lehmputz, wie man es von anderen Putzmaterialien kennt, findet nicht statt. Die entsprechende Untergrundvorbehandlung sollte auf den jeweiligen Putzgrund abgestimmt werden.
Ausführung
Das Hochlochziegelmauerwerk der Grundschule wurde mit Lehmhaftschlämme in joghurtähnlicher Konsistenz vorgeschlämmt. Ein erhöhter Tonanteil in der Haftschlämme sorgt für die bessere Verbindung von Untergrund und Grundputz. Danach wurde der grobe Lehmgrundputz in die mattfeuchte Lehmhaftschlämme in einer Dicke von 10 bis 15 Millimeter eingearbeitet. Die Grundputzschicht wurde mit der Kartätsche abgezogen, die Oberfläche für den späteren Feinputzauftrag entsprechend aufgeraut. Anschließend durfte der grobe Lehmgrundputz gut durchtrocknen, damit er seine Festigkeit ausbilden konnte. Vor dem Auftrag des extra für die Grundschule Hamm konzipierten Lehmoberputzes war es wichtig, dass der Lehmunterputz ausreichend trocken war. Nur wenn der Trocknungsvorgang vollständig abgeschlossen ist, können schwindrissfreie Oberflächen sichergestellt werden. Grundsätzlich sollte bei einer Unterputzauftragsstärke von 15 Millimeter eine Standzeit von vier Wochen kalkuliert werden. Die Austrocknungsgeschwindigkeit bei Lehmputz orientiert sich sehr stark an der gegebenen Raumluftfeuchte. Deshalb ist bei der Verwendung von Lehmputz generell auch eine künstliche Entfeuchtung mit einem Kondensationstrockner einzuplanen.
Getrockneter Lehmputz ist mit Wasser immer wieder neu mischbar. Deshalb sollte er nicht im direkten Spritzwasserbereich eingesetzt werden. In den Sanitärräumen wurde der Lehmputz oberhalb der Fliesenspiegel angebracht.
Ecken und Kanten wurden möglichst abgerundet gearbeitet – was bei Lehmputz generell sinnvoll ist. Gewebe sind überall dort erforderlich, wo sie auch beim Arbeiten mit Kalkputzen eingesetzt werden (Materialwechsel im Untergrund). Um das bei Lehmputz häufiger auftretende sogenannte Sanden zu verhindern, wurde hier in Anbetracht dessen, dass es sich um eine Schule handelt, zu einer geglätteten Oberfläche geraten. Dazu wurden die mattfeuchten Lehmputzoberflächen mit Hilfe einer möglichst kleinen Glättkelle (einer sogenannten venezianischen Traufel) glatt gerieben.
Das Glätten führt zu einer weitaus besseren Oberflächenfestigkeit durch das Ineinanderschieben und miteinander Verpressen der Tonplättchen im Lehmputz und zu einem samtig, marmorierenden Farbspiel in der Lehmputzoberfläche. Um diese Oberflächenoptik in all ihrer Natürlichkeit zu erhalten und die spannenden LichtReflexionen je nach Tages- oder Kunstlichteinfall auf gar keinen Fall zu beeinträchtigen, hat man sich nur für ein Besprühen der Lehmputzoberfläche mit verdünntem Kieselsäurefixativ entschieden.
So spiegelt sich im neuen Schulgebäude in Hamm die Natur von draußen nach drinnen. Denn je nach Licht und Jahreszeit verändert sich das Farbspiel des Lehmputzes, des gewachsten, geglätteten Betonbodens und die urwaldähnliche Pflanzenvielfalt.

kompakt
Natürliche Baustoffe wie Lehmputze haben einen niedrigen Primärenergiebedarf und bestechen durch ihre bauphysikalischen Eigenschaften. Lehmputze haben einen regulativen natürlichen Effekt auf die Raumluftfeuchte, was sich positiv auf das Wohnklima auswirkt. Der Neubau einer Grundschule in Luxemburg-Hamm wurde nach ökologischen Gesichtspunkten geplant und durchgeführt. Im Innenbereich kam Lehmputz zum Einsatz, der je nach Tageslicht und Lichteinfall sein Farbspiel verändert.
Architekten: witry & witry, Echternach/Luxemburg, www.witry-witry.lu
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