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Lehm-Hanf-Trockenbauplatte im Praxistest

Erfahrungsbericht
Lehm-Hanf-Trockenbauplatte im Praxistest

Wohngesunde Lehmbaustoffe sind im ökologischen Trockenbau gefragt. Neben Lehmplatten und Systemen mit Holzweichfaserplatten ist seit Anfang des Jahres eine neue Lehm-Hanf-Trockenbauplatte auf dem Markt. Laut Herstellerangaben ist diese unempfindlich beim Transport und überzeugt durch Festigkeit, Maßhaltigkeit, Scharfkantigkeit sowie Wasserbeständigkeit. Wir wollten wissen, ob sich diese Eigenschaften im Baustellengebrauch bestätigen. Ein Erfahrungsbericht.

Dr. Michael Willhardt, S. Sachsenmaier-Wahl

Erstmals vorgestellt wurde die Lehm-Hanf-Trockenbauplatte auf der BAU in München im Januar diesen Jahres. Die Platte besteht aus den Komponenten Ton, Hanfschäben, Magnesium und einem für Lebensmittel zugelassenen pflanzlichen Bindemittel. Die Platte kann gleichermaßen zur Beplankung von Holz- und Metallständerkonstruktionen im Innenbereich sowie von Decken- und Dachflächen als auch zur vollflächigen Bekleidung fester Untergründe wie Beton-, Kalksandstein- und Ziegelwände, Holzwerkstoff- und Spanplatten eingesetzt werden. Damit unterscheiden sich die Einsatzgebiete erst einmal nicht von denen anderer Trockenbauplatten. Die eine oder andere Eigenschaft der Lehm-Hanf-Trockenbauplatte dürfte jedoch überraschen. So gibt der Hersteller neben Wasserbeständigkeit und Maßhaltigkeit eine hohe Festigkeit an, und betont, dass sich der Werkstoff dennoch gut zuschneiden lasse. Die Befestigung erfolgt mit Breitrückenklammern oder mit Lehmbauplattenschrauben, zur Armierung wird in den Lehmklebe- und Armierungsmörtel ein Flachsgewebe eingearbeitet. Die Endbeschichtung ist mit herkömmlichen Materialien möglich, die höchste Qualität und das beste Raumklima erreiche man nach Aussage des Herstellers jedoch mit Lehm.

Das klingt alles überzeugend. Doch punktet die neue Lehm-Hanf-Trockenbauplatte auch in der Praxis? Im Folgenden lesen Sie einen Bericht, den der Lehmbau-Branchenkenner Dr. Michael Willhardt, der nicht nur über Lehmbaustoffe schreibt, sondern diese auch selbst verarbeitet, bei einem Baustellenbesuch festgehalten hat.

Mit allen Wassern gewaschen

Als eine der herausragenden Produkteigenschaften der neuen Trockenbauplatte wird die Wasserbeständigkeit genannt. Ungeplant haben wir diese im wahren Baustellenleben getestet, weil die eingeschweißte Palette ca. drei Wochen vor dem Haus auf ihre Versorgung und Verarbeitung warten musste. Schon durch die Folie war zu erkennen, dass Regenwasser in die Verpackung eingedrungen war und dass sich durch die extremen Temperaturschwankungen Kondenswasser gebildet hatte. Natürlich waren wir sehr gespannt: Welche Auswirkungen hatte dies auf die Platten?

Die obere Platte war zu einem Drittel der Fläche nass, die darunterliegenden hatten an der Stirnkante Wasser abbekommen. Bei der obersten Platte mit aufstehendem Wasser haben wir besonders beherzt zugegriffen um zu prüfen, ob sich die Feuchtigkeit auf die Stabilität auswirkt. Resultat: Tatsächlich saugt die Platte kein Wasser auf, auch die teilweise nasse Platte bleibt vollkommen fest. Die Feuchtigkeit hat keinen Einfluss auf die Maßhaltigkeit, weder quillt die Platte noch hat sie sich verzogen. Wir hatten Glück und an diesem Tag schien die Sonne. Kurzerhand stellten wir ca. zehn von Feuchtigkeit betroffene Platten zum Trocknen in die Sonne. Auch dieser „Test“ hat die Erwartung übertroffen. Da die Platten kein Wasser aufsaugen, sondern nur in der rauen Oberfläche sammeln, waren sie nach zwei bis drei Stunden trocken. Zurück blieben lediglich ein paar wenig sichtbare Wasserränder.

Es liegt was in der Luft …

Einen Aspekt, den der Hersteller unter den Produkteigenschaften nicht genannt hat, möchten wir ausdrücklich ergänzen. Die Platte hat einen sehr angenehmen Geruch. Die Komponenten Lehm, Hanfschäben, Magnesiumoxid und der auf Sojabasis gewonnenen Lebensmittelstärke ergeben eine Platte, die auch hinsichtlich ihres Duftes überzeugt (sicherlich auch ein Argument für den Bauherren bei der aktuellen Diskussion um Schadstoffe und unangenehme Gerüche in der Raumluft; Anmerkung der Redaktion). Der ca. 30-prozentige Lehmanteil sorgt bei hoher Luftfeuchtigkeit für einen angenehm erdigen Geruch. Hanfschäben werden aus den Stängeln von Hanf und Flachs gewonnen und heute vielfach auch zur Herstellung von Platten und als Dämmzuschlag in Lehmputzen eingesetzt. Terpene und Flavonoide sind aromatische Molekülketten, die in vielen Pflanzen vorkommen. Die Cannaflavine in der Hanfpflanze sorgen für deren typische süßliche Note im Geruch und tun dies vermutlich auch bei den Hanfschäben, die eine wesentliche Komponente der Trockenbauplatte ausmachen. Verbindend und vielleicht neutralisierend wirkt bei der Geruchskomposition das Magnesiumoxid. Es ist ohne Höchstmengenbeschränkung unter der Nummer E530 für Lebensmittel allgemein zugelassen. Es wird unter anderem zur Trinkwasseraufbereitung, als Trennmittel und zum Aufschluss von Milcheiweiß eingesetzt. Das veraltet Bittererde genannte Salz kommt auch in der Natur vor und wirkt auf Säuren neutralisierend.

Scharfe Kante gezeigt

Nach unserem Ausflug in die olfaktorischen Genüsse der Lehm-Hanf-Platte haben wir für unsere erste Anwendung in der Praxis die Verkleidung von Holzbalken einer Fachwerkkonstruktion vorgesehen (die Verkleidung sollte dazu dienen, um auf das Oberflächenniveau der umgebenden Innendämmung zu kommen). Gleichzeitig sollte ein zuverlässiger Putzgrund auf den Holzbalken hergestellt werden, um sie mit abgerundeten Ecken einzuputzen. Dafür boten sich die sehr festen Platten an . Um die Ecken mit einem großen Radius abzurunden haben wir die Kanten der Platten auf Gehrung geschnitten, mit sehr guten Resultaten. Auch die scharfen Kanten fransten nicht aus und zeigten sich über alle Erwartungen hinaus fest und stabil. Auch ließen sich sehr kleinteilige Streifen mit einer Breite von weniger als zwei Zentimetern problemlos verschrauben oder mit dem Druckluftnagler befestigen, ohne dass das Material riss oder kaputt ging. Bemerkenswert ist auch, welche Stabilität selbst wenige Zentimeter breite Streifen aufweisen. Beim Versuch, sie übers Knie zu brechen, erwiesen sie sich als erstaunlich robust. Der auch kleinteilige Einsatz des Materials ermöglicht eine Verarbeitung (fast) ohne Verschnitt.

Sägefreundlich

Sehr neugierig waren wir, wie sich die Mischung der Komponenten aus Lehm, Magnesiumoxid und Hanfschäben auf das Sägeblatt der Kreissäge auswirkt und nach wie vielen Metern die Säge geschärft werden muss. Wir haben ca. 50 Meter des Materials zum großen Teil auf Gehrung geschnitten und konnten dabei keine erkennbare Verschlechterung der Sägeleistung feststellen. Ausschnitte für Unterputzdosen haben wir mit der Stichsäge ausgeführt. Auch dabei punktet der Werkstoff, der exakte Schnitte problemlos zulässt. Beim Zuschnitt mit der Kreissäge empfiehlt sich eine gute Staubabsaugung in geschlossenen Räumen oder (so haben wir das gemacht) die Arbeit mit der Bausäge im Freien. Die Staubentwicklung ist zwar aufgrund der Härte des Materials erstaunlich gering, aus demselben Grund entsteht aber ein recht feiner Staub, der durch alle Ritzen wandert.

Hält mehr als sie verspricht

Bei unserem Einsatz des Materials stellen wir fest, die Platte hält mehr (aus), als wir erwartet hätten. Dazu möchten wir die neu entdeckte Komponente des angenehmen Geruchs des Produktes nicht missen. Dass die Platte schließlich ein exzellenter Putzträger für Lehmbaustoffe ist, dafür sorgt die raue und feste Oberflächenstruktur. Die große Oberfläche und der in der Platte enthaltene Lehm sorgen für eine optimale Haftwirkung. Positiv ist, dass das Produkt keine Probleme mit Feuchtigkeit und sogar mit stehendem Wasser hat und dass es sich – mit Holzplatten vergleichbar – gut und kleinteilig verarbeiten lässt.


praxisplus

Getestet wurde auf der Baustelle
die Lehm-Hanf-Trockenbauplatte
„Greentech 700“ von Claytec.

www.claytec.de



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