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Neu entdeckt

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Neu entdeckt

In Zeiten, in denen unser Wohlbefinden immer stärker geschätzt wird, erfährt auch der Kalkputz eine Renaissance. Der alte Baustoff Kalk wird neu entdeckt als natürliches Produkt mit Eigenschaften, die das Raumklima positiv beeinflussen. Doch Kalk ist nicht gleich Kalk.

Dipl.-Ing. Constance Brade, BaumitBayosan

Kalk ist – nach der Darstellung im Lexikon – die Bezeichnung für Calciumverbindungen, die in einfachem Zusammenhang mit Calciumoxid CaO stehen. Kalk ist lebenswichtig und Kalk ist ein Hauptbestandteil unserer Erdkruste.
Egal, wo wir hinschauen, überall finden wir Kalk – nur in etwas anderer chemischer Form. So ist kohlensaurer Kalk – das Calciumcarbonat CaCO3 – Hauptbestandteil von Eierschalen, Aufbaustoff unserer Knochen und lebenswichtig für den Stoffwechsel bei Mensch, Tier und Pflanze. Das Calciumcarbonat CaCO3 ist mit einem Anteil von fast sieben Prozent in unserer Erdkruste vorhanden. Kalk finden wir unter der Bezeichnung Kalkstein, Kreide, Marmor, Kalkspat, Aragonit. Sicher lässt sich diese Liste noch fortsetzen.
Kalk in der Form von Kalkstein – der Rohstoff unseres heutigen Baustoffes Kalk – ist Millionen Jahre alt. Kalk in unserer Erdkruste entstand aus dem Leben im Meer, aus den Schalen und Skeletten ehemals lebender Organismen. Durch die Auflast jüngerer Sedimente wurden die Kalkablagerungen verfestigt. Im Laufe der Zeit und ggf. auch durch Temperatureinwirkung und teilweise chemische Prozesse entstand ein festes Gestein – die heutige Grundlage unserer Putzmörtel auf Kalkbasis. Die Kalksteinbildung auf der Erde erfolgte vor Jahrmillionen. Und dieser Vorgang läuft weiterhin ständig ab.
Kalk als Bindemittel
Das Ausgangsprodukt für Kalkputze bildet in Deutschland der Kalk aus bis zu 600 Mio. Jahre alten Kalksteinlagerstätten, zu denen auch die Dolomitkalksteine zählen. Dolomitkalkstein bildete sich in Reaktion mit magnesiumhaltigem Wasser.
Bei der Verwendung von Kalk als Bindemittel nutzt man als Ausgangsstoff den kohlensauren Kalk, das Calciumcarbonat. Dabei kann es sich um Steinkalk aus Steinbrüchen, Lesekalk aus Geschieben der Gebirgsflüsse, um Muschelkalk, um Mergelkalk usw. handeln.
Um Kalk als Bindemittel einzusetzen, muss er chemisch verändert werden. Durch einen Brennprozess wird aus dem (reinen) Kalkgestein chemisch gebundenes Wasser ausgetrieben. Es entsteht sogenannter Branntkalk. Chemisch gesehen ist Branntkalk Calciumoxid CaO. Branntkalk wird mit Wasser gelöscht und so entsteht das eigentliche Bindemittel Kalkhydrat, also Calciumhydroxid Ca(OH)2. Wird nun das Kalkhydrat mit Sand vermischt und nochmals Wasser hinzugegeben, ist der einfachste Kalkputz bereits fertig. Nach dem Einsatz als Putzmörtel an Wandflächen erfolgt die Erhärtung. Dabei wird das Kohlendioxid aus der Umgebungsluft aufgenommen und Wasser abgegeben. Der erhärtete Festmörtel ist nunmehr wieder ein mit Sand vermischter kohlensaurer Kalk. Und kohlensaurer Kalk war bereits das Ausgangsprodukt, der Kalkstein. Dieser Prozess wird der Kreislauf des Luftkalkes genannt.
Und dennoch – Kalk ist nicht gleich Kalk. Es gibt eben noch ganz feine Nuancen in der chemischen Struktur, die dann einen Einfluss auf die Eigenschaften des Kalks als Bindemittel haben. Das Zaubermittelchen ist die amorphe Kieselsäure. Schaut man zurück in die Geschichte der Baukunde und damit auch der Bindemittel, ist nicht sicher, ob die Veränderung der Eigenschaften immer gewünscht oder einfach nur Zufall war.
Die Zaubermittelchen „Hydraulefaktoren“ sind Oxide (Kieselsäure SiO2, Tonerde Al2O3 und Eisenoxid Fe2O3), welche dem Bindemittel den hydraulischen Charakter verleihen. „Hydraulisch“ bedeutet wasserbindend, wasserfest und unter Wasser erhärtend.
Je höher der tonige Anteil – bestehend aus den oben genannten drei Oxiden – im Kalk ist, um so stärker wird auch die hydraulische Reaktionsfähigkeit sein. So unterscheidet man Luftkalk bzw. Weißkalk, Wasserkalk, hydraulischen Kalk und hochhydraulischen Kalk. Führt man systematisch diese Reihe fort, kommt man unweigerlich zum Portlandzement, dann weiter zum Ziegelton und dann weiter zum feuerfesten Ton. Der Unterschied liegt „lediglich“ im geheimnisvollen Verhältnis von Kalk (Calciumcarbonat) zu Ton (SiO2, Al2O3, Fe2O3) und in jeweils etwas steigenden Brenntemperaturen im Herstellprozess.
Was soll diese Aufstellung sagen? Ganz einfach. Enthält der gewählte Rohstoff silikatische = mergelige = tonige Bestandteile, statt reinem Kalkstein, dann schleicht sich über den Brennprozess unter anderem die amorphe Kieselsäure in die chemische Formel hinein. Je nachdem, wie hoch also der Anteil an Hydraulefaktoren neben dem reinen Kalkhydrat ist, unterscheidet man folgende Kalkarten:
  • Luftkalk – ohne hydraulische Bestandteile
  • Wasserkalk – mit geringen Anteilen an hydraulischen Bestandteilen
  • Hydraulischer Kalk – mit mittleren Anteilen an hydraulischen Bestandteilen
  • Hochhydraulischer Kalk – mit hohen Anteilen an hydraulischen Bestandteilen.
Die einzelnen Kalkqualitäten werden heute vornehmlich durch Abmischungen von Luftkalk mit entsprechenden Hydraulefaktoren hergestellt. Der gebräuchlichste Hydraulefaktor ist Zement. Zum Einsatz können aber auch Trassmehle, künstliche oder natürliche Puzzolane oder Hochofenschlacke kommen. Das Geheimnis, das diese Hydraulefaktoren gemeinsam haben, sind die bereits oben genannten Oxide, vor allem die amorphe = reaktionsfähige Kieselsäure. Kalk in Verbindung mit eben diesen Faktoren erreicht die Fähigkeit, Wasser chemisch in die Struktur einzubinden, unter Wasser und wasserfest zu erhärten. Es gibt daher auch keine klare Grenze zwischen den einzelnen Kalkqualitäten, die Eigenschaften gehen fließend ineinander über. Die unterschiedlichen Eigenschaften der Kalke im Überblick:
  • Luftkalke sind sehr feinteilig und ergeben einen sehr geschmeidigen und ergiebigen Putzmörtel mit einem hohen Porenvolumen. Luftkalk erhärtet nicht unter Wasser und nur sehr langsam unter ständigem Luftzutritt. Erst vollständig carbonatisierter Kalk ist wasserunlöslich. Luftkalkputze und -mörtel erreichen nur geringe Festigkeiten (ca. 1 N/mm²).
  • Wasserkalke und hydraulische Kalke erhärten nach sieben bis fünf Tagen Luftzutritt auch unter Wasser. Die Erhärtung unter Wasser wird durch den Anteil an Hydraulefaktoren bestimmt und reguliert, deren Reaktion aber an die fortschreitende Carbonatisierung des reinen Kalkes gebunden ist. Hydraulische Kalke sind nach dem Einsetzen der hydraulischen Reaktion wasserunlöslich. Sie können im Vergleich zum Luftkalk die Festigkeit und Frostbeständigkeit verdoppeln. Porenvolumen, Geschmeidigkeit und Ergiebigkeit nehmen im gleichen Maße ab.
  • Hochhydraulische Kalke erhärten auch unter Wasser und bereits nach 3 bis 1 Tagen Luftzutritt. Auch die hochhydraulischen Kalke sind wasserunlöslich und erreichen Festigkeiten von bis zu 5 N/mm². Hochhydraulische Kalke erreichen somit auch unter den Kalken die höchste Frostbeständigkeit. Insgesamt sind hochhydraulische Kalke in ihren Eigenschaften dem Zement am nächsten.
Unter Berücksichtigung dieser Regeln sowie der Wirkung der einzelnen Hydraulefaktoren, können entsprechend angepasste Kalkputze und -mörtel hergestellt werden.
Fazit
Die Eigenschaft des Kalkputzes hängt fast ausschließlich vom Anteil des Hydraulefaktors im Verhältnis zum reinen Kalkhydrat ab. Vernachlässigbar ist dabei häufig der eigentliche Ursprung des Hydraulefaktors, da letztendlich die gleichen wasserunlöslichen Erhärtungsprodukte (Calciumsilikathydrate, Calciumaluminathydrate…) entstehen.

kompakt
Beispiele für die verschiedenen, im Text beschriebenen Kalkputze aus dem Hause BaumitBayosan:
  • Luftkalk: Putze und Mörtel aus der Reihe der historischen Rezepturen
  • Hydraulischer Kalk: KalkFeinputz W KalkGlätte W
  • Hochhydraulischer Kalk: TrasskalkPutz TK 01 und TK 04, Kalkin RK 38 und RK 39, Kalkin RK 70 N
Weitere Informationen zu den Produkten:
BaumitBayosan Tel.: (08324) 921-0/Fax: -470 www.baumitbayosan.com
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