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Die Handschuhdatenbank

Technik
Die Handschuhdatenbank

Nur selten findet man die geforderten Angaben zu Schutzhandschuhen in den Produkt-Informationen der Chemikalienhersteller. Um verlässliche Aussagen zu Schutzhandschuhen zu erhalten, wurden für den Bereich der Farben und Lacke in Zusammenarbeit mit namhaften Herstellern von Schutzhandschuhen Empfehlungen für Handschuhfabrikate bei der Verwendung chemischer Produkte erarbeitet.

Maler und Lackierer führen sehr häufig Tätigkeiten mit chemischen Arbeitsstoffen durch. Farben und Lacke, Abbeizmittel, Epoxid- oder Poly-urethanharze sind nur einige wenige Beispiele, mit denen die Beschäftigten in Berührung kommen. Dabei kann es – je nach Arbeitsverfahren – zu einem massiven Hautkontakt kommen, der – ohne Verwendung geeigneter Schutzausrüstung – gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben kann.

Allerdings müssen nicht bei allen von Malern und Lackierern verarbeiteten chemischen Arbeitsstoffen Handschuhe getragen werden. Entscheidend ist neben der Intensität des Hautkontaktes durch unterschiedliche Arbeitsverfahren auch die Gefährlichkeit der Chemikalie selbst. So kann beispielsweise beim Rollen oder Streichen von Dispersionsfarben oder anderen wasserverdünnbaren Farben und Lacken auf das Tragen von Schutzhandschuhen verzichtet werden. Immer ist die Frage zu beantworten, ob das gesundheitliche Risiko durch die chemischen Arbeitsstoffe höher zu bewerten ist als das Risiko durch das Tragen von flüssigkeitsdichten Chemikalienschutzhandschuhen. Die TRGS 330 „Gefährdung durch Hautkontakt“ führt aus, dass in Ausnahmefällen nach Abwägung der Gefährdungen ein Verzicht auf das Tragen von Handschuhen bei gelegentlichem kleinflächigem und kurzfristigem Hautkontakt möglich ist, wenn die sofortige Reinigung der betroffenen Hautstellen gewährleistet ist.
Produkt-Code für Farben und Lacke
Die Chemikalienhersteller müssen – so fordert es die Sicherheitsdatenblatt-Richtlinie – ihren Kunden nicht nur Handschuhmaterialien und deren Durchdringungszeiten benennen; sie sollten auch Handschuhfabrikate bestimmter Firmen einschließlich der jeweiligen Tragedauer aufführen. Diese müssten dazu aber jeweils konkret getestet werden. Bei Verwendung Tausender chemischer Arbeitsstoffe allein im Bereich Farben und Lacke wäre also eine unendliche Vielzahl von Prüfungen erforderlich. Bis die erforderlichen Informationen zur Verfügung stünden, vergingen einige Jahre – selbst unter der Annahme, dass alle Hersteller solche Tests durchführen bzw. durchführen lassen. Welche Möglichkeiten existieren, schnell zu verlässlichen Ergebnissen zu kommen? Ein vielversprechender Weg sind auch hier Branchenregelungen. GISBAU (Gefahrstoff-InformationsSystem der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft) hat in den letzten Jahren solche Lösungen für fast alle Bereiche der Bauwirtschaft geschaffen. Grundgedanke war und ist die Zusammenfassung vergleichbarer Produkte zu Gruppen, den GISCODEs oder Produkt-Codes. Auch für den Bereich der Farben und Lacke wurde eine solche überbetriebliche Unterstützungsmaßnahme, der Produkt-Code für Farben und Lacke, verabschiedet. Tausende Produkte lassen sich so in eine überschaubare Anzahl von Produktgruppen zusammenfassen.
GISBAU hat für alle im Rahmen des Produkt-Codes für Farben und Lacke erarbeiteten Produktgruppen Schutzhandschuhempfehlungen herausgegeben und diese in der aktuellen Version von WINGIS 2.5 (siehe Information) veröffentlicht. Dazu wurden namhafte Handschuhhersteller mit der Bitte angeschrieben, analog des Einstufungskataloges für Farben und Lacke, in dem die chemischen Zusammensetzungen der Produktgruppen aufgeführt sind, konkrete Handschuhe zu empfehlen. Bei den Empfehlungen war zu berücksichtigen, ob die chemischen Arbeitsstoffe von Hand verarbeitet oder gespritzt werden. Darüberhinaus sollte die erhöhte Temperatur im Handschuhinneren berücksichtigt werden, so dass im Ergebnis konkrete Tragedauerempfehlungen auszusprechen waren.
Das Pilotprojekt ist mittlerweile abgeschlossen; die Ergebnisse sind so vielversprechend, dass die Arbeiten in näherer Zukunft auch für andere Bereiche fortgeführt werden.
TRGS 220 und 330
In der TRGS 220 „Sicherheitsdatenblatt“ wird unter Punkt 8 gefordert: „Anzugeben ist die Art der bei der Handhabung des Stoffes oder der Zubereitung erforderlichen Schutzhandschuhe, einschließlich:
  • Handschuhmaterial,
  • Durchdringungszeit (darunter ist die Tragedauer zu verstehen) des Handschuhmaterials in Abhängigkeit von Stärke und Dauer der Hautexposition.
Hilfreich sind dabei Angaben z.B. zu eigenen Erkenntnissen bzgl. Handschuhfabrikaten und deren maximale Tragedauer unter Praxisbedingungen oder zum Handschuhmaterial sowie die mindestens erforderliche Materialstärke und die maximale Tragedauer unter Praxisbedingungen.“
Darüberhinaus fordert die TRGS 330, die lediglich Grund-anforderungen gegen das Auftreten von Hautgefährdungen stellt, konkretisierende Hilfen für einzelne Bereiche durch tätigkeits- und branchenbezogene Lösungen zu erarbeiten. „Für den Fall, dass die in einer Branche vorhandenen Arbeitsbereiche im Rahmen einer Branchenregelung bereits beurteilt wurden, kann der Arbeitgeber die weiteren Maßnahmen an dieser Beurteilung ausrichten.“
Gefährdungsbeurteilung
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, die zentraler Bestandteil der zum 1.Januar 2005 in Kraft getretenen Gefahrstoffverordnung ist, muss der Arbeitgeber zu den Eigenschaften der Gefahrstoffe, den betroffenen Körperteilen, der Tätigkeit, Dauer und Intensität des Hautkontaktes die konkrete Gefährdung beurteilen und die erforderlichen Maßnahmen festlegen. Sollte eine Substitution der Gefahrstoffe nicht möglich sein, und sollten technische bzw. organisatorische Maßnahmen nicht zu einer drastischen Verringerung der Gefährdung für die Haut führen, sind Schutzhandschuhe zu tragen. Mit der von GISBAU aufgebauten Handschuhdatenbank können gezielt für unterschiedliche Arbeitsverfahren und Gefahrstoffe nicht nur die konkreten Handschuhfabrikate, sondern auch die unter Praxisbedingungen ermittelten Tragezeiten der Handschuhe abgefragt werden. Empfehlungen, wie sie von GISBAU auf der neuen WINGIS-CD herausgegeben werden, sind in vollem Umfang von der TRGS 330 abgedeckt.
Vorgehensweise in der Praxis
Genau dieser Weg wurde bei der Realisierung der Handschuhdatenbank gegangen. Die Vorteile für die Betriebe liegen auf der Hand: Sie brauchen nicht bei jeder Tätigkeit mit Gefahrstoffen umfangreiche eigene Recherchen anzustellen, den Kontakt zum Handschuhhersteller zu suchen, um dann – evtl. nach Tagen – den geeigneten Handschuh genannt zu bekommen. Ein Blick in WINGIS genügt zukünftig, und eine Vielzahl geeigneter Handschuhfabrikate werden angezeigt. Neben der Liste geeigneter Handschuhe findet der Unternehmer in der Datenbank weitere nützliche Hinweise. So sind zu jedem Handschuh neben einem Bild auch Angaben zum Handschuhmaterial, zu den zur Verfügung stehenden Größen, der Dicke und Farbe des Handschuhs sowie der zugeordneten Piktogramme aufgeführt. Zudem besteht die Möglichkeit, nach Fabrikaten eines bestimmten Herstellers suchen zu lassen oder nur nach Handschuhen eines bestimmten Materials zu recherchieren. Bei den Tragedauerempfehlungen in der Praxis wird unterschieden zwischen Spritzkontakt und Dauerkontakt in Minuten.
Ausblick
Mit der Datenbank für Schutzhandschuhe verfügen die Betriebe der Bauwirtschaft über ein wirkungsvolles Instrument zur Auswahl konkreter Schutzhandschuhe bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Die Informationen werden auch den Herstellern chemischer Arbeitsstoffe zur Verfügung gestellt, damit diese die Angaben in ihre Sicherheitsdatenblätter übernehmen und so die lang gestellte Forderung der Sicherheitsdatenblatt-Richtlinie – Angabe konkreter Handschuhfabrikate – erfüllen können. Nachdem mit Holzschutzmitteln sowie Farben und Lacke zwei wichtige Bau-Bereiche bereits „abgearbeitet“ sind, werden nun weitere Bereiche in Angriff genommen, d.h. in der Datenbank werden in absehbarer Zeit auch Empfehlungen zu anderen chemischen Arbeitsstoffen enthalten sein.
Dipl.-Ing. Reinhold Muhl, Reinhard Rheker/Bau-BG
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