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Egalisationsanstrich auf mineralischen Fassadenputzen

Technik
Egalisationsanstrich auf mineralischen Fassadenputzen

Auf eingefärbte mineralische Fassadenputze muss ein Egalisationsanstrich aufgebracht werden. Warum ist diese Beschichtung so wichtig? Und wie können Anstrichmängel bei Egalisationsanstrichen vermieden werden?

Autor: Robert Kussauer
Werden mineralische Fassadenputze verarbeitet, so besteht die Forderung, zumindest bei eingefärbten Putzen, auf diese einen Egalisationsanstrich aufzubringen.
Mineralputze bestehen aus Werktrockenmörtel mit mineralischem Bindemittel und Zuschlagstoffen. Bedingt durch die mineralischen Bindemittel Kalk und Zement können je nach Witterungsbedingungen bei der Trocknung Farbtonunterschiede nicht ganz ausgeschlossen werden. Eine Ausnahme bildet nur der Kratzputz, bei dem der optische Eindruck durch einen Anstrich beeinträchtigt wird, da der dickschichtige Kratzputz mit dem Nagelbrett gekratzt wird und somit seine Struktur erhält. Diese Putzart ist nicht mit der bei dünnschichtigen Putzen angegebenen Optik „Kratzputz“ zu verwechseln.

Warum ein Egalisationsanstrich so wichtig ist

Der Egalisationsanstrich hat in erster Linie die Aufgabe, einer eventuell eintretenden Fleckenbildung durch unterschiedliche Feuchtigkeitsaufnahme des Putzes und einer möglicherweise optisch ungleichmäßigen Oberfläche durch austretendes Calciumhydroxid entgegenzuwirken. Calciumhydroxidauswaschungen bilden sich meist dann, wenn während der Verarbeitung des Putzes hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Temperaturen den Abbindeprozess verzögern. Dann kann Calciumhydroxid bis an die Putzoberfläche wandern und carbonatisiert dort zu Calciumcarbonat (Kalkstein).
Werkseitig eingefärbte Mineralputze können nur mit Oxidpigmenten gefertigt werden, daher ist das Farbtonspektrum sehr eingeschränkt und entspricht oft nicht den vielseitigen Kundenwünschen bezüglich der Farbgestaltung. Dem Auftragnehmer bleibt dann nur die Möglichkeit, diese Kundenwünsche zu erfüllen, indem er den Egalisationsanstrich nicht, wie ursprünglich vorgesehen, auf den Farbton des Mineralputzes abstimmt, sondern mithilfe des Egalisationsanstrichs den Farbtonwunsch des Kunden verwirklicht.

Unsachgemäße Verarbeitung

Der Kunde erwartet heute aber nicht nur leuchtende Fassadenfarbtöne, die mit Oxidpigmenten nicht erzielbar sind, sondern ebenso funktionelle Fassadenanstriche mit geringer Verschmutzungsneigung, hoher Farbtonstabilität, guter Kornabdeckung und guter Algen- und Pilzresistenz. Diese Anforderungen werden bei der Verarbeitung oft nicht ausreichend berücksichtigt. So werden Mineralputze meist nur mit einem einmaligen Anstrich versehen, der zudem oft auch noch stark mit Wasser verdünnt wird. Die geforderten Funktionen können jedoch mit einer Beschichtung bestehend aus einem einmaligen Anstrich nicht erzielt werden. Dies gilt nicht nur für Anstriche auf weißen, sondern selbstverständlich auch für Anstriche auf eingefärbten Mineralputzen.
Die Ausführung wird heute zunehmend vom Preis- und Termindruck beeinflusst. Dies führt oftmals zur unsachgemäßen Verarbeitung von Putzen und Anstrichen bzw. zur Unterschreitung der erforderlichen Carbonatisationszeit des Mineralputzes. Witterungsbedingungen und notwendige Standzeiten des Putzes vor der Beschichtung mit Egalisationsfarbe werden in vielen Fällen nicht ausreichend berücksichtigt. Schadensfolgen mit Abplatzungen, Blasenbildungen oder Rissen treten bei Egalisationsanstrichen in den ersten Jahren nach ihrer Verarbeitung kaum auf, zunehmend jedoch Mängel, wie nachfolgend beschrieben.

Anstrichmängeln auf Grund von Egalisationsanstrichen

  • Fleckenbildung bei feuchter Witterung (Nebel, Regen) Vorwiegend bei feuchter Witterung sind unbeabsichtigte Fehlstellen des einmaligen Anstriches erkennbar (Putz auf den kein Anstrich appliziert wurde). Diese Fehlstellen zeichnen sich bedingt durch eine höhere Feuchtigkeitsaufnahme vom freiliegenden Mineralputz dunkel ab. Die tatsächlichen Schichtdicken einmaliger Anstriche liegen erfahrungsgemäß häufig im Bereich zwischen 30 und 100 Mikrometern. Ein fachgerechter zweimaliger Anstrich ergibt produktabhängig eine Mindestschichtdicke von ca. 150 Mikrometern. Wird ein zweifacher Beschichtungsaufbau mit Egalisationsfarbe ausgeführt, lassen sich solche Fehlstellen sicher vermeiden.
  • Verfärbungen durch Kalkausblühungen Calciumhydroxidauswaschungen treten häufig kurz nach Fertigstellung des Objekts auf. Verursacht werden diese Auswaschungen durch eine unzureichende Standzeit des Putzes vor der Beschichtung bei ungeeigneten Witterungsbedingungen. Für die Standzeit von Oberputzen gilt die Faustregel, dass pro Millimeter Putzdicke ein Tag zu berechnen ist, wobei Regentage und Tage mit hoher Luftfeuchtigkeit nicht mitgerechnet werden.
  • Bildung von Mikroorganismen Fungizide in entsprechend ausgerüsteten Fassadenfarben werden durch den alkalischen Mineralputz zerstört. Fungizide Wirkstoffe, die in Fassadenbeschichtungen eingesetzt werden, sind begrenzt alkalistabil. Der Anstrich weist somit keinen zusätzlichen Schutz gegen mikrobiellen Befall auf.
  • Bildung einer Sinterschicht/Bindemittelanreicherung Eine Sinterschicht (Bindemittelanreicherung) an der Oberfläche von Putzen ist oftmals an einer glasklaren, glänzenden, harten Bindemittelhaut zu erkennen, die keine Feuchtigkeit aufnimmt. Sinterschichten entstehen an Putzoberflächen besonders durch übermäßige Glättvorgänge bei der Verarbeitung, aber auch witterungsbedingt, bei hoher Luftfeuchtigkeit während der Abbindephase des Putzes. Eine Sinterschicht muss vor der Ausführung von Anstricharbeiten, z.B. durch Schleifen oder Fluatieren mit flusssäurehaltigen Mitteln, entfernt werden. Wird diese Sinterschicht nicht entfernt, kann eine ordnungsgemäße Haftung des Egalisationsanstriches nicht erfolgen.

Aufgaben der Anstriche

Um Anstrichmängeln vorzubeugen, ist es erforderlich, die Funktionsweise von Egalisationsanstrichen und deren Aufgaben zu kennen. Farbige Mineralputze müssen grundsätzlich mit einem Egalisationsanstrich beschichtet werden, um witterungsbedingte Farbtonunterschiede und durch die Trocknung bedingte Calciumhydroxidauswaschungen zu egalisieren. Der Verzicht auf einen Egalisationsanstrich kann nur dann erfolgen, wenn der Auftraggeber schriftlich erklärt, dass er Beeinträchtigungen durch eventuell eintretende Calciumhydroxidauswaschungen oder witterungsbedingte Verfärbungen des Putzes akzeptiert.
Die meisten auf dem Markt befindlichen so genannten Egalisationsfarben sind entweder modifizierte Dispersionen, Dispersionssilikatfarben oder Siliconharzfarben. Der sd-Wert (Wasserdampfdiffusionswiderstand) ist bei diesen Produkten in der Regel kleiner als 0,1 Meter.
Egalisationsfarben auf Basis modifizierter Dispersionen sind alkalibeständig und werden teilweise von den Herstellern fungizid und algizid ausgestattet. Um den Farbtonwünschen der Kunden gerecht zu werden, erfolgt die Abtönung dieser Egalisationsfarben nicht nur mit anorganischen, sondern häufig mit organischen Pigmenten. Diese organischen Pigmente weisen teilweise eine geringere Alkalibeständigkeit auf, was bei zu früher Überarbeitung von frischen Mineralputzen zu Farbtonausbleichungen infolge einer Zerstörung des organischen Pigments führt. Doch die Alkalität zerstört nicht nur organische Pigmente, sondern auch die nicht alkalibeständigen Fungizide und Algizide, was wiederum zu einer frühzeitigen Veralgung und zu einem Pilzbefall auf der Fassade führen kann.
Egalisationsfarben auf Dispersionssilikatbasis müssen mit anorganischen Pigmenten eingefärbt werden.

Die richtige Trocknung

Verzögert sich durch hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Temperatur der Abbindeprozess des Putzes, wandert Calciumhydroxid bis an die Putzoberfläche und carbonatisiert dort zu Kalkstein bzw. Calciumcarbonat, was als weißlicher Belag sichtbar wird. Der gleiche Effekt kann entstehen, wenn Feuchtigkeit durch Regen oder Nebel direkt auf die frisch verputzte Fassade einwirkt. Verfärbungen durch carbonatisiertes Calciumhydroxid treten immer auf, wenn kalkhaltige Putze unzureichend abgebunden haben. Damit das Calciumhydroxid (Ca[OH]2) innerhalb des Putzes fixiert und dort in festes Calciumcarbonat (CaCO3) umgewandelt werden kann, dürfen Egalisationsfarben die Putzaustrocknung (Wasserabgabe und Putzhärtung (CO2-Aufnahme) nicht negativ beeinträchtigen. Egalisationsfarben sollen also den Transport von Calciumhydroxid auf die Putzoberfläche verhindern. Daher sind die notwendigen Trockenzeiten von kalkhaltigen Putzen unbedingt einzuhalten, bevor mit den Beschichtungsarbeiten begonnen wird. Weiterhin sind bei Egalisationsanstrichen folgende Punkte zu bedenken:
  • Schichtdicke: Bei einer zu geringen Schichtdicke des Anstriches entstehen Poren, die alkalischen Kalk nicht im Putz fixieren lassen und so Farbtonverblassungen des Egalisationsanstriches bewirken. Zu geringe Schichtdicken bei Egalisationsfarben, oft eine Folge von extremer Verdünnung mit Wasser, haben negative Auswirkungen auf die Lebensdauer und Schutzwirkung des Anstriches. Die Einflüsse von Alkalität, Licht und Witterung erreichen extreme Ausmaße, wenn zu geringe Schichtdicken vorliegen. Neuanstriche erfordern für eine gute Beständigkeit eine mittlere Schichtdicke von ca. 150 – 200 Mikrometern. Schichtdicken deutlich unter 100 oder gar 50 Mikrometern halten oftmals einer Gewährleistungsdauer von fünf Jahren nicht stand.
  • Farbtonwahl: Eine gute Alkali-, Licht- und Wetterbeständigkeit wird mit erdfarbenen anorganischen Oxidpigmenten erreicht. Leuchtende organische Farbpigmente weisen meist eine eingeschränkte UV- und Alkalibeständigkeit auf.
Bei den Mörtelgruppen P I, P II sind, je nach Witterung, ein bis zwei Tage Trockenzeit pro Millimeter Putz einzuhalten. Das bedeutet, dass bei einer Putzdicke von 20 Millimetern mindestens 20 Tage Trockenzeit einzuplanen sind. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass bereits nach dem Grundputzauftrag die dafür erforderliche Trockenzeit eingehalten wurde. Bei Mauerwerksdurchfeuchtung und bei ungünstigen Witterungsbedingungen sind die Standzeiten entsprechend zu verlängern.
Ein einmaliger Egalisationsanstrich genügt keinesfalls, um einen ausreichenden Schutz der Fassadenoberfläche zu erzielen. Die fachgerechte Ausführung von Anstrichen auf nicht eingefärbten Putzen, bestehend aus Grund-, Vor- und Deckanstrich, sichert die Beständigkeit innerhalb der Gewährleistungsfrist, da Probleme wegen zu geringer Schichtdicke und Applikationsfehlstellen ausgeschlossen sind. Die Gefahren unterschiedlicher Feuchtigkeitsaufnahme mit der Folge von Verfärbungen durch ungleichmäßige Kalkausblühung und alkalisch bedingte Pigmentzerstörungen werden praktisch ausgeschlossen.

Über den Autor
Robert Kussauer ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Maler- und Lackiererhandwerk und für Schimmelpilzproblematik. Gemeinsam mit Max Ruprecht verfasste er das Buch „Die häufigsten Mängel bei Beschichtungen und WDVS – erkennen – vermeiden – beheben“, das 2007 im Rudolf-Müller-Verlag erschienen ist. Das 340 Seiten umfassende Buch enthält zahlreiche Abbildungen und Tabellen. Es ist zum Preis von 59,- Euro in jeder Buchhandlung erhältlich oder kann beim Malerblatt-Medienservice bestellt werden, Tel.: (0711) 71924-550/Fax: -444, www.malerblatt-medienservice.de

Kontakt:

Robert Kussauer
Ev. Kirchgasse 12
88299 Leutkirch Tel.: (07561) 9149-47/Fax: -48
www.gutachten-kussauer.de e-mail: info@robertkussauer.de


Die wichtigsten Regeln zur Mängelvermeidung bei Egalisationsanstrichen:

  • Putz vorschriftsmäßig austrocknen lassen
  • vor der Beschichtung mit Egalisationsfarbe den Putz auf Sinterschicht prüfen und diese gegebenenfalls entfernen
  • Putz auf Alkalität prüfen, bevor der Egalisationsanstrich aufgebracht wird
  • Witterungsbedingungen beim Aufbringen des Egalisationsanstriches berücksichtigen
  • bei Bedarf Putz grundieren
  • Farbtöne wählen, die mit Oxidpigmenten herstellbar sind
  • grundsätzlich einen entsprechenden Beschichtungsaufbau wählen, a) um eine ausreichende Schichtdicke zu erzielen und Fehlstellen im Anstrich zu vermeiden, b) um eine ausreichende algizide-, fungizide Wirkung zu erreichen, c) damit auch kritischere Farbtöne entsprechend stabil bleiben und die Pigmente (zumindest im Deckanstrich) besser vor der Alkalität des Putzes geschützt sind.
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