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Farbenprächtiges Juwel

Technik
Farbenprächtiges Juwel

Das Darmstädter Jugendstilbad wurde originalgetreu nach den Vorgaben des Denkmalschutzes rekonstruiert und präsentiert sich heute mit seinem Neubau als Wellness-Oase.

Martina Noltemeier

In der Darmstädter Innenstadt erwachte ein kostbarer Jugendstilbau zu neuem Leben: Das aus dem Jahr 1909 stammende Schwimmbad wurde originalgetreu nach historischem Vorbild und den Vorgaben des Denkmalschutzes restauriert. Nach zweieinhalbjähriger Renovierung präsentiert sich das Jugendstilbad heute um einen Neubau erweitert als Wellness-Oase. Im Inneren wurde dank genauer Rekonstruktionen die alte Pracht mit traditionellen Techniken und einer kräftigen Farbigkeit wiederhergestellt.
Das Bad war im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und anschließend mit einem Lehrschwimmbecken unter Einsatz von einfachen Mitteln instand gesetzt worden. Heute verfügt das Jugendstilbad über elf Becken, ein Außenbecken und großzügige Sauna- und Wellnessanlagen. Das Farbkonzept basiert auf einer Untersuchung des Restaurators Thorsten Moser in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde sowie dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Die ursprüngliche Farbigkeit und Gestaltung des historischen Schwimmbades konnte anhand alter Fotos und Unterlagen aus Archiven sowie bauzeitlicher Befunde, Farbresten und Erfahrungswerten genau rekonstruiert werden. Zutage trat ein enormer Reichtum an Dekors, Farben und Ornamenten. Von der großen Schwimmhalle mit dem Herrenbad, die in den 1930er Jahren neu verputzt worden war, existierten noch einige Schwarz-Weiß-Fotografien. Die Originalfarben ließen sich außerdem anhand von bauzeitlichen Befunden ermitteln, bei denen ältere Putzschichten freigeschabt und freigekratzt worden waren. Im unteren Teil des Herrenbads dominieren heute wieder blaue Farben, während die in Ochsenblut gehaltene Galerie einen kräftigen Akzent hierzu setzt.
Im Eingangsbereich, in dem sich zahlreiche Farbschichten übereinander befanden, konnte man anhand von Pigmentanalysen und Befunden den ursprünglichen Zustand erkennen und im Deckenbereich wunderschöne verspielte Ornamente mit Seepferdchen und Muscheln rekonstruieren. Der untere Bereich der Zwischenwände ist in der seit vielen Jahrhunderten existierenden Stukkolustro-Technik ausgeführt, die ein hohes handwerkliches Können voraussetzt. Weil Marmor sehr teuer war, hatte man eine Kalkspachteltechnik entwickelt, mit deren Hilfe eine Marmoroberfläche imitiert werden kann. Hierbei wird ein feiner Kalkspachtel in drei Schichten aufgetragen, dann die Oberfläche mit einer Kelle geglättet. Abschließend werden mit kalkbeständigen Farben Strukturen gemalt und Fugen eingeritzt. Außerdem wandte man im Gebäudeinneren eine Schablonen-Technik an, Muster und Ornamente wurden aufgepaust und mit der Hand frei gemalt. Für den Innenbereich wählte man aus Gründen des Denkmalschutzes eine mineralische Innensilikatfarbe, die sich besonders für Feuchträume eignet und die Schimmelbildung behindert.
Durch die Sanierung haben im alten Gebäudeteil die Terrazzoböden, Mosaiken, Schmuckfriese und Ornamente ihren alten Glanz zurückerhalten – und sehen aus wie zu Zeiten des Architekten August Buxbaum. Die kräftigen Farben wie Ultramarinblau und Flammenorange, die für den heutigen Geschmack mutig wirken, waren typisch für die Zeit des Jugendstils. Im Trakt des heutigen „Beauty-Bereichs“, in dem sich früher Wannenbäder befanden, wurden lang verschollene Dekor-Details entdeckt. Jeder Raum war individuell mit verschiedenen Farben und Dekoren gestaltet. Die unterschiedliche Farbgebung der einzelnen Räume ist auch heute noch trotz einer etwas großzügigeren Raumaufteilung gut zu erkennen.
„Ein Projekt wie die Restaurierung des Jugendstilbades Darmstadt ist nicht nur für einen Restaurator, sondern für alle Beteiligten der Denkmalpflege hinsichtlich Größe und Reichtum an Details eine ganz besondere Herausforderung. Das Einmalige an diesem Schwimmbad ist die maritime Ornamentik; deren Vielfalt und Farbenpracht beeindrucken immer wieder neu und machen somit das Jugendstilbad zu einem einmaligen Bauwerk seiner Zeit“, so Restaurator Thorsten Moser.

kompakt
Das aus dem Jahr 1909 stammende Darmstädter Jugendstilbad wurde original nach historischem Vorbild und den Vorgaben des Denkmalschutzes restauriert.
Bauherr: Wissenschaftsstadt Darmstadt
Betreiber: Aquapark GmbH, Münster
Bauleitung: Dr. Krieger, Architekten. Ingenieure, Velbert
Die Innengestaltung erfolgte nach Absprache mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen
Produkte: Caparol, u.a. Histolith Bio- Innensilikat, Capalac Seidenmatt, Calcino-Decor
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