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Kein Wunderputz

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Kein Wunderputz

Bei der Instandsetzung von feuchte- und salzbelastetem Mauerwerk haben sich Sanierputzsysteme WTA seit Jahren bewährt. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt – es gibt bei der Anwendung dieser Spezialputze einiges, was man wissen muss und was berücksichtigt werden sollte.

Dr. Klaus Rupp, BaumitBayosan

Es scheint sie tatsächlich zu geben!? Putze bzw. Putzanbieter, die dem Profianwender und erst recht dem Laien versprechen, dass ihr Produkt ein wahrer Alleskönner ist. Voruntersuchungen zur Feststellung des Schadensausmaßes und der Schadensursachen sind unnötig, da werden Wände durch Putze geradezu aktiv entfeuchtet, ohne dass Salze und Feuchteflecken entstehen bzw. sind horizontale oder vertikale Abdichtungsmaßnahmen unnötig, man nehme nur … und das Problem ist gelöst. Viele werden nun den Kopf schütteln und sagen, wer glaubt heute tatsächlich noch an so einen Schnickschnack? Wer so etwas verspricht – hat entweder keine Ahnung oder ist nicht ganz seriös! Von wegen. Es gibt diese Produkte mehr denn je und scheinbar mit gewissem Erfolg – zumindest, was die Vermarktung angeht. Es ist eben toll, wenn jemand kommt und einem die Probleme mit einem Wisch beseitigt, es kein „Wenn und Aber“ gibt, sondern nur Vorteile und keine Nachteile und man seine Sorgen los, aber so richtig los ist. Natürlich ist das mit … kein Problem. Herrlich! Und weil es so bequem ist und einfach zu sein scheint, ist die Versuchung groß, dem ganzen Glauben zu schenken.
Träumen Sie weiter… Wer glaubt sich nicht mit gewissen Fakten auseinandersetzen zu müssen und meint, Chemie und Physik und sowieso die ganzen Naturgesetze lassen sich mit schönen Bildern und Grafiken und Werbesprüchen wegargumentieren, der wird normalerweise irgendwann seinen Irrtum bemerken. Und immer wieder feststellen: aus Schaden wird man klug. Ja, da ist aber doch die Garantie – dann wird das schon stimmen. Ja, da ist aber auch das Kleingedruckte oder die Firma, die plötzlich vom Markt verschwindet…
Selbstverständlich muss man für seine Arbeit, sein Produkt und seine Beratung auch gerade stehen können, und das kann man auch mit der nötigem Sorgfalt, dem nötigen Fachwissen, der nach Klärung der Schadensursachen richtigen Auswahl von Produkten und Verfahren, und das ist nicht immer einfach. Schade, aber es ist so. So verführerisch die …-Variante auch klingt.
Sanierputzsysteme WTA
Die DIN V 18 550 beschreibt Sanierputze als Putze zum Verputzen feuchter und salzhaltiger Mauerwerke und sagt gleichzeitig, dass fallweise ein Sanierputz nach DIN EN 998–1 bei höheren Belastungen feuchter, salzhaltiger Untergründe nicht ausreicht. Für diese Fälle verweist sie auf Sanierputzsysteme, also mehrstufig aufgebaute Systeme, und weist ausdrücklich auf die geltenden WTA-Merkblätter „Sanierputzsysteme“ hin (WTA: Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V.), in welchen die Eigenschaften und die Anwendung dieser Sanierputzsysteme beschrieben werden. In diesen sind die technischen Kennwerte für Sanierputzsysteme, die üblicherweise aus den Komponenten Spritzbewurf, Porengrundputz und Sanierputz bestehen, hinsichtlich Frischmörtel- und Festmörteleigenschaften, festgelegt. Wenn ein Putzsystem ausnahmslos alle geforderten Eigenschaften erfüllt, so kann es von der WTA zertifiziert werden. Von Sanierputzsystemen nach WTA soll hier im wesentlichen die Rede sein. Wer auf Nummer sicher gehen will, arbeitet mit diesen zertifizierten Putzsystemen.
Das zitierte Merkblatt beschränkt sich aber nicht nur auf die Festlegung von Putzeigenschaften. Ganz wesentlich ist die Forderung nach der Klärung der Schadensursachen, der Analyse der Feuchte- und Salzbelastung, damit Putzaufbau und -dicke in Abhängigkeit von der Belastungssituation festgelegt werden können. Für den Sanierungserfolg ist die Voruntersuchung also von großer Bedeutung.
Auch muss über die Grenzen der Anwendung gesprochen werden, denn jedes Produkt, jedes Material hat diese Anwendungsgrenzen – auch wenn´s nicht gerne gehört wird. Sollte sich z.B. herausstellen, dass die Durchfeuchtung im wesentlichen auf ungünstigen Nutzungs- oder Lüftungsgewohnheiten beruht, so führt die Verwendung von Sanierputzen wohl kaum zum Ziel. Sanierputze sind also auch keine Gegenmaßnahmen bei Feuchteproblemen infolge Wärmebrücken bzw. auch ungeeignet, wenn durch den Wandaufbau der Taupunkt im Putzquerschnitt liegen würde.
Auch bei drückender Feuchte reichen Sanierputzsysteme alleine nicht aus. Hier sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich (z.B. Horizontal- und Vertikalisolierungen), die im Vorfeld bei der Planung zu berücksichtigen sind.
Vor allem bei Kellersanierungen stellt sich die Frage nach dem zukünftigen Nutzungskonzept. Auch nach einer fachlich gut ausgeführten Sanierung können durch ungünstige Heizungs- und Lüftungsbedingungen neue Feuchteschäden oder Schimmelbildung erfolgen, die unberechtigterweise beim ausführenden Sanierungsbetrieb reklamiert werden.
Warum Sanierputze?
Die Zerstörung der Baustoffe durch Salze und Wasser beruht auf den Wechselprozessen Salzkristallisation, Lösungs- und Verdunstungsvorgänge oder Frostsprengung. Kalkmörtel und -putze verkraften diese Prozesse nur sehr kurzfristig. Die Salze zerstören das Gefüge und verschlechtern die Diffusionseigenschaften des Putzes. Zu dichte Kalkzementputze vergrößern die Schadenszone, da Wasser und Salz sich neue Wege im Mauerwerk suchen und sich weiter verteilen. Die Kalkzementputze werden zusätzlich häufig schalenförmig vom Untergrund abgesprengt.
Sanierputze besitzen eine vielfach höhere Porosität mit einem hohem Anteil an Luftporen. Diese Luftporen wirken kapillarbrechend. Sie verzögern, zusammen mit der Hydrophobierung des Putzes, ein frühzeitiges Durchdringen des Putzes durch Salz und Wasser. Die hohe Porosität (> 40 %Vol.) bewirkt eine langfristig gute Dampfdurchlässigkeit, und in den großen Poren können Salze, ohne Schaden anzurichten, auskristallisieren.
Sanierputzverarbeitung
Damit Sanierputze ihre besonderen Eigenschaften entwickeln können, gibt es bezüglich der Verarbeitung und Nachbehandlung einiges zu berücksichtigen. Natürlich benötigt Sanierputz, wie andere Putze auch, einen sauberen, tragfähigen Untergrund. Das Mauerwerk sollte von Altputz, losen Teilen und mürbem Fugenmörtel befreit und trocken gereinigt werden (Abkehren, Absaugen von Schmutz und Staub). Der salzbelastete Bauschutt sollte sofort beseitigt werden, damit die hierin enthaltenen, löslichen Salze nicht wieder ins Mauerwerk verfrachtet werden. Würde man das Mauerwerk nass reinigen, käme es zu einer zusätzlichen Durchfeuchtung, die zur weiteren Verbreitung der Salze im Mauerwerk führt.
Einlagig oder zweilagig?
Zunächst stellt sich die Frage, ob ein Saniervorspritz notwendig ist und ob dieser volldeckend oder nur netzförmig aufgebracht werden soll. Der Saniervorspritz, der im zertifizierten Sanierputzsystem ebenfalls ganz bestimmte technische Eigenschaften zu erfüllen hat, verbessert die Haftung des Sanierputzes am Untergrund und gleicht zu einem gewissen Teil die Saugfähigkeit des Untergrundes aus. Er wird in der Regel auf glattem, schwach saugendem oder sehr inhomogenem Untergrund verwendet und netzförmig mit ca. 50 Prozent Flächendeckung aufgebracht. Der netzförmige, nicht volldeckende Auftrag begünstigt die Wanderung von Salz und Feuchtigkeit zum Sanierputz. Und dort gehören sie auch hin! Nur bei hoher Sulfatbelastung wird ein Saniervorspitz mit HS-Zement (hochsulfatbeständig) volldeckend appliziert. Bei gut tragfähigem, homogenem Mauerwerk ist ein Vorspritz nicht notwendig. Aber Achtung: Saniervorspritz nicht mit einem normalen Vorspritzmörtel verwechseln. Dieser hat prinzipiell nicht die erforderlichen Eigenschaften (z.B. Wassereindringtiefe gemäß WTA-Vorgaben).
Danach erfolgt der Sanierputz- oder Porengrundputzauftrag. Der Porengrundputz ist immer nur als Unterputz zu verwenden. Er besitzt meist eine grobe Körnung und wird üblicherweise auch als Ausgleichsputz benutzt. Er besitzt darüber hinaus ebenfalls ein gutes Salzspeichervermögen. Vielfach wird aber nur mit Sanierputzen (und Vorspritz) gearbeitet.
Bei der Verarbeitung gilt es unterschiedliche Vorgehensweisen für bestimmte Sanierputzprodukte zu beachten. Für viele Sanierputze ist die Verwendung von Luftporenschneckenmänteln oder Nachmischern notwendig, damit im Sanierputz die erforderliche Porosität entsteht. Modernere Sanierputze benötigen diese zusätzliche Maschinenausrüstung nicht, weil sie patentierte Zusätze für die Porenbildung besitzen.
Das folgende gilt für alle Sanierputze: der Sanierputz muss möglichst rasch trocknen können, damit sich die Wasser abweisenden Eigenschaften schnell im Putz entwickeln. Bleibt der Sanierputz zu lange feucht, dann besteht die Gefahr, dass Salze massiv an die Oberfläche wandern und den Sanierputz unwirksam machen. Deshalb ist durch moderates Lüften und Beheizen oder durch Trocknungsgeräte für eine vernünftige Abtrocknung des Putzes zu sorgen. Vor allem in Kellerräumen tritt diese Situation häufiger auf. Aber grundsätzlich gilt das für alle Räume und Flächen. Ein langanhaltendes, feuchtes Raumklima begünstigt darüber hinaus auch die Schimmelbildung.
Wenn zweilagig gearbeitet werden muss, so ist die untere Putzlage z.B. mit einem harten Besen oder der Zahntraufel sehr gut aufzurauen, denn durch die Wasser abweisenden Eigenschaften des Putzes vermindert sich die Haftung der neuen Putzlage am Untergrund. Eine aufgeraute Oberfläche ist dagegen in der Lage die neue Putzschicht sicher zu tragen.
Die Frage, ob einlagig oder zweilagig gearbeitet werden kann, hängt von der Salz- und Feuchtebelastung im Mauerwerk und von der entsprechenden Sanierputzqualität ab. Grundsätzlich sollte ohne Voruntersuchung nicht einlagig gearbeitet werden. Die vergleichsweise geringen Kosten für die Voruntersuchung rentieren sich allemal, denn eine falsche Sanierempfehlung rächt sich bitter. Verantwortungsbewusste Produkthersteller unterstützen Sie bei der Klärung dieser Fragen.
Die Mindestputzdicke beträgt für Sanierputze 20 Millimeter (bzw. zweimal 10 Millimeter). Bei hoher Durchfeuchtung und hoher Salzbelastung mindestens 30 Millimeter (zweimal 15 Millimeter) mit entsprechenden Standzeiten. Die Dicke des Sanierputzes wirkt sich u.a. auf seine Salzspeicherkapazität aus. Die Einhaltung der Standzeit und damit auch die fortgeschrittenere Trocknung der Unterputzlage verbessert die Sicherheit des Systems gegenüber Salz- und Feuchtedurchschlag.
Der Sanierputz sollte etwa einen Meter über die erkennbare Schadenszone hinaus verwendet werden. Diese „Sicherheitszone“ hilft Schäden auf Grund äußerlich nicht sichtbarer Salz- und Feuchteverteilungen im Innern des Mauerwerks zu vermeiden. Wird hier an falscher Stelle gespart, so hat man das „Vergnügen“ bereits nach kurzer Zeit wieder : nämlich auf derselben Baustelle zu arbeiten – dann aber auf eigene Kosten!
Beschichtungen auf Sanierputz
Glücklicherweise gibt es hinsichtlich gestalterischer Möglichkeiten mit Sanierputzen kaum Grenzen, da von groben Strukturen bis hin zu feinen Oberflächen viele Variationen möglich sind. Lediglich die geforderten Mindestputzdicken dürfen nicht unterschritten werden. Bei Beschichtungen auf Sanierputz im Innenbereich ist darauf zu achten, dass die diffusionsgleichwertige Luftschichtdicke (sd-Wert) der Beschichtung (Putz oder Farbe) kleiner als 0,2 m, bezogen auf jede einzelne Lage ist. Dieser so genannte sd-Wert sagt im Prinzip aus, dass die Wasserdampfdurchlässigkeit der Beschichtung besser sein soll als die des Untergrundes (von innen nach außen diffusionsoffener).
Auch im Außenbereich sind Beschichtungen auf Sanierputzen möglich z.B. Edelputze oder Farbanstriche. Für Farbanstriche gilt zusätzlich zum oben Gesagten, dass die kapillare Wasseraufnahme reduziert ist (w-Wert < 0,2kg/ m²h0,5). Oberputze müssen Wasser abweisend nach DIN V 18 550 sein. Die entsprechenden Werte oder die Eignung von Beschichtungen auf Sanierputzen sollten beim Hersteller erfragt werden. Die Angabe auf vielen Farbbehältern, die Farbe sei hoch diffusionsoffen, genügt nicht!
Was bleibt zu tun?
Auf jeden Fall sollte man nicht auf Wunder oder Wunderputze hoffen. Zwar mögen Zeit- und Preisdruck im heutigen Baugeschehen dazu verleiten, solche Produkte zu verwenden und tatsächlich notwendige Vorgaben und Vorbereitungen zu vernachlässigen – was jedoch unerwünschte Konsequenzen mit sich bringen kann. Der erforderliche Aufwand für professionelle und qualitativ hochwertige Arbeit ist gering im Vergleich zu den Kosten von Reklamationen, die durch Billiglösungen und unsorgsame Verarbeitung erzeugt werden – abgesehen einmal vom Ärger und dem ruinierten Ruf. Es ist absolut wichtig im Vorfeld die Rahmenbedingungen zu klären (Bauzustand, Schadensursache, zukünftige Nutzung). Eine Rückbesinnung auf Qualität – die natürlich ihren Preis haben muss – tut Not. Wer dies nicht berücksichtigt, bringt letztendlich Geld mit auf die Baustelle, statt es dort zu verdienen.
Seit ca. 25 Jahren haben sich die Sanierputzsysteme hervorragend bewährt. Sie übertreffen hinsichtlich ihrer Salz- und Feuchtebelastbarkeit alle anderen Putzsysteme um ein Vielfaches – vorausgesetzt, sie werden professionell angewendet.

Bevor etwas schief geht…
Nachfolgend sind noch einmal mögliche Fehlerquellen aufgeführt, die beim Einsatz von Sanierputzen zu Schäden führen können. Diese sollten unbedingt vermieden werden. • Das Mauerwerk ist nicht ordentlich gereinigt. • Der Untergrund ist nicht ausreichend tragfähig. • Der Spritzbewurf wird zu dick aufgetragen. • Die Schichtdicke des Sanierputzes ist nicht ausreichend. • Es wird ohne Voruntersuchung einlagig gearbeitet. • Die untere Sanierputzlage ist nicht oder schlecht aufgeraut. • Der Sanierputz wird nicht nach Herstellerangaben angemischt (zu viele oder zu wenig Luftporen). • Die Luftfeuchte im Raum ist zu hoch und wird nicht reduziert (Sanierputz wird nicht wasserabweisend; erhöhte Schimmelgefahr). • Die Beschichtungen auf dem Sanierputz besitzen eine zu geringe Wasserdampfdurchlässigkeit (beim Hersteller nachfragen). • Festigkeitsgefälle zwischen Unter- und Oberputz stimmt nicht (keine Systemvermischungen vornehmen). • Verwendung von Gips zur Fixierung von Installationen ist zu vermeiden.
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