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Eigener Weg

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Eigener Weg

Trends am Markt zu definieren, das grenzt dieser Tage an Übermut. Und trotzdem: Ein paar Eckpunkte sollen zeigen, was im Jahr 2009 wichtig sein könnte.

Ulrich Schweizer

„Neues Denken ist nötig“, so äußerten sich fünf Wirtschafts-Nobelpreisträger unisono. Einer davon ist Paul A. Samuelson, 93 Jahre alt. Er stellt sich nach wie vor hundertprozentig hinter die Marktwirtschaft, doch nicht hinter die kannibalisierende, wie das nicht wenige von ihm erwarten: „Märkte sind etwas anderes als der unregulierte Kapitalismus, den die Anhänger einer zügellosen Marktwirtschaft so lieben. Überzeugende Beweise finden sich im Niedergang der USA in den Jahren 2001 bis 2008. Als die Gehälter der Vorstandschefs im Vergleich zum Durchschnittsgehalt der Mitarbeiter von einem normalen Verhältnis von 40 : 1 auf 400 : 1 stiegen, verschlechterte sich der industrielle Fortschritt, statt sich zu beschleunigen.“ Der alte Herr weiß, wovon er spricht. Lange genug konnte er das Geschehen in der globalen Wirtschaft schon beobachten. Und uns klingen noch die Klagen der Super-Verdiener in den Ohren, von wegen Leistung müsse sich wieder lohnen und deshalb seien die unfassbar hohen Gehälter und Prämien nur recht und billig.
Selbstüberschätzung?
Inzwischen sind solche Schreie gar nicht mehr zu hören. Ganz still wurde es mancherorts in den oberen Etagen. Und genau dieselbe Riege, die sich in der Vergangenheit deutlich selber überschätzte, die auch noch vor einem starken halben Jahr die Backen aufgeblasen hatte und verlangte, dass sich der Staat gefälligst nicht überall einmischen solle, bettelt inzwischen um Nothilfen an allen Ecken. Sogar Konzernführer, die fast eine Milliarde Euro verzockt haben, bewerben sich um Staats- oder Landesbürgschaften. Nur ganz kurz kann hier allerdings Schadenfreude aufflackern, Sekundenbruchteile höchstens. Denn: All diejenigen, die mit heißer Luft ihre Welt bewegten, zogen zumindest partiell ganze Volkswirtschaften dramatisch mit nach unten.
Sich Problemen stellen
Eine Krise ist da, keine Frage. Und die wurde nicht nur von der Presse herbei geschrieben. Nicht nur, aber auch, zugegeben. Und hier vor Ihnen wird das Thema im Malerblatt ebenfalls kommuniziert, was die Sorgen mancher Leser vor der Zukunft nicht kleiner macht. Die Alternative hierzu wäre jedoch, sich diesen Problemen gar nicht zu stellen und mit dem Blindenstock wild im vor uns liegenden dichten Nebel zu stochern.
Während die ganz Großen, egal aus welchen Branchen, mit staatlicher Hilfe in irgendeiner Form rechnen dürfen, ist das für die Kleinen und somit auch für das atomistisch strukturierte Handwerk längst noch nicht amtlich. Wir dürfen gespannt sein, ob für die wichtigen Klein- und Mittelstands-Unternehmen wieder einmal nur die Brosamen übrig bleiben.
Krise und Chance?
Dass eine Krise auch eine Chance sein kann, ist eine Binsenweisheit. Freilich, jede aufgezwungene Veränderung kann auf einen Weg führen, der zukunftsträchtig ist und den man ohne Krise nicht beschritten hätte. Darin sind sich nahezu alle Experten einig. Konkreter, indes, wird kaum einer der Spezialisten. Und eine Gebrauchsanleitung, was denn nun im Detail zu tun sei, gibt es ebenfalls nicht. Wir sehen nur als Option eine veränderte Wirtschaftswelt, fein auf dem Teller angerichtet. Das Rezept dafür gibt es nicht und die Zutatenliste fehlt. Man nehme… Jeder hat genau das eben für sich und sein Unternehmen selber zu beantworten.
Zukunft gestalten
Ralf Deckers und Gerd Heinemann werden in ihrem Buch „Trends erkennen – Zukunft gestalten“ etwas konkreter. Ideen gäbe es genug, so die beiden Autoren, im Gegenteil verliere man im großen Trendhaufen recht schnell den Überblick. Statt eines ,Trendaktionismus‘ empfehlen sie, die Vielfalt an Trends durchzufiltern: „Steckt genügend Potenzial im Trend, liegt also genügend Gold in der Schatzkiste? Und: Ist das eigene Unternehmen fähig und willens, das Potenzial zu heben?“ Schon hier müssten sich nicht wenige Betriebe des Maler- und Stuckateurgewerks aus Segmenten zurückziehen, bei denen einfach nur Wissen und relevante Informationen fehlen. Oder die Mitarbeiter. Oder die Gerätschaften. Nicht jeder muss Wärmedämmungen ausführen UND gleichzeitig kreative Techniken im Portfolio haben, außer, er beherrscht beides aus dem Effeff. Zum Beispiel. Im „Ausschlussverfahren“ auf das verzichten, was man am wenigsten gut kann, das ist durchaus ein hilfreicher Schritt. Und dann all die wunderbaren Dinge kritisch abklopfen, die von der Industrie und auch von Fachzeitschriften schön bunt präsentiert werden. Ist das tatsächlich etwas für uns oder eher nicht? Falls ja: sofort durchstarten und die eigene Energie für ein neues Tätigkeitsfeld einsetzen.
Werte und Wandel
Unabhängig davon, wie sich das wirtschaftliche Geschehen entwickeln wird, es scheint sich eines abzuzeichnen: Werte werden wieder wichtiger. Das Zukunftsinstitut befragte über 30.000 Menschen mit dem Tenor „Wie geht’s der Welt?“. Es wurden Werte- und Wunschsphären identifiziert, die für Lebensstil-Entscheidungen relevant sind. Nicht mehr billig-billig, nicht mehr Discounter-Produkte sind im Fokus der Verbraucher. Nachhaltige und naturverträgliche Artikel und Dienstleistungen sind verstärkt im Kommen. Das wird die Einstellungen dem Handwerk gegenüber positiv verändern.
Souveränität
Der Persönlichkeitstrainer Theo Bergbauer setzt für erfolgreiches Auftreten Souveränität voraus. Wer souverän auftrete, der werde als ausgereifte Persönlichkeit wahrgenommen und könne besser überzeugen – gerade auch potenzielle Auftraggeber. Und jeder könne sich darin üben, eigenständig, selbstbestimmt, positiv aufzutreten. Was zählt noch zu dieser Tugend, zur Souveränität, deren Beherrschung letztlich auch Vorteile am Markt verspricht? Laut Theo Bergbauer kreatives Vorausblicken statt mühsames Hinterherlaufen, Teamgeist statt Einzelkämpfer, aufrichtiges Interesse für andere statt Egoismus, mutige Veränderung statt starrem Festhalten. Weiter sei ein Zeichen für Souveränität, wenn ein Unternehmer innovativ sei, statt sich in der Komfortzone auszuruhen, wenn er anderen Wertschätzung statt Verachtung entgegenbringe, begeisterungsfähig sei statt frustriert. Und vor allem eines zeichne souveräne Personen aus: Kommunikation statt Konfrontation, Vertrauen statt Misstrauen und Eigendisziplin statt Konfrontation.
Das alles werde zukünftig zum Muss – und sei schon deshalb garantiert ein Trend. Diese Aussagen scheinen fürs Handwerk noch wesentlich mehr Bedeutung zu haben.
Eigenen Weg finden
Wer nun hier konkret Tipps erwartet, auf welche „Megatrends“ oder auf welche Nischen im Maler- und Stuckateurhandwerk er sich stürzen solle, der wird enttäuscht sein: Das alles weiß er selber genau dann, wenn er sich und seine Mitarbeiter mit offenem Kopf betrachtet und analysiert. Dann erst wird klar, ob er eher als hochkarätiger Dienstleister bei Privatkunden brillieren kann, als gewitzter und kreativer Gestalter, als akribisch arbeitender Energieberater und Wärmedämmer oder als Organisator und Teil einer Handwerker-Kooperation. Das Allerwichtigste ist, sein „Fach“ zu finden, in dem man eben auch als Fachmann auftreten kann und als solcher akzeptiert wird – und somit nicht nur über den Preis agieren kann.
Tatsächlich braucht es manchmal eine kleinere oder größere Krise, damit man sich mit neuen und vermeintlich unangenehmen Alternativen überhaupt erst einmal auseinandersetzt, einen eigenen Weg findet und diesen im Alltag auch beschreitet. Der Nobelpreisträger Paul A. Samuelson sieht die Chancen sowieso nicht bei den Giganten: Nur die Mitte ist beweglich.
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