Startseite » Allgemein »

Kleiner Gewinn – großer Nutzen

Allgemein
Kleiner Gewinn – großer Nutzen

Zusatzangebote bringen mehr als nur Geld in die Kasse.

Jörg Zinßer

Wovon lebt der Maler heute? Von der Farbe nicht allein. Zusatzangebot, zweites Standbein, Marktnische, das sind die Stichworte, wenn es darum geht, einer schleppenden Nachfrage zukunftsfähige Konzepte entgegenzusetzen. Ideenreichtum und Mut sind gefragt, wenn das Kerngeschäft schwindet. Neben den größeren Marktfeldern, die der Maler beackern kann – Bodenbeläge etwa, Raumausstattung oder Baufugensanierung, gibt es kleinere Beete, die von Malerbetrieben recht bunt bepflanzt werden mit Angeboten, die das berühmte „Zubrot“ einbringen sollen. Das beginnt bei Sonnenschutz, Insektenschutz und Taubenabwehr und reicht über Fassadenreinigung, Gerüstvermietung und digitale Farbberatung bis hin zur Fototapete nach Bildern des Kunden, Möbel wegräumen und Lampen abhängen, ja sogar Blumen gießen und Haustier versorgen, solange der Kunde im Urlaub ist.
Doch was bringen diese Dinge? Wenn sie Goldgruben wären, wären sie keine Randgebiete. Wenn sie sinnlos wären, würde niemand sie anbieten. Warum also sind diese Angebote auf dem Markt? Sollte der Maler nicht besser versuchen, seinen Job gut zu machen und bei seinem Leisten zu bleiben? Soll er mit Billigware handeln – wird er gar zum Klinkenputzer?
Ausbaufähige Leistungen
„Zusatzleistungen sind ein Geschäftsfeld, das ausbaufähig ist,“ so lautet das Fazit von Malermeister Manfred Loosch aus Pforzheim. Er bietet seinen Kunden außer der klassischen Malerleistung unter anderem Sonnenschutz und Insektenschutz an, Korkböden und Taubenabwehr. Dabei geht es ihm weniger um den Umsatz als um die Imagepflege. Beispiel Sonnenschutz: „Sonnenschutz biete ich eher bei Renovierungsaufträgen als bei Neubauten an. Wenn etwa auf einer Terrasse eine Markise sinnvoll wäre, kann ich das Thema beiläufig ins Spiel bringen. Wenn beim Kunden ein echter Bedarf vorhanden ist, wird es ihm entgegenkommen, den Kauf auf so bequeme Weise tätigen zu können, noch dazu mit fachkundiger Beratung.“ Auch die Mücke an der frisch gestrichenen Wand kann der Einstieg zu einem Verkaufsgespräch sein: der hochwertige Insektenschutz, montiert vom Handwerker, ist zwar teurer als das Billigprodukt aus dem Baumarkt, er ist jedoch die dauerhafte Lösung eines Problems – wenn es auch nur ein kleines Alltagsproblem ist. Doch gerade so etwas setzt sich oft am dauerhaftesten im Gedächtnis des Kunden fest. Und das ist schließlich der Kernpunkt jeder Werbung: wie kommt mein Name in den Kopf des Kunden? Dazu tragen viele Kleinigkeiten bei, die, jede für sich genommen, nicht lohnenswert sind. Unterm Strich jedoch entsteht eine positive Kundenbeziehung, und die ist die Existenzgrundlage jedes Handwerksbetriebes.
Fruchtbare Kooperationen
Weitere Frage: „Ist es ein Hemmnis, dass bei Markisen oft ein elektrischer Antrieb integriert ist oder dass bei Stuck-Elementen elektrische Leuchten eingebaut sind? „Kein Problem,“ meint Maler Loosch: „Der Maler hat selbstverständlich einen Elektriker bei der Hand, mit dem er partnerschaftlich zusammenarbeitet, zum gegenseitigen Nutzen: auch der Elektriker kann den Maler empfehlen, wenn etwa Elektroarbeiten Malerarbeiten nach sich ziehen.“
Zusatzleistungen anzubieten bedeutet nicht, irgendwelche Produkte auf Lager zu halten, es bedeutet vielmehr, einen Nutzen für den Kunden schnell erbringen zu können – mit einem kleinen Gewinn für die Kasse und einem großen für das Image. Auch Dienstleistungen fallen unter die Rubrik „Marktchancen“. Digitale Farbberatung beispielsweise läuft sehr gut. Eine sinnvolle Dienstleistung ist es auch, den Kunden an die Pflege naturbehandelter Holzoberflächen zu erinnern. Ist der Außenanstrich von Holzfenstern zwei Jahre alt, kann der Maler den Kunden darauf ansprechen, dass es im Sinne der längeren Gesamthaltbarkeit sinnvoll wäre, zumindest an der Wetterseite die Oberfläche zu erneuern. Das ist keine Geschäftemacherei, sondern Service, und bringt auch dann einen Pluspunkt beim Kunden, wenn dabei kein Auftrag herausspringt, zumal die Argumentation darauf abzielt, Kosten zu sparen, denn der Aufwand für die Renovierung vernachlässigter Fenster ist höher als der für regelmäßige Pflege. Es gehört ins Notizbuch des Malers, wenn er beim Kunden bemerkt, dass dessen Haustür, Fassade oder Garagentor einer Erneuerung bedarf. Das Motto „Mehr als nur Farbe“ kann auf vielfältige Weise umgesetzt werden. Das kann sogar so weit gehen, einem älteren Menschen jemanden zu vermitteln, der nachbarschaftliche Dienstleistungen wie das Rasenmähen übernimmt. Eine Idee ist es auch, statt Rabatten eine Treueprämie zu gewähren, die beim nächsten Auftrag eingelöst werden kann. Kundenbindung erreicht man auch durch kleine Gefälligkeiten, indem man etwa kleine Macken an Heizkörpern gratis repariert. Doch das fällt eigentlich nicht unter die Rubrik Sonderleistungen, denn es sollte zu den Gepflogenheiten eines Malerbetriebs gehören, Kunden in dieser Art und Weise zu betreuen. Ein guter Ruf ist etwas, das aus vielen Kleinigkeiten besteht. Es dauert lange, ihn aufzubauen, doch man verliert ihn schnell.
Zusatzleistungen lassen sich in drei Kategorien einteilen: einmal gibt es die „echten“ Leistungen, die einen signifikanten Umsatz einbringen sollen. Dazu gehören Bodenbeläge, Raumausstattungsprodukte oder bautechnische Leistungen wie die Baufugensanierung. Auch Sonnenschutz, Insektenschutz und Vogelabwehr sind ein sinnvolles Zusatzgeschäft, weil sie einfach zu montieren sind und der Ertrag hoch ist.
Schöne Lockvögel
Zum Zweiten gibt es Leistungen, die eher eine Lockvogel-Funktion erfüllen und den „Tchibo-Effekt“ erreichen sollen: mehr Kunden durch günstige Angebote. Gerade die Tatsache, dass es sich für den Maler nur um Nebengeschäfte handelt, kann von Vorteil sein: für manche Leistung kann er einen „Kampfpreis“ anbieten, weil er seinen Hauptumsatz im Kerngeschäft erzielt. Es gibt noch andere Lockvogel-Dienstleistungen: ein Malerbetrieb bietet seinen Kunden eine „Checkliste Hausrenovierung“ an: durch gezielte Fragen wird der Zustand des Hauses und der Renovierungsbedarf ermittelt. Was der Kunde nicht selbst machen kann, wird ihm angeboten, bei allem anderen wird er unterstützt. Kauft er beispielsweise das Material beim Maler, bekommt er das Gerüst ohne Leihgebühr.
Attraktive Pakete
Die dritte Kategorie der Zusatzleistungen sind diejenigen, die nur „durchgereicht“ werden: der Kunde erhält mehrere Handwerkerleistungen aus einer Hand, die von unabhängigen Unternehmen erbracht werden, er rechnet jedoch nur mit einem der Handwerker ab. „Sorglos-Komplettpakete“ werden von den Kunden gerne angenommen. Oft lohnt es sich beispielsweise dann, wenn ein Gerüst am Haus erforderlich ist, verschiedene Arbeiten mit einem Mal ausführen zu lassen: Fassade, Balkon, Fenster, Dach. Auch wenn der Maler seinem Kunden alles bietet, was dieser möchte, sollte er trotzdem im wesentlichen bei seinen Kompetenzen bleiben. Wer ein Netzwerk von Kollegen aufbaut, fährt damit besser als wenn er fachfremde Leistungen anbietet.
Das Anbieten von Zusatzleistungen ist oft kein aktives Verkaufen, sondern ein Reagieren auf Bedürfnisse des Kunden. Die Frage, welche Zusatzangebote sinnvoll sind, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Wer ohnehin ein zweites Standbein hat, etwa einen Raumausstattungszweig mit eigenem Ladengeschäft, für den wird sich die Wahl der Produkte an den Gegebenheiten orientieren. Wenn ein Verkaufsraum vorhanden ist, sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt: das Angebot kann bis zu dekorativen Geschenkartikeln reichen oder Wohnaccessoires à la Habitat und Ikea. Doch man sollte sich auf das beschränken, was man kennt und wovon man etwas versteht. Dann allerdings ist der Kunde oft bereit, die Zusatzleistungen auch anzunehmen. Wenn er allerdings mit einem Angebot konfrontiert wird, das für ihn keinen Sinn macht – beispielsweise bei einem Maler, der in seinem Raumausstattungsgeschäft noch einen Matratzen-Shop betreibt, dann kann es vorkommen, dass er das Angebot ignoriert.
Der Maler, der auf ungewohnten Pfaden wandelt, sollte sich gut einarbeiten in sein neues Metier, damit er es nicht mit Kunden zu tun bekommt, die von der Sache mehr verstehen als er. Bei manchen Leistungen ist Schulung auch zwingend erforderlich: Baufugensanierung etwa ist ein Bereich, der mit Bauphysik beginnt und unter Umständen mit Baurecht endet.
Besondere Spezialitäten
Wer den Entschluss fasst, Zusatzleistungen anzubieten, sollte nicht in Überaktivität verfallen und einen Gemischtwarenladen eröffnen. Besser ist es, mit einem einzigen Produkt anzufangen und weitere dazuzunehmen, sobald das erste erfolgreich eingeführt ist. Kurz gesagt: man sollte sich nicht verzetteln.
Wer seinem Kunden etwa Briefkästen und Hausnummern verkaufen will, sollte etwas Außergewöhnliches anbieten. Es gibt beispielsweise Hausnummern, die mit Hilfe einer Solarzelle ihren eigenen Strom erzeugen und nachts automatisch leuchten. Oder ein Taubenabwehrsystem, das an Stelle von Spikes, Drähten oder Netzen mit Kunststoff-Attrappen von Raben arbeitet, weil die Tauben darauf mit einem angeborenen Fluchtreflex reagieren. Auch bei den Dienstleistungen gibt es Originelles: ein norddeutscher Malermeister hatte die Idee, mit seinen Kunden Beleuchtungskonzepte für kreativ gestaltete Innenräume zu entwickeln: die ausgeklügelten Raumatmosphären sind nämlich dahin, sobald es dunkel wird.
Als zukunftsgerechte Einstellung setzt sich bei Malern wie bei Kunden immer mehr der „Alles-aus-einer-Hand-Gedanke“ durch: der Maler als Ansprechpartner für Hausverschönerung, Haus-Instandhaltung, Haus-Renovierung. Der Kunde braucht nur eine Telefonnummer. Die Discount-Welle, die von den Baumärkten gefördert wird und die aus allen Malerkunden Heimwerker machen will, kann den Fachbetrieben zwar am Umsatz knabbern, andererseits jedoch kann auch der Maler dem Baumarkt Kunden abspenstig machen: durch ein Marketing, das den Kunden von der Kompetenz und Servicebereitschaft des Handwerksbetriebes überzeugt – Gebiete, auf denen kein Baumarkt mithalten kann. Der Do-it-yourself-Trend bietet auch Chancen, wenn der Handwerker sich unvoreingenommen die Frage stellt: was möchte der Kunde am liebsten selbst machen und wo sind seine Grenzen? Sobald ein Gerüst benötigt wird, im Treppenhaus beispielsweise, ist der Do-It-Yourselfer schnell am Ende mit seinem Latein. Anstatt die Beziehungen abzubrechen sollte er versuchen, dem Kunden, der nicht alles kaufen will, überhaupt etwas zu verkaufen.
Durch Angebote lockt man Kunden, anstatt sie ziehen zu lassen. Kundenkontakt ist alles, auch wenn dabei nicht immer ein Geschäft getätigt wird. Nur im Gespräch hat der Maler die Chance, den Kunden zu überzeugen – für das Gegenteil genügt ein Preisschild.
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Malerblatt 5
Ausgabe
5.2024
ABO

Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Malerblatt-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Malerblatt-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de