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Praxiswissen in der Schule

Aus- & Weiterbildung
Praxiswissen in der Schule

Eine Lehrstunde der besonderen Art fand wieder in den Räumen der Akademie für Betriebsmanagement in Stuttgart statt: Baurechts-Experte Andreas Becker und Unternehmensberater Wolfgang Krauß brachten Beispiele aus der Praxis.

Die Vermittlung von Praxiswissen steht schon immer ganz oben auf der Liste der Lehrinhalte, die von den beiden Oberstudienräten Frank Gauss und Eberhard Schilling den Schülern der Akademie für Betriebsmanagement in Stuttgart-Feuerbach nahegebracht werden sollen. Hierzu werden immer wieder Praktiker zu Vorträgen und Projekten in die Schule eingeladen. So auch der Baurechtsexperte Andreas Becker und der Malerberater Wolfgang Krauß. Hierbei werden aus einem konkreten „Beratungsfall“ heraus Einzelprojekte gebildet, für die die Schüler in Gruppenarbeiten mögliche Lösungsansätze erarbeiten müssen. Diesmal ging es um eine Maler GmbH, die gleich mit mehreren Problemen zu kämpfen hatte: mit einer schlechten Ertragslage, einer angespannten Liquidität und einer Hausbank, die vom Unternehmer ein Konsolidierungskonzept erwartet um die Probleme nachhaltig zu lösen.

Herr Gauss, warum holen Sie externe Referenten in die Schule, könnten Sie die Inhalte nicht selbst vermitteln? Frank Gauss: Natürlich decken wir mit unseren Lehrinhalten ein breites Spektrum der betrieblichen Belange ab. Um der Gefahr zu begegnen, „firmenblind“ zu werden, hat es sich in unserer Schule bewährt auf das Know-how von Experten zurückzugreifen. So ist ein stetiger Austausch zur Praxis gegeben, um unsere Schüler möglichst optimal auf ihre späteren Aufgaben als Unternehmer und Führungskraft vorzubereiten.
Herr Becker, Herr Krauß, Sie opfern ja einiges von Ihrer knapp bemessenen Zeit für diese Praxistage. Was ist denn Ihre Motivation hierfür? Andreas Becker: Es ist ja nicht so, dass wir als sogenannte Experten den Stein der Weisen gefunden haben. Auch wir laufen natürlich Gefahr, wie es Herr Gauss so schön bezeichnet hatte, „firmenblind“ zu werden. Da ist es für uns durchaus hilfreich, auch andere Denkweisen und Herangehensarten kennenzulernen. Von daher lernen wir an den Praxistagen auch immer dazu.
Wolfgang Krauß: Und wir haben die Chance, vor zu großen Erwartungen zu warnen, insbesondere, was die spätere Situation als Führungskraft angeht.
Wie meinen Sie das? Wolfgang Krauß: Nun, ein Meistertitel oder auch ein Diplom bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass man etwas weiß, sondern ist vielmehr der Nachweis für die Lernfähigkeit. Die wirklichen Dinge lehrt die Praxis. Ich habe nicht selten frisch gebackene Meister und Techniker erlebt, die hoch motiviert von der Schule gekommen sind und dann im Betrieb erst mal zeigen wollten, „wo’s langgeht“. Die sind dann auf gestandene Mitarbeiter getroffen, die mit dieser Form der Mitarbeiterführung nicht so zurechtkam und der „ Führungskraft“ mal schnell aufgezeigt hat, wo dessen Grenzen liegen. Das hat die spätere Zusammenarbeit nicht leichter gemacht.
Herr Gauss, warum haben Sie denn gleich zwei Referenten für diese Veranstaltung eingeladen? Frank Gauss: Das liegt an der besonderen Thematik in der es darum geht, eine betriebliche negative wirtschaftliche Situation mit all ihren Einflussfaktoren zu analysieren und Wege aus der Krise zu finden. Die Gründe und Ursachen sind oftmals sehr komplex und lassen sich nicht auf ein Fachgebiet reduzieren. Gerade in der parallelen Analyse von betriebswirtschaftlichen und juristischen Faktoren entsteht ein besonderer Erkenntniseffekt. Und hier haben wir mit Herrn Becker und Herrn Krauß die richtigen Ansprechpartner, zumal beide langjährige Erfahrungen in der dualen Prozessanalyse von Malerbetrieben haben.
Wie Herr Gauss gehen denn die Schüler mit einer solchen Betrachtungsweise um, das entspricht ja eher weniger der üblichen Art der Wissensvermittlung? Frank Gauss: Ganz so ist es nicht, wir praktizieren in Stuttgart von jeher einen ganzheitlichen Betrachtungsansatz. Aber es ist natürlich noch einmal etwas anderes zu sehen, wie ein Berater und ein Jurist an gewisse Probleme herangehen. Für die Schüler ist das natürlich eine spannende Abwechslung zum Schulalltag und eine wertvolle Ergänzung zum Lehrstoff.
Herr Krauß, wo sehen Sie denn die besondere Herausforderung für den frisch gebackenen Meister oder Techniker, wenn er in die Praxis entlassen wird? Wolfgang Krauß: So wie ich es erlebe wird er erst einmal mit Problemen konfrontiert, für die er in der sich konkret darstellenden Problematik keinen vergleichbaren „Schulfall“ hat. Einfachstes Beispiel ist der Klassiker Kalkulation. In der Schule wird dezidiert aufgezeigt wie er seine Grundlagen aufgrund der steuerlichen Aufzeichnungen selbst ermitteln kann. Wenn er dann die eigenen betrieblichen Unterlagen heranzieht, sieht alles auf einmal ganz anders aus und das gelehrte Wissen kann nicht mehr umgesetzt werden. Das betrifft andere Bereiche gleichermaßen. Darüber hinaus wird er sich mit Problemen auseinanderzusetzen haben, für die es keine allgemeingültigen Lösungen gibt. Dies betrifft insbesondere das Thema Mitarbeiter.
Herr Becker, bleiben wir bei den Mitarbeitern, das war ja auch eine Aufgabenstellung der Schüler im Rahmen der Projektarbeit. Andreas Becker: Ja, es ging darum, einmal die bereits beschriebene Produktivität zu berechnen und dann aus dem Ergebnis einer in der Person begründeten Schlechtleistung, die juristischen Möglichkeiten zu eruieren. Konkret waren hierbei die Grenzen des Kündigungsschutzgesetzes, Sozialauswahl ja oder nein und die Altregelung des Gesetzes abzuprüfen.
Herr Gauss, dass sind jetzt Themen, die auch im Unterrichtsstoff behandelt werden? Frank Gauss: Sicherlich, das gehört zum Basiswissen, was an unserer Akademie vermittelt wird. Ein besonderer Event war es allerdings, als Herr Krauß hierbei aufzeigte, wie man betriebswirtschaftlich berechnen kann, ab welchem Zeitpunkt sich eine Kündigung „rechnet“, also der Verlust durch Unproduktivität sich durch eine Abfindungszahlung ausgleicht. Das war für unsere Schüler auf jeden Fall neu.
Herr Becker und Herr Krauß, wie ist denn ihr Resümee aus den Projekttagen hier in Stuttgart? Andreas Becker: Es war wieder einmal spannend zu sehen, wie Probleme und Lösungsansätze differenziert betrachtet und bewertet werden können. Wir sind schon gespannt auf die nächste Veranstaltung.
Wolfgang Krauß: Wir haben hier eine wirklich engagierte und motivierte Klasse kennen lernen dürfen. Ich bin mir sicher, dass die Schüler ihren Weg gehen werden. Gute Leute sind im Malerhandwerk immer gesucht, nicht erst seit überall über den Fachkräftemangel gesprochen wird.
Herr Gauss, wie werden die gemeinsamen zukünftigen Projekte aussehen? Frank Gauss: Wir werden den eingeschlagenen Weg der Kombination von Schul- und Praxiswissen kontinuierlich weiter verfolgen. Dieser hat sich bewährt und trägt mit dazu bei, dass unsere Schüler nach Ihrem Abschluss auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt sind. Dass uns hierbei Herr Krauß und Herr Becker auch weiterhin zur Verfügung stehen, freut uns natürlich.

PRAXISPLUS

Akademie für Betriebsmanagement
Oberstudienrat Frank Gauss
Tel.: (0711) 89025-236/Fax-220
BfH Beratung fürs Handwerk
Dipl. Betriebswirt Wolfgang Krauß
Tel./Fax: (08055) 9031830
Kanzlei Andreas Becker
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Tel.: (0511) 3748410/Fax-20
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