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Teil 12: Liquiditätsmanagement

Erfolgsfaktoren im Malerhandwerk
Teil 12: Liquiditätsmanagement

Geld ist das Schmiermittel der Wirtschaft. Wenn es in einem Unternehmen knapp wird, kann es über „Sein“ oder „Nichtsein“ entscheiden. Liquiditätsengpässe, bedingt durch Forderungsausfälle, schlechte Zahlungsmoral der Kunden, hohe Zins- und Tilgungsbelastungen, zu geringe Eigenkapitalausstattung und dauerhaft geringe Renditen führen nicht selten zur Insolvenz. Die Sicherung der Liquidität eines Unternehmens ist deshalb für das Überleben unabdingbar.
Chefsache Liquiditätsplanung
Zentrales Element eines Liquiditätsmanagements ist der Liquiditätsplan. Dabei kommt der monatlichen Liquiditätsplanung eine besondere Bedeutung zu. Es muss nämlich nicht nur sichergestellt werden, dass das Unternehmen im Jahresdurchschnitt, sondern jederzeit seine berechtigten Zahlungsverpflichtungen erfüllen kann. Ein Unternehmen, das zwar in drei Monaten einen hohen Zahlungseingang erwartet, aber die aktuell fälligen Löhne, Abgaben und Lieferantenrechnungen nicht begleichen kann, ist trotzdem vom Aus bedroht – spätestens dann, wenn die Banken nicht bereit sind, den Liquiditätsengpass einfach durch Überziehung des Kontokorrentkredits zu finanzieren.
Liquiditätsplanung ist Chefsache, denn nur er kennt alle voraussichtlichen betrieblichen und – falls notwendig – privaten Einnahmen und Ausgaben. Im Malerhandwerk gilt eine dreimonatige Liquiditätsvorschau als angemessen. Für diesen Zeitraum sind alle monatlichen Einnahmen und Ausgaben zu erfassen. Wichtig ist dabei die Notierung der Zahlungsströme in zwei Spalten, denn der Planung sind immer die tatsächlichen Geldein- bzw. -ausgänge gegenüber zu stellen. Bei der Einführung einer Liquiditätsplanung und jeweils am Jahresanfang sind alle Anfangsbestände an flüssigen Mitteln als Soll und als Ist zu erfassen. Bei den finanziellen Verpflichtungen sind neben den laufenden Betriebsausgaben auch Ertragssteuern, Umsatzsteuer, Privatentnahmen, Tilgungen und Investitionen zu berücksichtigen. Beispiele für Liquiditätsplanungen gibt es bei den Kammern und Verbänden.
Liquiditätssicherung
Durch die Erfassung aller voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für einen bestimmten Planungshorizont werden drohende Unterdeckungen frühzeitig erkannt. Zwei bis drei Monate im Voraus können noch rechtzeitig Maßnahmen getroffen werden, um Engpässe abzuwenden. Außerdem lassen sich Erkenntnisse für die mittel- und langfristige Finanzplanung gewinnen. Gerade im Malerhandwerk mit seinen jahreszeitbedingten Schwankungen laufen die Zahlungsströme nicht immer parallel. Oftmals sind erhebliche Material- und Lohnanteile vorzufinanzieren. Zahlungseingänge sind abhängig von der Fakturierung, den Zahlungsbedingungen und der Zahlungsmoral der Kunden – Löhne, Steuern und Abgaben fallen aber zu einem bestimmten Stichtag an. Andererseits bietet der Tarifvertrag die Möglichkeit, bis zu 170 Arbeitsstunden je Mitarbeiter auf einem Arbeitszeitkonto anzusammeln und erst im Folgejahr wieder abzubauen.
Folgendes Beispiel für einen Betrieb mit fünf Gesellen verdeutlicht die Bedeutung von Liquiditätsreserven für die auftragsschwachen Zeiten von Januar bis März:
5 Mitarbeiter x 170 Stunden = 850 Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto.
Direkte Lohnkosten: 850 Stunden x 13,68 Euro/Std. = 11628 Euro
+ 25,0 % Sozialversicherung (AG-Anteil inkl. BG und Lohnausgleichskasse) 2.907 Euro + 14,1 % Urlaubskassenbeitrag inkl. ZVK 1.639,55 Euro.
Liquiditätsreserve 16.174,55 Euro.
Zu beachten ist allerdings, dass diese Liquiditätsreserve beim Abbau der „Gutstunden“ im Unternehmen auch wieder verfügbar ist.
Vier kurzfristige Maßnahmen zur Liquiditätsverbesserung: 1. Schnelle und korrekte Rechnungsschreibung:
Wenn eine Leistung erbracht und abgenommen wurde, sollte unverzüglich die Rechnung gestellt werden. Ausreden wie „wir sind mit den laufenden Baustellen zu sehr eingespannt, da ist die Rechnung einfach liegen geblieben“, gehen natürlich zu Lasten der Liquidität. Je später die Rechnung geschrieben wird, umso später steht das Geld zur Verfügung und es muss vorfinanziert werden. Dabei ist auf die Prüfbarkeit von Rechnungen zu achten. Neben steuerlichen Anforderungen sind Rechnungen übersichtlich aufzustellen, die Reihenfolge der Positionen aus dem Angebot und die Bezeichnungen sind einzuhalten und die Aufmaße und andere Abrechnungsbelege müssen prüfbar sein.
2. Abschlagszahlungen:
Bei Objekten mit einem Abwicklungszeitraum von mehreren Wochen ist es unerlässlich, auf einen kontinuierlichen Zahlungseingang zu achten. Gerade bei Bauverträgen nach VOB hat der Auftraggeber eine Prüffrist der Schlussrechnung von bis zu 2 Monaten, so dass über Abschlagszahlungen das Vorleistungs- und Vorfinanzierungsrisiko begrenzt werden kann.
3. Reduzierung von Privatentnahmen:
Kurzfristig können Liquiditätsengpässe bei Einzelunternehmungen auch durch eine Reduzierung von Privatausgaben entschärft werden.
4. Kommunikation mit der Bank:
Schließlich sollte bei der Gefahr von Liquiditätsengpässen frühzeitig das Gespräch mit der Hausbank gesucht werden. Je früher man die Bank informiert, umso leichter lassen sich Maßnahmen finden. Wenn keine ausreichende Liquidität mehr vorhanden ist, dann können auch kleine zurückgegebene Lastschriften das Fass zum Überlaufen bringen und zum Vertrauensverlust führen. Auf keinen Fall sollte man sich kurzfristig bei irgendwelchen Kredithaien verschulden.
Sechs mittel- und langfristige Maßnahmen zur Liquiditätsverbesserung – weil kurzfristige Maßnahmen nur die momentane Liquidität verbessern, müssen diese immer durch weitere Instrumente ergänzt werden:
1. Mahnwesen:
Die Verbesserung des Mahnwesens führt zwar meist sogar kurzfristig zu mehr Liquidität. Langfristig muss allerdings das Mahnwesen systematisiert werden. Offene Rechnungen sind laufend zu überwachen und bei Zielüberschreitung zügig anzumahnen. Säumige Kunden sind am besten telefonisch an offene Posten zu erinnern. Dabei lassen sich auch die Gründe für die Nichtzahlung oder den Abzug erfragen. Die Erfahrung zeigt, dass bei mangelfreien Leistungen der Kunde wesentlich leichter zur schnellen Zahlung zu bewegen ist, als wenn eine unpersönliche Zahlungserinnerung per Post ins Haus flattert. Bei zahlungsunwilligen bzw. zahlungsunfähigen Schuldnern sind jedoch alle rechtlichen Möglichkeiten des Forderungsmanagements auszuschöpfen.
2. Umwandlung von Kontokorrent in Darlehen:
Wer die Liquidität seines Unternehmens sichern will, muss auch auf die richtige Finanzierung achten. Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang die „Goldene Bankregel“. Sie besagt, dass Investitionen des Anlagevermögens (z. B. Gebäude, Maschinen, Fahrzeuge) durch langfristiges Kapital (Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital) zu finanzieren sind. Das bedeutet: Das Anlagevermögen darf nie über einen Kontokorrentkredit finanziert werden. Wenn der Kontokorrentkredit für Investitionen in Anspruch genommen wird, bleibt kein Spielraum, um unerwartete Zahlungsverzögerungen oder -ausfälle ausgleichen zu können. Dauerhaft in Anspruch genommene Kontokorrentkredite sind sowohl aus Kosten- als auch aus Liquiditätsgründen immer in mittel- oder langfristige Darlehen umzuwandeln.
3. Reduzierung der Lagerdauer:
Unter der Lagerdauer versteht man den Zeitraum der Bindung der Werkstoffe an das Lager. Je größer die Zeitspanne zwischen Materialeingang und Materialabgang ist, umso höher sind der durchschnittliche Lagerbestand und die Lagerkosten. Als Mittel zur Senkung der Kapitalbindungsdauer sind deshalb die Just-in-time Lieferungen der Werkstoffe auf die Baustelle und die Vereinbarung von großzügigen Zahlungszielen zu nennen.
4. Leasing:
Leasing ist die etablierteste alternative Finanzierungsform. Neben steuerlichen Aspekten bietet das Leasing erhebliche Liquiditätsvorteile. Allerdings ist Leasing kein Ersatz für eine dauerhaft niedrige Eigenkapitalquote. Im Handwerk bietet sich das Leasing insbesondere bei der Finanzierung von Fahrzeugen und Maschinen an.
5. Nutzen von Investitionen prüfen:
Dass Investitionen einen erheblichen Einfluss auf die Liquidität haben, ist unbestritten. Leider wird dieser Aspekt im Handwerk zu wenig beachtet. Dort, wo Investitionen in hohem Maße Kapital langfristig binden und kaum Rationalisierungseffekte haben, sind besonders strenge Maßstäbe an die Notwendigkeit anzulegen. Mancher Handwerksbetrieb hat sich durch den Bau eines neuen Betriebsgebäudes oder eines teuren, aber kaum ausgelasteten Maschinenparks für lange Zeit jeden Spielraum genommen.
6. Stärkung des Eigenkapitals:
Der Betriebsvergleich für das Malerhandwerk in den alten Bundesländern zeigt zwar seit 2002 eine Trendumkehr bei der Eigenkapitalentwicklung. In den meisten Betrieben ist jedoch die Eigenkapitalbasis noch sehr dünn. Je höher die Eigenkapitalquote eines Unternehmens ist, umso weniger anfällig ist dieses in Krisenzeiten. Allgemein wird empfohlen, dass der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital wenigstens 20 Prozent betragen sollte.


 

Eberhard Schilling, Akademie für Betriebsmanagement und Meisterschule in Stuttgart
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