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Grünes Leuchten

Farbe & Inspiration
Grünes Leuchten

Getarnt oder akzentuiert? Im südfranzösischen Mouans-Sartoux lockt ein grün lasierter Neubau zur konkreten Kunst.

Armin Scharf

Es ist ein ganz besonderer Ort, der hier seit 1990 entsteht. Auf einem Hügel über dem Städtchen Mouans-Sartoux im Hinterland der Côte d’Azur haben sich die beiden Sammler Gottfried Honegger und Sibyl Albers niedergelassen, um einen so genannten Espace de l’Art Concret zu schaffen, also einen Raum für die konkrete Kunst. Dieser Raum besteht aus einem Park mit mehreren Gebäuden, im Zentrum das mächtige Schloss aus dem 16. Jahrhundert mit seinem ungewöhnlichen, dreieckigen Grundriss. Inzwischen gesellte sich ein pädagogisches Atelier, ein Kinderhaus und schließlich der neue, grün leuchtende Museumsturm hinzu.
Fünfgeschossig ragt der schlichte Betonkubus am Hang empor, 28 Meter reckt er sich dem Licht Südfrankreichs entgegen, mächtig von unten betrachtet, klein vom Niveau des Schlosses aus gesehen. Formal ist das Gebäude autonom, spricht eine völlig andere Sprache als das Schloss – und respektiert es mit seiner geringeren Traufhöhe dennoch.
Man betritt das Gebäude auf halber Höhe, also im dritten Geschoss, von wo aus sich die Ausstellungsräume als Split-Level-Ebenen nach oben und unten schrauben. Diese um jeweils ein halbes Geschoss versetzte Ebenen schaffen ein ganz besonderes Raumerlebnis, eine bewegte Abfolge der Säle. Genau genommen sind es aber gar keine Säle, sondern große Zimmer mit geschosshohen Durchgängen und großen Fenstern. Gerade die Integration des Tageslichts und die Ausblicke geben dem Museum einen eigenen Charakter. Hier wird die Kunst nicht in einem neutralen, stets gleich erscheinenden Raum überhöht, sondern unterliegt dem Wechselspiel der Außenverhältnisse. Licht, Schatten, Witterung und Vegetation modulieren die Innenräume mit. Die Räume nehmen sich selbst stark zurück, grauer Boden, weiße Wände und Decken sowie einfache Leuchtstoffröhren rücken die Exponate in den Mittelpunkt.
Auf jeder Ebene docken auskragende Kuben an den eigentlich quadratischen Grundriss an. Mit diesen von den Architekten liebevoll „Rucksäcke“ genannten Raumadditionen beantwortete man die Bedarfsänderungen der Sammler – und formte daraus ein charakteristisches Erscheinungsbild. So wurde aus dem klaren Kubus ein Bau mit Überraschungen, mit plötzlichen Raumerweiterungen im Inneren und ungewöhnlichen Ausstülpungen an der Fassade.
Überraschend gibt sich auch die Farbigkeit, bestehend aus einem Gelbgrün, das einerseits die vorhandene Vegetation aufnimmt, sich jedoch gleichzeitig durch die sichtlich künstliche Nuancierung von ihr absetzt. Das irritiert zunächst, weil es auf Unentschlossenheit hindeutet. Doch der Effekt ist gewollt, als Ambivalenz aus Anpassen und Absetzen, als Parallele zur Kunst, die stets Sehgewohnheiten auf die Probe stellt.
Dass die Farbwahl keineswegs beliebig ist, zeigt die Fixierung des Grüns: Über 20 Muster wurden vor Ort angelegt, begutachtet und bewertet. Umgesetzt wurde die Farbigkeit mit Silikatlasur (Keim Concretal), ohne Spachtelung der innengedämmten Betonschale. Auf den per Rolle applizierten weißen Grundanstrich folgte der zweimalige Lasurauftrag mit der Bürste. Schalungsstruktur, Fugen und Einschlüsse im Beton haben sich so sichtbar erhalten, die Flächigkeit löst sich bei Nahsicht in eine sehr differenzierte Oberfläche auf, die ihren Kern nicht negiert. Und: Je nach Licht, nach Standpunkt und Jahreszeit erscheint der Turm immer wieder anders – das macht ihn letztlich so sympathisch.
Bauherr: Ville de Mouans-Sartoux Architekten: Gigon/Guyer Architekten, Zürich (Projektleiter Gilles Dafflon) Ausführung Anstrich: Sarl Bonafos, Juans-les-Pins Kosten: 3,5 Millionen Euro Ausführung: 2001–2003 www.crdp.ac-nice.fr/ www.crdp.ac-nice.fr/
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