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Salutogenese - Gesund dank Farbdesign

Salutogenese
Gesund dank Farbdesign

Bereits seit Jahrzehnten ist bekannt, dass Farbe, Design und Architektur bei der Heilung von Patienten unterstützend wirken können. In Australien entstanden zwei Krankenhäuser, die nach Prinzipien gestaltet wurden, die die Genesung und das Wohlbefinden der Patienten fördern.

Autorin: Carmen Franke | Fotos: Dianna Snape Photographie

Das 2019 in Melbourne eröffnete Joan Kirner Women’s and Children’s Hospital und das 2020 fertiggestellte Royal Hobart Hospital in Tasmaniens Hauptstadt Hobart gehören zu einer neuen Generation von Krankenhausprojekten in Australien. Das Besondere an diesen Häusern: Die Konzepte beider Gebäude des Architekturbüros Lyons Architecture aus Melbourne folgen der Lehre der Salutogenese.

Salutogenese: Umfeld beeinflusst Gesundheit

Die Salutogenese dient dazu, den Menschen die nötigen Ressourcen und Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, sich an der Gesundheit und nicht an der Krankheit zu orientieren. Der Soziologe Aaron Antonovsky entwickelte die Theorie, dass die Fähigkeit eines Menschen, mit Stress umzugehen, zu einem großen Teil von der Qualität seiner Umgebung abhänge.

Der Mediziner, Architekt und Gründer der International Academy for Design and Health Alan Dilani erklärt, dass es bei der Gestaltung von Räumen – von Pflegeeinrichtungen über Schulen bis hin zu öffentlichen Räumen – notwendig sei, darauf zu achten, dass sie regenerierend, gemütlich und erholsam wirken und so das Gehirn anregen, den Stress und die Belastungen des Alltags zu bewältigen. Dilani entwickelte die Theorie des salutogenen Designansatzes. Nach seinen Vorstellungen gehören zu einem gesundheitsfördernden Krankenhausgebäude ein lichtdurchfluteter Eingangsbereich, Grünflächen, Wasserelemente, Orientierungshilfen durch Farben, in den Boden eingelassene Wegweiser, aber auch Kunst.

Aus der Perspektive des Patienten

Corbett Lyon, Direktor und Mitbegründer des australischen Architekturbüros Lyons sowie Gastprofessor für Design und Professor an der Universität von Melbourne, ist bekannt für sein Engagement für salutogene Prinzipien und die Verbesserung der medizinischen Einrichtungen Australiens, um die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden durch Design zu unterstützen. Lyon gehört derzeit zu einem Forschungsteam, das die Auswirkungen der Gestaltung von Kinderkrankenhäusern auf die Erfahrungen von Patienten, Eltern und Personal untersucht. Auch die Gestaltungen des Joan Kirner Women’s and Children’s Hospital und des Royal Hobart Hospital sollen dazu beitragen, Stress und Ängste der Patienten zu verringern und so eine angenehme und unterstützende Umgebung für die Patienten, aber auch für das Personal im Gesundheitswesen zu schaffen.

Salutogenese: Einheit mit der Umgebung

Schon von Weitem verrät die farbenfrohe Fassade des Joan Kirner Women’s and Children’s Hospital, das auf die medizinischen Bedürfnisse von Frauen und Kindern ausgerichtet ist, dass es sich um ein besonderes Gebäude handelt. Für die Farbgestaltung fotografierte das Architektenteam von Lyons Architecture die Umgebung, um die Farben einzufangen, die die Töne der Fassade bestimmen sollten. Die oberen grünen Ebenen spiegeln die Gärten der Region wider, während weiter unten ein Orangeton verwendet wurde, um die Ziegeldächer des Vororts darzustellen. Grautöne, Blau und Weiß schließen das Gebäude oben ab und nehmen Bezug auf den australischen Himmel und die Wolkenlandschaft. Die Farben der Fassade spiegeln die Farben von Stadt und Natur wider. Sie wurden allerdings abgemildert und gedämpft, um den Patienten und ihren Familien eine einladende und ruhige Ankunft zu ermöglichen. Um diese Wirkung zu erzielen, entschieden sich die Architekten für die Concretal-Lasur von Keimfarben in 16 verschiedenen Farbtönen. „Das mineralische Produkt passt perfekt zum Betonmaterial der Fassade und ist in der Lage, halbtransparente Oberflächen herzustellen, um einen Aquarell-Effekt auf den Fassadenflächen zu erzielen“, erklärt Lyon.

Bezug zur Geschichte

Auch die Fassade des hochmodernen städtischen Gemeinschaftskrankenhauses Royal Hobart Hospital in Tasmanien ist mit der Umgebung verwoben. Lyon erläutert: „Nicht nur die Farben nehmen Bezug auf die umliegende Landschaft, sondern auch die verwendeten Materialien Granit, Sandstein, Schwarzholz und tasmanische Eiche stammen aus der lokalen Umgebung. Die quadratischen und H-förmigen Fenster sowie die Fassade sind von dem Rajah Quilt inspiriert, einem dekorativen, bestickten Textilstück, das 1841 von weiblichen Sträflingen während ihrer Überfahrt von Großbritannien nach Tasmanien auf dem Sträflingsschiff Rajah Great Britain hergestellt wurde.“ 3.000 Quadratmeter Wandfläche strichen die Verarbeiter hier ebenfalls mit der Concretal-Lasur von Keimfarben. „Hier allerdings in nur einem Farbton, in einem extrem tiefen Schwarz. Grund für die Wahl dieser mineralischen Lasur war die besondere UV-Stabilität und Lichtechtheit“, erklärt Ralf Eckl, Export Sales Manager bei Keimfarben.

Licht, Natur und gedämpfte Farben

Von außen wirken beide Gebäude durch ihren Bezug zur Umgebung einladend und fast familiär. Die Räume im Joan Kirner Women’s and Children’s Hospital wurden im Sinne der Salutogenese geplant und gestaltet: „Dazu gehörten gedeckte Farbtöne, natürliche Materialien wie Holz, viel natürliches Licht und verschiedene, aus der Natur abgeleitete geometrische Formen“, erklärt Lyon. Auch die Farben der Krankenhauseinrichtung wurden von den Farben der Natur abgeleitet, die wiederum in weichen und gedämpften Tönen dargestellt sind. Das Architekturbüro hat außerdem die Aussicht auf die Natur im gesamten Krankenhaus maximiert, kühle Grüntöne in die Spezialstation integriert, um eine beruhigende Umgebung zu schaffen und Orientierung zu geben. Darüber hinaus bieten Kunstwerke, wie Skulpturen im Eingangsbereich der Warteräume, Kindern und ihren Familien einen visuellen Anreiz. „Ein wesentlicher Bestandteil unseres Entwurfs war die Maximierung des Komforts in den Entbindungszimmern“, berichtet Lyon. „Große Fenster lassen natürliches Licht und einen beruhigenden Blick auf die Natur herein, während die Räume mit beweglichen Möbeln ausgestattet sind, sodass sie an die Bedürfnisse der Mutter angepasst werden können.“

Eine immer wiederkehrende Form im Joan Kirner Hospital ist der Kreis: Er ist im gesamten Innenbereich zu finden, am Boden und an den Türen bis hin zu den Seerosenblättern, auf denen die Kinder sitzen können. Die Kreise dienen auch als Orientierung, die es Patienten und Besuchern ermöglicht, sich besser zurechtzufinden, indem sie die Punkte in Verbindung mit den Farbcodes der einzelnen Stockwerke bringen. Im Außenbereich können sich Mitarbeiter, Patienten und Besucher das ganze Jahr über zurückziehen. Spielbereiche beschäftigen die Kinder und machen den oft einschüchternden Ort Krankenhaus zugänglicher und freundlicher.

Privatsphäre auch für Jugendliche

Auch im Royal Hobart Hospital legten die Architekten einen besonderen Fokus auf die Frauen- und Kinderstation. „Wir haben die Entbindungsräume so gestaltet, dass sie weniger an typische Krankenhäuser erinnern, um den Patientinnen ein entspanntes und privates Ambiente zu bieten“, erklärt Corbett Lyon. Außerdem werden Jugendliche auf einer eigenen Station untergebracht, was den patientenorientierten Ansatz verdeutlicht. Denn generell wird diese Altersgruppe oft vernachlässigt: Entweder wird sie auf der Kinderstation behandelt oder zu den Erwachsenen verlegt. Im Royal Hobart Hospital tragen eine stationäre Schule, ein Freizeitraum, zwei geschützte Räume, in denen die Jugendlichen individuell betreut werden, und ein eigener Zugang in den Außenbereich dazu bei, den Heilungsprozess zu fördern.

Zu den weiteren Details im Royal Hobart Hospital, die das Wohlbefinden von Mitarbeitern des Gesundheitswesens, Patienten und Besuchern gleichermaßen verbessern, zählen auch aufmunternde Farben, mehr natürliches Licht und Ausblicke auf die schöne Landschaft von Hobart. Auch ausgewählte Kunstwerke, der Zugang zum Dachgarten und interaktive Technologien schaffen hier positive Ablenkung und verringern so die Ängste der Patienten. Durchdachtes Design findet sich auch im Detail, wie z. B. in den mehrfarbigen Deckenleuchten in der Lobby der Kinderstation, die die Aurora Australis, die Südlichter, nachahmen und bereits auf das Thema der Kinderstation „Reise in die Antarktis“ hinweisen.


PraxisPlus

Bautafel:

  • Architekturbüro: Lyons Architecture, Melbourne, www.lyonsarch.com.au
  • Eingesetztes Produkt an der Fassade: Keim Concretal-Lasur in 16 verschiedenen Farbtönen
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