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Zurück in die Zukunft

Farbe & Inspiration
Zurück in die Zukunft

Das Ende der Opulenz: Die Möbelhersteller setzen 2007 auf ein Revival der Sixties. Farblich zählt Lila zu den Favoriten, auch Gold wird neu entdeckt. Ein Rundgang durch die Kölner Möbelmesse.

Andrea Eschbach

Gestern noch waren Schnörkel gefragt: Glamour, Glitzer und neobarocke Üppigkeit beherrschten das Bild auf den Möbelmessen in Mailand, Paris und Köln. Mittlerweile jedoch sind noch mehr Blumen, noch mehr Muster und noch mehr Ornamente auf Polstern, Tischen und Sesseln kaum mehr möglich. Und so verwundert es kaum, dass beim Mobiliar die Zeichen auf Tapetenwechsel stehen.
Barock adieu
Auf den ersten Blick erscheint es unmöglich, das Stil-Chaos der aktuellen Wohnlandschaft sinnvoll zu ordnen. Zum Glück gibt es die imm cologne, wie die Kölner Möbelmesse offiziell heißt. Die jedenfalls will eine „Orientierungshilfe im Dschungel der Einrichtungsstile“ sein. Hierzu hat man ein Trendteam aus sechs international renommierten Designexperten etabliert – und die sagen Dinge wie der Schwede Eero Koivisto, nämlich: „Barock ist out“. Ein Rundgang durch die Messehallen gab ihm recht: Designer und Hersteller setzten statt auf Schnörkel und blumige Musterpracht wieder vermehrt auf Abstraktion. Beim italienischen Unternehmen Moroso, einem der Vorreiter der floralen Möbelblüte, kündeten kantige Entwürfe von einem neuen Geist. Die Hocker, Tisch und Stühle der Serie „Bent“ von Stefan Diez und Christophe de la Fontaine erinnern an Kartonmöbel, sind jedoch aus einem einzigen Blech gebogen.
Rückkehr der Sechziger
Auch andernorts ebbt die Neo-Barockwelle ab: Viele Möbelhersteller spielen derzeit lieber mit dem „Sixties-Feeling“, mit runden, organischen Formen und abstrakten Mustern. Die Leute sehnen sich offenbar nach dem Lebensstil der 60er Jahre, erklärt Dirk-Uwe Klaas, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie (VDM). Verweise auf die Vergangenheit sind allerorten zu sehen: Der Retro-Look feiert nun die wilden sechziger und siebziger Jahre. 35 Jahre nach dem Debüt legt der italienische Möbelhersteller B&B Italia Mario Bellinis Sitzklassiker „Le Bambole“ neu auf. Die komfortablen Kultobjekte kommen nun weicher und in leicht veränderten Proportionen daher – bezogen mit weicher Baumwolle, Wildleder oder demselben Stoff, aus dem Armani Jeans fertigt. Zanotta präsentierte den knallfarbenen, lackglänzenden Sessel „Karelia“, eine Wiederauflage des Klassikers von Liisi Beckmann aus dem Jahre 1966.
Gold oder Lila
Gold – die Farbe der Sixties – blitzte gleich an mehreren Messeständen auf. Ligne Roset zeigte den Sessel „Moël“ der französischen Jungdesignerin Inga Sempé: Er umfängt den Benutzer wie ein Kokon, die fächerartige Rückenschale und die abgesteppte Polsterung von Sitzfläche und Rückenlehne vermitteln Behaglichkeit. Der Bezug des Möbels ist auch in gold gefärbtem Stierleder erhältlich. Und der italienische Hersteller Bonaldo präsentiert eine Variante des Couchtisches „Planet“ von Gino Carollo in schimmerndem Gold. Die glamouröse Farbe setzt – zusammen mit Silber – einen Akzent in der Palette der Naturtöne und Schwarzweiß-Kontraste, die sonst die Messe beherrschten.
Farblich zählt in diesem Jahr wohl auch Lila zu den absoluten Favoriten. Didier Gomez entwarf für Ligne Roset das Sofa „Malhoun“ in einem dunklen Aubergine-Ton: Charakteristisch an dem bodennahen Entwurf sind die abgesteppten Rückenlehnen – ein Detail, das auch andere Hersteller zeigten.
In einem satten Brombeer-Ton präsentierte sich auch das Aufsehen erregendste Möbel der Messe. Studio Vertijet interpretierte mit „Lava“ für den Polstermöbelhersteller COR die Sitzlandschaft neu – der amorphe Entwurf lädt zum formidablen Ausstrecken ein. Dafür sorgen variable Elemente und Auflieger, die sich in drei Höhenniveaus anordnen lassen sowie ein ebenso einfacher wie genialer Kunstgriff: Die beiden Designer Kirsten Hoppert und Steffen Kroll erklären kurzerhand den Boden selbst zum Teil des Möbels und bedecken ihn mit gepolsterten Matten. Die gewagte Spielwiese verkörpert die Stilrichtung „New Hybris“, die nach Meinung des Kölner Trendboards unser Wohnen künftig prägen soll. Neue Mischformen und Kreuzungen laufen unter dieser Bezeichnung, die einem veränderten Lebensgefühl Rechnung tragen will.
Abkehr vom Ramsch
„Multifunktionale Möbel sind einer der Haupttrends“, erklärt Dirk-Uwe Klaas. Einrichtungsgegenstände und Technik verschmelzen zusehends: Heute passt sich der TV-Bildschirm flach und unauffällig der Wand an, die Stereoanlage verschwindet im Sofa. Kurz: Möbel werden zu Multifunktionsträgern.
Rund 500 Euro ließen sich die Deutschen die Verschönerung ihres Heimes im vergangenen Jahr kosten, davon alleine 370 Euro für Möbel. Rückbesinnung auf Qualität, hochwertige Materialien und solide Verarbeitung ist dabei für die Auswahl entscheidender als ein niedriger Preis.
Wertigkeit wird 2007 groß geschrieben. So herrschen edle Hölzer wie dunkle Eiche, Zebrano und Palisander vor. Auffällig ist die Zunahme des Anteils an heimischen Obsthölzern – allen voran die Kirsche mit ihren zarten, rötlichen Mustern.
Neben Ölen, Wachsen, Beizen und Lasuren sind zur Oberflächengestaltung Lacke sehr beliebt. Hier zeichnet sich auch eine Zunahme des Hochglanzanteils ab. Bei den Bezügen laufen derzeit Leder und so genannte Strukturstoffe, die zum Beispiel an grobe Wolle erinnern, den lange Zeit vorherrschenden Mikrofasern den Rang ab. „Auch das ist wie in den sechziger Jahren und erinnert ein bisschen an das, was Oma zu Hause hatte“, erklärt Ursula Geismann vom VDM.

kompakt

Gold, Lila und Silber
Die Rückkehr der Sechziger und Siebziger bringt nicht nur runde, organische Formen, knallige Farben und abstrakte Muster mit sich. Auch die Wände schmücken häufig Tapeten im Retro-Design – großformatige und von der Popart inspirierte Dessins tauchen auf. Oft wird die Tapete als Schmuckelement eingesetzt, also nur eine einzelne Wand tapeziert, während die restlichen Flächen dezenter daherkommen.
Auch die Trendfarben 2007 Gold, Lila und Silber verlangen nach weniger Dramatik an der Wand, können jedoch durchaus selbst als Akzent eingesetzt werden: Metallic-Lacke mit einer Palette zwischen Silber und Grau schaffen eine futuristische Wohnzimmeratmosphäre. Auch der Trend Salon-Chic hält sich weiterhin – hierzu passen Wände in dezenten Grautönen.
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