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Erhalt von historisch wichtigen Gebäuden

Denkmalschutz
Erhalt von historisch wichtigen Gebäuden

Dass historische Gebäude erhalten werden sollen, ist heute fast selbstverständlich. Doch ist die Rekonstruktion oder die Konservierung der richtige Weg? Eine Frage, die Restauratoren und Denkmalpfleger immer wieder beschäftigt.
 
Marc Nagel
 
Was Karl Friedrich Schinkel bereits im frühen 19. Jahrhundert forderte, scheint uns heute häufig als normal: Der Schutz und die Pflege von Bauten. Dabei ist auch in unserer heutigen Zeit der Erhalt von historisch wichtigen Gebäuden keine Selbstverständlichkeit, wie etwa der Teilabriss des Stuttgarter Hauptbahnhofs zeigt. Wenn man sich jedoch entschließt, ein Baudenkmal zu erhalten, dann stellt sich in den meisten Fällen eine Frage: Soll der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden oder will man den vorgefundenen Zustand konservieren und so auch die Geschichte eines Gebäudes oder eines Bauteils aufzeigen? Zur Wahl steht also die Rekonstruktion oder die Konservierung. Doch was ist der Unterschied? Die Rekonstruktion ist eng mit dem Renovieren oder Sanieren verbunden. Denn bei der Rekonstruktion ist es immer das Ziel, den ursprünglichen Zustand eines Gebäudes oder eines Bauteils wiederherzustellen. Dies kann nach einer teilweisen oder kompletten Zerstörung ebenso geschehen wie nach negativen Umwelteinflüssen auf ein Bauwerk. Die Konservierung dagegen hat ein anderes Ziel. Hier soll der vorgefundene Zustand festgehalten, eben konserviert werden. Das Ziel ist es, möglichst authentisch zu zeigen, wie sich ein Gebäude oder ein Teil eines Gebäudes über die Jahre und Jahrzehnte verändert und gewandelt hat. Diese Maßnahme wird häufig dann relevant, wenn eine Fassade oder einzelne Bauteile so bewahrt werden, dass ihre über die Jahre entstandene Patina erhalten wird. Meist beginnt die Konservierung natürlich mit der Restaurierung, die anders als die Renovierung nicht das Vorgefundene durch Neues ergänzt, sondern das Vorhandene auffrischt.
Wie geht man vor?
Doch nicht nur in der Grundhaltung unterscheiden sich die beiden Herangehensweisen, auch im Einsatz der Methoden zur Bearbeitung von Bauteilen oder Fassaden gibt es Differenzen. „Historische Handwerkstechniken wie Marmorieren oder Maserieren, wie sie viele Restauratoren im Handwerk einsetzen“, erklärt Volker Schaible, Präsident des Bundesverbands der Restauratoren und Dozent an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, „sind bei der Rekonstruktion und der Renovierung sehr wichtig und sinnvoll. Sie haben jedoch streng genommen mit den Begriffen Konservierung und Restaurierung wenig zu tun“. Denn hier, so Volker Schaible weiter, würde nicht etwa historische Substanz erhalten, also konserviert, sondern man versuche mit alten Handwerkstechniken, zum Teil auch mit neuen Materialien wie Bindemitteln, Pigmenten oder ähnlichem, Verlorenes nach dem Vorbild des Erhaltenen wieder-herzustellen. Weil die Unterschiede so entscheidend sind und die Herangehensweisen so verschieden, sei es laut Schaible auch wichtig, dass Handwerker und insbesondere Maler gut im Bereich der Denkmalpflege ausgebildet seien. „Die praktische Umsetzung der Ziele des Denkmalschutzes an den Denkmälern selbst liegt in den meisten Fällen in den Händen von Handwerkern“, erklärt denn auch Eckard Zur-heide in seinem Aufsatz „25 Jahre Restauratorenausbildung“ und fährt fort: „Hierbei handelt es sich um ein weites Aufgabengebiet, dem die heutige Handwerkerausbildung kaum nennenswert Rechnung trägt, ganz zu schweigen von der besonderen Herausforderung des restauratorischen Denkens und Handelns.“ Aus diesem Grund bieten Weiterbildungsstätten wie die Akademie Schloss Raesfeld e.V., die Propstei Johannesberg gGmbH, Fulda, oder verschiedene andere Hochschulen Kurse und Zusatzausbildungen an, um sich das Denken sowie die historischen und aktuellen Techniken anzueignen, um als Restaurator, Restaurator im Handwerk oder spezialisierter Handwerker in der Denkmalpflege tätig sein zu können. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Berufsbezeichnung Restaurator in Deutschland leider nicht geschützt ist, weshalb der Nachweis zusätzlicher Qualifikationen unumgänglich wird.
Fortbildung ist wichtig
Die Handwerker, die sich auf den Weg zu einem qualifizierten Fachmann für Baudenkmäler machen, stehen dann vor neuen Herausforderungen. Eckard Zurheide meint dazu in seinem Aufsatz: „Vor dem Hintergrund ihres Handwerksberufes kommen die Seminarteilnehmer neugierig und mit den unterschiedlichsten Erwartungen zu den Kursen und Seminaren und müssen bald erfahren, dass „Handwerkliche Denkmalpflege“ leider nicht die einfache Problemlösung anzubieten hat.“ Die Teilnehmer, so Zurheide, erführen im Gegenteil, wie traditionelle Techniken zur Schadensbehebung und moderne Restaurierungs- oder auch Konservierungsmethoden in jedem Einzelfall neu überlegt und angewandt werden müssten. Dabei sei es wichtig, dass die Handwerker lernten, die Einzigartigkeit jedes Denkmals zu würdigen, seine historische Bedeutung einzuschätzen und als materiellen Bedeutungsträger für die Gegenwart zu begreifen.
Das ist wohl auch einer der Gründe, warum Stefan Kloss (www. stefankloss.de), Restaurator im Malerhandwerk, sagt, dass es eben einen Unterschied gebe zwischen einem renovierenden Maler und einem restaurierenden. „Der renovierende Handwerker geht direkt an die Arbeit. Der Restaurator dagegen wägt viel mehr im Vorfeld ab.“ Den eigentlichen Unterschied schiebt Stefan Kloss aber nach: „Sein Kunde ist nicht nur der zahlende Auftraggeber, sondern ebenso das zu bearbeitende Objekt.“ Aus diesem Grund stelle ein Handwerker, der sich als Restaurator verstehe, auch viele Fragen, untersuche den Bestand mit Blick auf die Erhaltungswürdigkeit und die Erhaltungsfähigkeit und erarbeite Konzepte und Lösungsansätze. Kloss bringt es an einem Beispiel passend auf den Punkt. Er habe letztes Jahr drei Historismusfassaden gestrichen und dabei festgestellt, dass er viel Überzeugungsarbeit beim Kunden leisten musste, damit er die Fassaden so streichen konnte, dass sie in ihrer ursprünglichen Anmutung erhalten wurden und zur Geltung kamen. Denn ihm wäre es darum gegangen, nicht eine schöne neue Optik zu erzeugen, sondern darum, dass Geschichte erfahrbar bleibt und dazu gehörten eben auch Geschichtsspuren und Alterungsprozesse.
Die Materialien, die sowohl bei den historischen Handwerkstechniken innerhalb des Rekonstruierens als auch beim Vorgang des Konservierens eingesetzt werden, bezieht Stefan Kloss wie viele Restauratoren von den Spezialisten Deffner & Johann (www. deffner-johann.de) oder von Kremer Pigmente (www.kremer-pigmente.de). Welches Material man aber auch einsetzt, es bleibt immer eine Frage der Philosophie von Bauherren und Handwerkern, wie man mit der historischer Substanz umgeht. Die Beratung durch den qualifizierten Handwerker spielt dabei eine wichtige und nicht unerhebliche Rolle.
Beispiele aus der Praxis
Welche Ergebnisse dann möglich sind, das zeigen zwei Beispiele aus der Arbeit von Stefan Kloss. Beide Fassaden in Düsseldorf stehen seit 1983 unter Bestandsschutz. Zum einen die Fassade des Hauses Kruppstraße, Baujahr 1912. Hier wurden 1981 alle vorhandenen Zierelemente entfernt und die gesamte Fläche mit einem Unterputz für Riemchen versehen. Ein Nachbar klagte bei der Bauaufsichtsbehörde und die Renovierung musste eingestellt werden. Vor diesem Hintergrund sollte die Fassade gestrichen werden. Da leider nicht genügend Geldmittel zur Verfügung standen, konnte Kloss die entfernten Zierelemente nicht wiederherstellen. Deshalb rekonstruierte er die fehlenden Zierelemente (Schlagläden, Fensterbänke, Profilierungen) farblich. Der Unterputz wurde mit Kaliwasserglas grundiert und mit Dispersionssilikatfarbe zweimal beschichtet.
Ein zweites Beispiel ist eine Fassade auf der Oberbilker Allee, Baujahr 1909. Hier hatte man in den 70er-Jahren die Balkongeländer mit Beton verkleidet, weshalb diese zu schwer wurden und 2010 wegen akuter Einsturzgefahr mit einem Sicherheitsgerüst versehen wurden. Auch hier kam aus Kostengründen keine Wiederherstellung in Frage. Die Balkone wurden daraufhin abgerissen und die Fassade so beigeputzt und gestrichen, dass einerseits die Veränderung sichtbar und so Geschichte ablesbar bleibt, anderseits eine stilvolle Umsetzung erzielt werden konnte. Hier entwarf Stefan Kloss mit einer Sol-Silikatfarbe ein historisierendes Farbkonzept, bei dem es Ziel war, dass die Farben so wirken, als gehörten sie schon immer zum Haus und zur Umgebung. Beide Bilder zeigen, wie mit der passenden Ausbildung und einfachen Mitteln eine überzeugende Wirkung erzielt werden kann.

Praxisplus
Die Weiterbildung zum Restaurator/ -in im Maler- und Lackiererhandwerk kann im Anschluss an die Meister-prüfung absolviert werden. Eine finanzielle Förderung ist über das Meister-BAFöG möglich (www.meister-bafoeg.infoo).
Bildungseinrichtungen:
Berufsförderungswerk e.V. des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg: afiebig@komzet-rdh.de
Propstei Johannesberg, Fulda: info@propstei-johannesberg.de
Görlitzer Fortbildungszentrum für Handwerk und Denkmalpflege: markus. kepstein@denkmalakademie.de
HWK Halle: btz@hwkhalle.de
Zentrum für Restaurierung und Denkmalpflege der HWK Koblenz: frank.sprenger@hwk-koblenz.de
Meisterschule für das Vergolderhandwerk: margarete.hauser@muenchen.de
Handwerkskammer München: www.hwk-muenchen.de
Akademie des Handwerks Schloss Raesfeld: www.akademie-des-handwerks.de
Förderverein für Handwerk und Denkmalpflege Schloss Trebsen: info@schloss-trebsen.de
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