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Bionisches Antifouling

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Bionisches Antifouling

Bionisches Antifouling
Oberflächenstrukturen der Treibsamen von Dypsis rivularis (links) und Acoelorrhaphe wrightii nach zwölfwöchiger Auslagerungszeit in der Nordsee unter dem Rasterelektronenmikroskop. Fotos: Bionik-Innovations-Centrum
Weil Bewuchs Schiffsrümpfe bremst, sucht man nach neuen Methoden gegen das „Biofouling“.

Armin Scharf

Eigentlich ist das Problem so alt wie die Schifffahrt: Pflanzen, Pilze und Tiere nutzen den Unterwasserrumpf als Lebensraum. „Biofouling“ nennen dies die Experten und versuchten dieses natürliche Phänomen in der Vergangenheit durch toxische Beschichtungen in den Griff zu bekommen. Weil die Toxine jedoch ausgeschwemmt wurden, entwickelte sich diese Form der Prävention immer mehr zum Umweltproblem. Auf der anderen Seite führt der Bewuchs zu einer Verschlechterung der Strömungseigenschaften, bremst das Schiff ab und erhöht den Treibstoffbedarf. Angesichts der Klimaproblematik und der steigenden Betriebskosten von Schiffen ist das Antifouling also aktueller denn je.
So suchen Forscher nach giftfreien Alternativen, die das Ökosystem nicht gefährden, gleichzeitig aber einen wirkungsvollen und langlebigen Bewuchsschutz bieten. Einen höchst interessanten, bionischen Ansatz verfolgt das Team um Professor Antonia B. Kesel vom Bionik-Innovations-Centrum der Hochschule Bremen.
Vorbild Treibsamen
Bionik ist eine Querschnittswissenschaft, die Effekte, Funktionen oder Konstruktionen aus der Natur aufgreift, analysiert und in die technische Welt überführt. Der Lotus-Effekt beispielsweise gehört in diese Kategorie. In Bremen suchte man also nach Organismen mit eingebautem Antifouling-Effekt – und fand sie in Form sogenannter Treibsamen. Die gehören zu Pflanzen, die direkt an Stränden oder in der Nähe wachsen und die Meeresströmung als Verbreitungsweg nutzen. Vielen dieser Samen ist gemein, dass sie sich ausgesprochen resistent gegen Bewuchs zeigen. Und wieder einmal scheint in erster Linie die Oberfläche für diese spezifische Eigenschaft verantwortlich zu sein – darauf zumindest deuten die ausführlichen Analysen durch die Forscher hin.
Übertragung auf Lacksysteme
Im nächsten Schritt machen sich die Bremer daran, ihre Erkenntnisse auf eine technisch erzeugte Oberfläche zu transferieren. „Wir versuchen, einen Lack, ein Harz oder eine andere Beschichtung zu entwickeln, die genau diese Oberflächeneigenschaften besitzt“, so die Biologin Katrin Mühlenbruch. „Unsere Oberflächenstrukturen bringen wir in Silicone ein. Welche Lacktypen unsere Projektpartner bei der Entwicklung marktfähiger Produkte nutzen, kann ich nicht sagen.“ Getestet wird primär im Salzwasserbereich, Süßwasserversuche haben ähnliche Ergebnisse gezeigt, wobei „der Bewuchsdruck im Salzwasser höher ist“.
Wann erste bionische Antifouling-Beschichtungen zu haben sind, lässt sich derzeit noch nicht absehen: „Beim Samenprojekt befinden wir uns noch in der Grundlagenforschung und müssen die Funktionsweisen erst noch richtig verstehen.“
Auf die Fassade übertragbar?
Dass das Treibsamen-Projekt auch eine Lösung für die Fassadenveralgung liefert, hält Katrin Mühlenbruch für fraglich. „Im Wasser haben wir es mehr mit Makrofoulern zu tun, an der Fassade aber mit Mikrofoulern: Die haben andere Anforderungen an den Untergrund.“ Und: „Ich denke nicht, dass unsere Oberfläche an Fassaden funktioniert.“

kompakt
Der natürliche Bewuchs von Schiffsrümpfen verschlechtert deren Strömungseigenschaften. Das Bionik-Innovations-Centrum der Hochschule Bremen sucht nach neuen Strategien für nicht-toxische Antifouling-Beschichtungen in der Natur, Vorbild für diese Forschung sind Treibsamen.
 
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