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Gewusst wie

Kunststoffe im Baubereich sind in der Regel so konzipiert, dass sie nicht beschichtet werden müssen. Eigentlich! Die Praxis sieht manchmal anders aus. Der Anteil an Kunststoff im Baubereich nimmt zu und so zählt auch die Beschichtung von Kunststoffuntergründen längst zum Leistungsumfang für Maler- und Lackiererbetriebe.

Markus Lindenbaum, Brillux

Anders als bei einigen Holz- oder Metalluntergründen ist bei vielen Kunststoffoberflächen eine Beschichtung aus Gründen des Sachwertschutzes nicht zwangsläufig nötig. Dennoch muss sich der Maler und Lackierer immer wieder mit der Kunststoffbeschichtung auseinandersetzen. Unter anderem findet er verwitterte Kunststoffe mit matten, vergilbten, ausgebleichten oder kreidenden Oberflächen vor, die eine Beschichtung notwendig machen. Neben der Alterung der Oberfläche durch Witterungseinflüsse, mechanische Beschädigung, Oxidation oder Molekülabbau gibt es noch viele andere Gründe, weshalb Kunststoff beschichtet wird. Beispielsweise soll die Oberfläche veredelt oder deren Beständigkeit erhöht werden. Möglicherweise ist es auch der Auftraggeber, der eine spezielle Farbgestaltung wünscht oder im Zuge einer Renovierung vom Maler eine farbige Neugestaltung verlangt. Da es einige Gründe für eine Beschichtung von Kunststoffoberflächen gibt und – je nach Kunststoffart – eine gewünschte Beschichtung technisch geeignet oder ungeeignet sein kann, ist es gut, wenn der Maler weiß, worauf bei der Beschichtung von Kunststoffbauteilen zu achten ist. Unter anderem im BFS-Merkblatt Nr. 22 „Beschichtungen auf Kunststoff im Hochbau“ findet der Maler die anerkannten Regeln der Technik zu diesem Bereich.
Kunststoffarten
Bei Kunststoffen handelt es sich um polymere, organische Verbindungen. In einer chemischen Verknüpfung (Polymerisation/Polyaddition/Polykondensation) werden diese zu einem Makromolekül (Polymer). Rohstoffe für Kunststoff sind Erdgas und Erdöl sowie zur Erzielung bestimmter Eigenschaften Weichmacher, Pigmente, Füllstoffe und andere spezifische Stoffe. Kunststoffe lassen sich in die drei Hauptgruppen Plastomere (Thermoplaste), Duromere (Duroplaste) und Elastomere (Elaste) aufteilen. Plastomere sind Kunststoffe, die je nach Art geeignete Beschichtungssysteme zulassen können. In diese Gruppe fällt auch der Kunststoff Polyvinylchlorid (Hart-PVC u. Weich-PVC), der einen großen Anteil der am Bau verarbeiteten Kunststoffe in Deutschland stellt. Aus Hart-PVC-Kunststoffen werden unter anderem Verkleidungen, Profile, Dachrinnen sowie Tür- und Fensterrahmen produziert. Auch einige Kunststoffarten der Duromere finden wir häufig als Untergrund im Baubereich vor. Beispielhaft sind hier Melaminharz (MF) beschichtete Oberflächen (Bauplatten, Tür- und Möbeloberflächen) sowie aus glasfaserverstärktem Polyester (UP) hergestellte Verkleidungen, Rohre, Behälter usw. zu nennen. Elastomere besitzen, wie es ihre Bezeichnung vermuten lässt, eine hohe Elastizität, sind also gummielastisch und lassen eine Überarbeitung mit für den Maler üblichen Bautenanstrichen in der Regel nicht zu. Beispiele hierfür sind elastische Dichtungsmassen oder Dichtungsprofile in Türen und Fenstern, die nicht beschichtungsgeeignet sind.
Die unten stehende Tabelle gibt einen Überblick darüber, welche Kunststoffarten im Baubereich Anwendung finden und gemäß BFS-Merkblatt Nr. 22 prinzipiell überstreichbar sind.
Unerwünschte Reaktion
Werden Kunststoffoberflächen beschichtet, kommt es nicht selten zu ungewünschten Reaktionen, so führen beispielsweise Trennmittelrückstände auf Kunststoffoberflächen (z.B. Formtrennmittel wie Silikone oder Wachse) zu mangelnder Haftfähigkeit. Auch die statische Aufladung des Kunststoffes kann ein Hindernis bei der Beschichtung sein. Zu glatte Oberflächen setzen die Adhäsion der Beschichtung herab. Die in Kunststoff enthaltenen Weichmacher können in die Beschichtung wandern und diese beschädigen. Auch der Beschichtungsstoff seinerseits kann unerwünschte Reaktionen verursachen, nämlich dann, wenn in ihm Lösemittel enthalten sind, welche die Kunststoffoberfläche anlösen. Generell gilt, dass als geeignet ausgewiesene Kunststoffe wie Hart-PVC mit entsprechenden Beschichtungssystemen behandelt werden können. Prinzipiell nicht überstreichbar sind beispielsweise ausgewiesene Kunststoffe wie Polyethylen (PE), Polyamid (PA) und Polypropylen (PP).
Erkennung und Prüfung
Manche Kunststoffe sind dank einer aufgebrachten Kennzeichnung in Form der Kurzzeichen wie PVC oder PP leicht zu identifizieren. Schwierig wird es, wenn eine solche Kennzeichnung nicht vorhanden ist, denn mit dem bloßen Auge ist die Kunststoffart in der Regel nicht erkennbar. In diesen Fällen empfiehlt sich eine Nachfrage beim Hersteller, der Montagefirma oder beim Auftraggeber. Als letzte Möglichkeit bleibt nur eine Muster- bzw. Probefläche mit dem vorgesehenen Beschichtungsaufbau anzulegen und auf Eignung zu prüfen. Hand in Hand mit der Erkennung des Kunststoffs geht die Prüfung des zu beschichtenden Untergrundes auf Verschmutzungen, Trennmittel, Verwitterungsprodukte und die Tragfähigkeit alter Beschichtungen. Geben die Prüfung und die Erkennung der Kunststoffart Anlass zu Bedenken, so sind diese in jedem Fall beim Auftraggeber schriftlich geltend zu machen. (VOB Teil B, DIN 1961 § 4 Nr. 3)
Vorbehandlung
Bevor Kunststoffoberflächen beschichtet werden können, muss die Oberfläche vorbehandelt werden. Die Art des Kunststoffs und das Ergebnis der Untergrundprüfung ergeben, welche Vorbehandlung an der Baustelle notwendig ist. Auf für Beschichtungen geeigneten Kunststoffen werden hierbei unter anderem Verschmutzungen sowie Trennmittelrückstände entfernt und die Oberfläche haftverbessernd aufgeraut. Zur Reinigung dieser Flächen werden geruchslose, wasserverdünnbare Universalreiniger nach Herstellerangabe auf Kunststoffoberflächen eingesetzt. Je nach Bauart, Konstruktion oder Oberflächenbeschaffenheit (beispielsweise abgewitterte Kunststoffoberflächen) werden weitere Reinigungsverfahren angewandt. Zum einen ist hier die Reinigung mit für den jeweiligen Kunststoff geeigneten Lösemitteln (z.B. Spiritus), zum anderen ein gründliches Anschleifen als baustellenüblich zu nennen. Da es beim Schleifen von Kunststoffoberflächen elektrostatische Aufladungen geben kann, sollte mit netzmittelhaltigem Wasser nachgereinigt werden. Vorhandene Altbeschichtungen müssen in bewährter Weise, durch z. B. Kratzprobe oder Klebebandtest, auf Trag- und Haftfähigkeit geprüft und entsprechend vorbehandelt werden. Die genannten Maßnahmen sind ein maßgebliches Kriterium für die dauerhafte Haltbarkeit einer Beschichtung auf Kunststoffoberflächen und sind demnach, je nach Objektsituation, individuell zu vereinbaren und gesondert zu vergüten (Besondere Leistungen gemäß VOB Teil C, ATV DIN 18363).
Beschichtung
Zur Verbesserung der Haftfähigkeit muss in der Regel zunächst ein Haftvermittler, d.h. eine Haftbrücke zwischen dem Kunststoff und der als Anstrichstoff dienenden Beschichtung zum Einsatz kommen. Hier zeigen beispielsweise 2K-Epoxidharz-Grundierungen auf Kunststoffarten wie Hart-PVC oder Melaminharz (MF) sehr gute Hafteigenschaften. Bei normaler Wetterbeanspruchung im Außenbereich haben sich aromatenfreie Alkydharzlacke als Zwischen- und Schlussanstrich, beispielsweise auf Fenstern und Türen, gut bewährt. Abgestimmt auf die Nutzungsbedingungen können auf Verkleidungen und Dachrinnen aus geeigneten Plastomer- und Duromerkunststoffen, für normale Wetterbelastungen auch Mischpolymerisatharzlacke im Systemaufbau eingesetzt werden. Im Innenbereich werden, je nach Belastungssituation, auf grundierten Kunststoffoberflächen wie Verkleidungen, Rohren, Tür- und Fensteroberflächen ebenfalls aromatenfreie Alkydharzlacke oder darüber hinaus auch wasserbasierte Beschichtungsaufbauten verwendet. Sofern eine erhöhte mechanische und chemische Widerstandsfähigkeit gefordert ist, haben sich die 2K-PUR-Acryllacke bewährt. Vorhandene tragfähige Altbeschichtungen sollten mit systemkonformen Renovierungsanstrichen versehen werden.
Details vor Ort beachten
Meist liegt der Schlüssel zum Erfolg im Detailwissen um die Untergründe bzw. Bauteile. Handelt es sich bei den zu beschichtenden Kunststoffflächen um weiße, insbesondere maßhaltige Kunststoffbauteile wie Fenster und Außentüren, dürfen – um einen Aufheizeffekt zu vermeiden – nur weiße bzw. hell getönte Farbtöne zum Einsatz kommen. Nicht überstrichen werden dürfen gemäß dem Stand der Technik die Dichtungsprofile sowie elastische Dichtstoffe an Fenstern und Türen. Am Beispiel von Fenstern und Türen, mit ihren scharfkantigen Ecken und Kanten, wird bei näherer Betrachtung schnell deutlich, dass zahlreiche Kunststoffbauteile nicht für eine Beschichtung konstruiert wurden. Kantenflucht von Beschichtungsmaterialien und damit verbundenen Problemen bei der Untergrundabdeckung – besonders bei kontrastreichen Anstrichaufbauten – können eine Folge sein. Besteht hieraus Anlass zur Bedenkenanmeldung, so sollte dies schriftlich angezeigt werden (VOB Teil B, DIN 1961 § 4 Nr. 3).

praxisplus

Für die klassische Vorbehandlung und Beschichtung von Kunststoffoberflächen empfiehlt z.B. Brillux folgende Produkte:
  • Reinigung: Uni-Reiniger 1032
  • Haftvermittlung: 2K-Epoxi-Haftgrund 855
  • Zwischen- und Deckbeschichtung auf Fenstern und Türen im Außenbereich: Impredur Ventilack 822 oder Impredur Hochglanzlack 840
  • Beschichtung von Dachrinnen und Verkleidungen: MP-Dickschicht 229
  • Beschichtung im Innenbereich: Impredur Seidenmattlack 880 bzw. Impredur Hochglanzlack 840 (Alkydharzbasis) oder Lacryl Allgrund 246 und Lacryl-PU Seidenmattlack 270 oder Lacryl-PU Glanzlack 275 (wasserbasierend)
  • bei erhöhter mechanischer und chemischer Widerstandsfähigkeit: 2K-PUR-Acryllacke 5740/5741
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