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Stimmt das Klima?

Bodenbeläge
Stimmt das Klima?

Für die Zuverlässigkeit eingesetzter Verlegewerkstoffe spielt das umgebende Raumklima während und unmittelbar nach der Verarbeitung eine zentrale Rolle.

Uwe Elvert, Henkel Thomsit

Alle Angaben in den Technischen Merkblättern von Grundierungen, Nivelliermassen und Klebstoffen beziehen sich immer auf ein festes, vordefiniertes Standardklima. Denn ausschließlich unter normierten Bedingungen lassen sich die unterschiedlichen Werkstoffe sinnvoll miteinander vergleichen und in ihren physikalischen oder anwendungstechnischen Eigenschaften beschreiben. Doch die Praxis lässt sich nicht standardisieren, sondern ist ungeheuer facettenreich. Zur Orientierung fasst das Merkblatt der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB-Merkblatt) „Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen“ die Verlegebedingungen zusammen. Laut aktuellem Stand der Technik (Juni 2004) heißt es dazu: „4.10 Untergrundtemperatur: Die Untergrundtemperatur soll 15 Grad Celsius (Holzpflaster GE: 12 Grad Celsius) nicht unterschreiten. Bei beheizten Fußbodenkonstruktionen soll sie drei Tage vor der Verlegung und noch sieben Tage danach zwischen 18 und 22 Grad Celsius liegen.“ Und weiter:„4.11 Temperatur- und Luftverhältnisse im Raum: Die Raumtemperatur und die relative Raumluftfeuchte sind mittels geeigneter Messgeräte zu prüfen. Die Raumlufttemperatur soll mindestens 18 Grad Celsius, die relative Raumluftfeuchte nicht mehr als 75 Prozent, vorzugsweise 65 Prozent oder darunter betragen. Niedrige Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeiten verringern die Abbindegeschwindigkeit von Verlegewerkstoffen, sie können im Extremfall ihre Funktionsfähigkeit völlig aufheben. Daher sind die o.g. Bedingungen auch noch nach der Verlegung einzuhalten. Bei ungeeigneten Temperatur- und Luftverhältnissen ist durch rechtzeitiges Aufstellen geeigneter Heizgeräte bzw. Entfeuchter für Abhilfe zu sorgen. Ungeheizte Räume sind im Winter mindestens drei Tage vor Beginn der Verlegearbeiten zu beheizen.“
Dispersionsvorstriche
Je nach Einstellung werden Dispersionsvorstriche auf saugfähigen Untergründen vornehmlich zur Regulierung der Saugfähigkeit eingesetzt. Auf nicht-saugfähigen Untergründen dienen sie dank ihrer filmbildenden Eigenschaften als Haftvermittler. Ungeachtet dieser Zusammenhänge entfalten Dispersionsvorstriche ihre bautechnischen Vorzüge immer erst durch die Abgabe des „Lösemittels“ Wasser an die Raumluft. Bei saugfähigen Untergründen zwar nur zu einem gewissen Prozentsatz, da der mineralische Estrich dem Klebstoff bereits einen Teil des Wassers entzieht. Dennoch kann ein ungünstiges Raumklima auch hier weit reichende Folgen haben.
Bei hoher Luftfeuchtigkeit oder auch niedrigen Raumtemperaturen bleibt der Dispersionsvorstrich relativ lange nass/feucht. Würde in dieser Situation aus Termindruck eine Überspachtelung erfolgen, fände eine Vermischung des noch flüssigen Vorstrichfilms mit dem Anmachwasser der Ausgleichsmasse statt. Dabei würde er von der Untergrundoberfläche regelrecht in die Spachtelmasse eingearbeitet werden. Unter dieser Prämisse würde die Grundierung sofort ihre eigentliche Wirkung verlieren, nämlich die erforderliche Haftvermittlung im Bereich der Kontaktfläche Estrich/Spachtelmasse zu ermöglichen. Insofern wären spätere Abplatzungen nicht mehr auszuschließen. Außerdem wäre gleichzeitig die Reduzierung der Untergrund-saugfähigkeit dahin. Die Ausgleichsmasse verliefe dann deutlich schlechter, da ihr das Anmachwasser entzogen werden würde.
Gerade bei der Spachtelung von Calciumsulfatestrichen mit zementären Ausgleichsmassen wäre der beschriebene Zustand besonders reklamationsträchtig. Immerhin muss der Dispersionsvorstrich unbedingt die Aufgabe der Abschirmung dieses feuchteempfindlichen Estrichtyps gegenüber dem Anmachwasser der Spachtelmasse erfüllen. Andernfalls entwickelt sich zwischen den flüssigen Zementanteilen der Spachtelmasse und dem gipsartigen Untergrund eine schädliche Kristallbildung, die in Abplatzungen resultiert.
Berücksichtigt werden sollten auch alte Klebstoffreste, die vorgestrichen wurden. Gerade besonders lange Einwirkzeiten von Feuchtigkeit auf die alten Werkstoffe sind nicht förderlich, sondern dürften eher ein schlecht kalkulierbares Restrisiko darstellen. Denn wer weiß letztlich exakt, wie viel Feuchtigkeit und wie lange der Altbestand den Einfluss ertragen kann, ohne zu erweichen und ohne Anlöseeffekte?
Gerade bei länger andauernden hohen Luftfeuchtigkeiten muss man auch damit rechnen, dass der Untergrund bereits gesättigt ist. In der Folge wird er das Wasser des Dispersionsvorstrichs somit nur entsprechend langsam aufnehmen können. Das sollte bei der Terminierung der weiteren Fußbodenarbeiten berücksichtigt werden.
Das Gegenteil, sehr niedrige Feuchtegehalte der Raumluft, möglicherweise sogar kombiniert mit hohen Temperaturen, ist meist vorteilhaft, hat aber auch Tücken. Kommt zusätzlich eine besonders starke Saugfähigkeit des Untergrundes hinzu, wird es schwierig, die Saugfähigkeit des Untergrundes zu reduzieren – zumindest nicht mit einem einfachen Auftrag. In solchen Fällen wird es nötig sein, mindestens zwei Vorstrichdurchgänge durchzuführen, damit eine ausreichende Menge Grundierung auf dem Untergrund verbleibt.
Von der Luftfeuchtigkeit und der Raumtemperatur hängt ab, wie schnell bzw. wie langsam das Wasser von der Raumluft aufgenommen wird. Grob gilt dabei folgende Faustformel für alle wasserbasierten Verlegewerkstoffe: Mit steigender Temperatur und sinkender Luftfeuchtigkeit verkürzt sich die Trocknungszeit der Grundierung. Umgekehrte Klimabedingungen führen vor allem auf nicht saugfähigen Untergründen zu entsprechend verlängerten Abweichungen von der Norm.
Lösemittelbasierte Vorstriche
Ähnlich den Dispersionen entwickeln auch lösungsmittelbasierte Vorstriche ihre bautechnischen Leistungsmerkmale durch die Verdunstung des auflösenden Mediums. Selbst bei relativ hoher Luftfeuchtigkeit funktioniert dieses Prinzip noch recht gut. Das ist verständlich, da die Luft nicht weiteres Wasser aufnehmen muss, sondern Lösemitteldämpfe, die sich physikalisch völlig anders verhalten.
Allerdings wird dabei ein Phänomen häufig übersehen. Verdunsten Lösemittel, wird der Umgebung unmittelbar Wärme entzogen. Dies spürt man auch auf der Haut, wenn sie z.B. mit Alkohol eingerieben wird. Die Folge: Die Stelle wird kalt. Bei hoher Luftfeuchtigkeit kann es daher einer mit lösemittelhaltigem Kunstharz-Vorstrich behandelten Fläche passieren, dass sich die direkt über dem Boden befindliche Luftschicht durch die Verdunstung stark abkühlt und sogar der Taupunkt unterschritten wird. In solchen Fällen bildet sich über die gesamte Fläche ein kaum wahrnehmbarer Feuchtigkeitsfilm auf dem Vorstrich aus. Der Effekt: Der Feuchtigkeitsfilm wird in die nun langsam erhärtende Grundierung quasi eingebaut und stört die spätere Anbindung der Spachtelmasse ganz erheblich. Auch dabei kann es zu Abplatzungen kommen.
Reaktionsharz-Vorstriche
Vorstriche auf Basis reaktiver Harze werden immer dann eingesetzt, wenn der Boden hohen Beanspruchungen ausgesetzt sein wird. Sie verfestigen beispielsweise die obere Estrichrandzone, Estrichoberflächen oder dienen als Dampfdiffusionsbremse. Ihre gewünschten Eigenschaften erhalten diese zweikomponentigen Vorstriche aus der chemischen Reaktion von Harz und Härter. Der durch das Vermischen beider Komponenten einsetzende chemische Prozess begrenzt die Verarbeitungszeit. Beeinflusst wird diese zusätzlich durch die vorherrschende Raumtemperatur. Wichtig zu wissen in diesem Zusammenhang ist, dass sich die herstellerseitig angegebenen Verarbeitungszeiten auf Standardtemperaturen von 20 Grad Celsius beziehen.
Höhere Temperaturen verkürzen die zur Verfügung stehende Zeit, da Reaktionsharz-Vorstriche chemisch exotherm reagieren. Das bedeutet: Sie entwickeln während der chemischen Reaktion zusätzlich Wärme und reagieren mit steigender Temperatur immer schneller. Wird die vorgesehene Verarbeitungszeit überschritten, kann der Vorstrich die erwartete Wirkung nicht erzielen. Aus diesem Grund sollten Reaktionsharz-Vorstriche vor allem im Sommer bis zur Verarbeitung kühl gelagert werden.
Berücksichtigt werden sollte auch der beschriebene Taupunkteffekt. Die Wärmeentwicklung der Reaktionsharze kann nämlich zu durchaus erstaunlichen Effekten führen, vor allem, wenn eine Durchlüftung der Räume unterbleibt. Ist die Luftfeuchtigkeit hoch (z.B. 80 Prozent) und liegt die Raumtemperatur bei 15 bis 17 Grad Celsius, dann kann folgender Ablauf eintreten: Das Reaktionsharz auf dem Boden beginnt zu reagieren, es wird Wärme frei. Die kühle, direkt angrenzende Luftschicht über der Grundierung erwärmt sich ebenfalls. Warme Luft kann bekanntlich deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte. Somit wird diese Warmluftlage zusätzliche Feuchtigkeit aus der umgebenden kühleren Luft absorbieren. Im Laufe der weiteren Erhärtung kühlt das Reaktionsharzsystem wieder ab und mit ihr die darüber befindliche Luftschicht. Diese hat aber inzwischen so viel Wasser aufgenommen, dass jetzt – in der Abkühlungsphase – die Kapazität der Luftschicht nicht mehr ausreicht und sich letztendlich ein kaum wahrnehmbarer Feuchtigkeitsfilm auf der Oberfläche der Grundierung einstellt. Diese wirkt wie ein Trennfilm.
Dieses Phänomen führt immer dann zu Problemen, wenn die Reaktionsgrundierung zweilagig aufgetragen wird und die erste – eine in aller Regel unbesandete Schicht – den skizzierten Einflüssen ausgesetzt war. Je nach Menge des Tauwasserausfalls kann es dann sein, dass man später die zweite Schicht von der ersten regelrecht abziehen kann.
Im Winter sind Reaktionsharzgrundierungen so zu temperieren, dass eine normale chemische Reaktion ablaufen kann. Andernfalls wäre ihre Konsistenz zu zäh. Bei Raumluft- und Bodentemperaturen unter 10 Grad Celsius findet meist gar keine chemische Reaktion mehr statt. Dann liegt der Vorstrich wie ein klebriger Film auf dem Untergrund, der sich ähnlich einer Blase auf der Haut abziehen lässt. Auf einem solchen Vorstrichfilm darf keinesfalls gespachtelt oder geklebt werden, da der Film eine klassische Trennschicht zwischen Spachtelmasse und dem Oberbelag bildet, anstatt eine Anbindung an den Untergrund zu schaffen. Hier hilft nur noch heizen.
Dieselben Hinweise gelten auch für Reaktionsharz-Spachtelmassen.
Zement- und Calciumsulfat- spachtelmassen
Spachtelmassen erhärten in der Regel hydraulisch, d.h. sie benötigen für den Abbindeprozess eine vorgegebene, berechnete Wassermenge. Steht diese in der frisch aufgebrachten Masse nicht zur Verfügung, wird die kristalline Aushärtung gestört. Das führt letztlich dazu, dass die Endfestigkeit der Spachtelmasse deutlich reduziert wird.
Über den Daumen „verbraucht“ eine Spachtelmasse übrigens etwa die Hälfte ihres Anmachwassers. Der Rest muss verdunsten, das entspricht bei zwei Millimetern Schichtdicke ungefähr 6 – 6,5 Litern Wasser je Quadratmeter!
Hohe Raumlufttemperaturen, Zugluft oder direkte Sonneneinstrahlung beschleunigen die Verdunstung des Anmachwassers erheblich und können sowohl die Erhärtung als auch die Endfestigkeit der Spachtelmasse stark beeinträchtigen. Im schlimmsten Fall führen diese Einflüsse sogar zu Rissbildungen. Zeigen die verarbeiteten Flächen weiche Zonen oder Schwachstellen oder löst sich die Ausgleichsmasse gar vom Untergrund, spricht man vom „Verbrennen“ der Spachtelmasse.
Chemisch betrachtet ist auch die hydraulische Abbindung eine exotherme Reaktion. Wie die Reaktionsharz-Vorstriche entwickeln Zement- und Calciumsulfatspachtelmassen beim Abbindeprozess Wärme und reagieren mit zunehmender Temperatur immer schneller. Dieser Zusammenhang sollte bei der Verarbeitung unbedingt beachtet werden. Immerhin können zusätzlich hohe Raumluft- sowie auch Materialtemperaturen (Säcke, die sich durch direkte Sonneneinstrahlung aufgeheizt haben) ab etwa 30 Grad Celsius zu erheblichen Störungen des Verlaufs führen.
Im Extremfall kann die Spachtelmasse sogar bereits im Anrührkübel eine solche Festigkeit entwickeln, dass die Verarbeitung unmöglich ist. Daher sollten auch Spachtelmassen kühl gelagert, mit kühlem Wasser angemacht und kühl verarbeitet werden. Idealerweise lassen sich Spachtelmassen zwischen 15 und 25 Grad Celsius Raumtemperatur sowie unter 75 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit verarbeiten.
Wichtig: Bereits erheblich erwärmte Gebinde lassen sich nicht allein durch die Zugabe kalten Wassers auf „Betriebstemperatur“ bringen. Ein Sack Spachtelmasse würde bei einer Temperatur von 30 Grad Celsius und angerührt mit 6,5 Liter kaltem (16 Grad Celsius) Wasser auf nur 27 bis 28 Grad Celsius herunterkühlen. Das hängt mit dem Mengenverhältnis von Pulver zu Wasser zusammen. Schließlich überwiegt die warme Pulvermenge bei weitem.
Fallen die Temperaturen darunter und ist die Luftfeuchtigkeit zeitgleich vergleichsweise hoch, verdunstet das überschüssige Anmachwasser nicht mehr in ausreichendem Maße. Der Abbindevorgang verlangsamt und Sedimentations- und Trennungsprozesse setzen ein. Die schweren Sande sinken innerhalb der Masse ab, die leichten Inhaltsstoffe scheiden sich an der Oberfläche als schmierige, meist weißliche Schicht ab. Eine so erhärtete Spachtelfläche zeigt später Schlierenbildungen in der Oberfläche sowie weiche Zonen.
Eines der tückischsten Phänomene, dem eine Spachtelmasse ausgeliefert ist, ist die so genannte Rückfeuchtung. Darunter versteht der Fachmann das Prinzip, wonach eine bereits trockene und belegreife Spachtelmasse plötzlich wieder feucht wird. Verantwortlich hierfür ist die relative Luftfeuchtigkeit. Gelangt z.B. feuchtere Luft (33 Grad Celsius und 50 Prozent relative Luftfeuchte) ins Gebäudeinnere und kühlt dort ab (z.B. auf 16 Grad Celsius), dann kondensieren mit jedem Kubikmeter Luft ca. sechs Gramm Wasser auf allen Oberflächen im Raum. Somit auch auf den Spachtelmassen. Diese wiederum nehmen das Kondenswasser begierig auf und werden wieder feucht. Dieses Phänomen tritt vornehmlich im Hochsommer auf.
Grundsätzlich kann nur dringlichst empfohlen werden, hinsichtlich der Belegreife von Spachtelmassen auch die Umgebungsbedingungen zu beachten. Hier sind die Angaben der Trocknungszeiten in den technischen Merkblättern der Hersteller nur als Richtwerte zu sehen, da ihnen klimatische Standardbedingungen zugrunde liegen. Vor allem wenn feuchtigkeitsempfindliche Bodenbeläge verlegt werden sollen, ist besondere Umsicht geboten.
Dispersionsklebstoffe
Die Erhärtung von Dispersionsklebern ist kein chemischer Prozess, sondern erfolgt durch physikalisches Trocknen. Mit zunehmendem Entweichen des Dispersionswassers verfilmen die Harz- und Dispersionsteilchen und der Klebstoff zieht sukzessive an. Während dieses Prozesses entweicht das Wasser in erster Linie durch das Ablüften des Klebers, sprich durch das Verdunsten in die Raumluft. Der weitaus geringere Anteil wird von der saugfähigen Spachtelmasse aufgenommen. In welchem Tempo das Wasser verdunstet, hängt wiederum von der Luftfeuchtigkeit und der Raumtemperatur ab.
Daher gilt für alle Dispersionsklebstoffe: Ablüftezeit und offene Zeit sind besonders von der Temperatur, der relativen Luftfeuchtigkeit und der Saugfähigkeit des Untergrundes abhängig. Mit steigender Temperatur und sinkender Luftfeuchtigkeit verkürzen sie sich. Unter umgekehrten Bedingungen und auf nicht saugfähigen Untergründen beanspruchen sie deutlich mehr Zeit. Das kann soweit gehen, dass Dispersionen bei sehr hohen Luftfeuchten – häufig im Sommer festzustellen – auch nach mehreren Stunden nicht ausreichend abgelüftet sind. Bei hohen Raumtemperaturen und/oder niedriger Luftfeuchtigkeit dagegen dürfen Parkett- und Bodenleger immer nur soviel Klebstoff auf die Fläche auftragen, dass die offene Zeit beim Einlegen des Oberbelages keinesfalls unterschritten wird. Nicht umsonst gelten die eingangs zitierten Richtwerte zum Raumklima. Besonders ungünstige Klimabedingungen führen stets zu mehreren Beeinträchtigungen bei der Klebung:
  • die Untergrundsaugfähigkeit ist reduziert (auch bei Spachtelmassen!)
  • der Oberbelag wird gleichermaßen beeinträchtigt und verändert sich in seinen Eigenschaften zum Teil erheblich (z.B.: Kautschukbelag bei sehr niedrigen Temperaturen)
  • die Festigkeitsentwicklung des Klebstoffs ist stark verändert. Ob somit die Veränderungen des Oberbelages in jedem Fall kompensiert werden können, ist fraglich.
Auch die Zahnleiste spielt hier eine nicht unbedeutende Rolle: Grundsätzlich müssen die vom jeweiligen Klebstoffhersteller vorgegebenen Zahnleisten verwendet werden. Werden kleine/feine Zahnungen allerdings bei hohen Temperaturen eingesetzt, werden die Klebstoffriefen angesichts ihres geringen Wasseranteils extrem schnell abbinden. Die Rückseite des Oberbelages würde nicht ausreichend benetzt und der Belag würde sich schnell vom Untergrund lösen.
Werden die raumklimatischen Bedingungen nicht beachtet, kann die nur mäßige Festigkeitsentwicklung des Dispersionsklebers u.a. zu folgenden Mängeln und Schäden führen:
  • ungenügende Arretierung des Oberbelages am Untergrund
  • Blasen- und Beulenbildung
  • Fugen- und Stippnahtbildungen
  • offene Nähte an Textilbelägen
  • ungünstiges Eindruckverhalten des Oberbelages – vor allem bei Punktbelastungen
  • Parkett- und Holzpflasterablösungen sowie Hohlstellen in der Parkettfläche
Diese Hinweise gelten auch für Dispersions-Spachtelmassen.
Reaktionsharzklebstoffe
Analog zu den Reaktionsharz-Vorstrichen wird die chemische Reaktion, die den Klebefilm erzeugt, durch Vermischen der Bestandteile Harz und Härter ausgelöst. Auch bei den Reaktionsharzklebstoffen ist die Verarbeitungszeit begrenzt, da die Festigkeitsentwicklung nach einer bestimmten Zeit endet. Da ihre offene Zeit in der Regel gering ist, müssen diese Kleber rasch verarbeitet werden. Als offene Zeit gilt die Spanne zwischen dem Klebstoffauftrag und dem spätest möglichen Zeitpunkt, zu dem der Bodenbelag noch in das Kleberbett eingelegt werden kann. Auch hier setzt die Temperatur Grenzen: Bei Raumluft- oder Bodentemperaturen unterhalb von 10 Grad Celsius findet meist keine chemische Reaktion mehr statt. Dem Klebstoff fehlt dann das Klima, um eine ausreichende Kraft entwickeln zu können. Stattdessen liegt er als klebriger Film auf dem Untergrund. Eine ausreichend feste Verklebung von Bodenbelägen ist unter solchen Bedingungen keinesfalls möglich.
Auch Reaktionsharzklebstoffe reagieren exotherm. Sie entwickeln im Zuge der chemischen Reaktion zusätzliche Wärme und reagieren mit zunehmenden Temperaturen immer schneller. Bei zu hohen Raumtemperaturen kann diese Eigenschaft dazu führen, dass der Klebstoff bereits stark abgebunden hat, ehe der Oberbelag überhaupt in das Kleberbett eingelegt werden kann. Der Reaktionsharzkleber wäre „zu schnell“. Ein Überschreiten der offenen Zeit würde zu einer zu schwachen Klebung und unter Beanspruchung zu Ablösungen der Oberbeläge führen – begleitet von Beulen- und Blasenbildungen.
Diese Hinweise gelten auch für Reaktionsharz-Spachtelmassen.
Neoprene- und Kunstharzklebstoffe (Lösemittelklebstoffe)
Lösungsmittelbasierte Klebstoffe bilden ihre hochfesten Klebstofffilme durch das Verdunsten des Lösemittels in die Umgebungsluft aus. Verdunstungen dieser Art sind endotherm. Das bedeutet, der frisch aufgetragene Klebstofffilm kühlt sich ab. Wird während dieses Vorgangs der Taupunkt der Luft unterschritten, kondensiert Wasser zu einem feinen Mikrofilm auf der Klebstoffoberfläche. Dieses Wasser verhindert eine wirkungsvolle Klebung, da sich die bei diesem System in der Regel beidseitig aufgetragenen Klebstoffschichten (Kontaktklebung) nicht miteinander verbinden können.
Fazit
Die Prüfung des Raumklimas gehört bekanntermaßen und eigentlich zwingend zu den Prüfpflichten des Boden- oder Parkettlegers. Verlegearbeiten nach gefühltem Raumklima und ohne einen Blick auf das Thermo- oder das Hygrometer bergen dagegen erhebliche Risiken in sich – noch dazu unnötige. Außerdem sollte man eines bedenken: In der Regel lassen sich Auftraggeber nur durch solche Messungen von der Unmöglichkeit der Ausführung von Parkett- und Bodenbelagsarbeiten überzeugen. Schließlich hat sich das Klima der Baustelle im Normalfall längst verändert, bis die Reklamation eintrifft. Die Beweisbarkeit der ungünstigen Bedingungen ist dann nicht mehr möglich, wenn nicht zuvor Bedenken angemeldet worden sind. Übrigens: Die Werkzeughersteller bieten heute erschwingliche, funktionelle Geräte an, die eine schnelle und genaue Messung des Raumklimas ermöglichen.
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