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Ein Hauch von Geschichte

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Ein Hauch von Geschichte

Unter Wahrung des besonderen Charakters wurde der Vierkanthof „Wilde 16“ bei Aachen saniert. Mit dem Solarkonzept 50+ erstrahlt der alte Gutshof inzwischen als modernes Sonnenhaus. Zur Dämmung kamen unter anderem Schaumglasprodukte zum Einsatz. Das restaurierte Altholz in Kombination mit modernen Baustoffen verleiht dem Gebäudekomplex ein einzigartiges Ambiente.

Carina Quast, MM PR/Claudia Lampmann, Gori

Das Gesicht vieler Dörfer im Rheinland prägten im 19. und 20. Jahrhundert Vierkanthöfe, die eng aneinander geschmiegt große Grün- und Ackerlandflächen einrahmten, die von den Landwirten gemeinsam bewirtschaftet wurden. Während ihre Straßenfronten häufig gerade einmal zehn bis zwanzig Meter breit waren, fanden sich hinter dem zentralen Tor zum Hof in der Regel zahlreiche landwirtschaftliche Nutz- und Wohngebäude auf einem Gelände von leicht 50 Meter Tiefe. Als sich mit dem Wandel in der Landwirtschaft diese Höfe nicht mehr rentabel bewirtschaften ließen, wurden viele abgebrochen, manche jedoch auch einer neuen Nutzung zugeführt und oft liebevoll saniert. So geschehen auch in der Aachener Region, wo eine Familie ihre Sympathie für einen alten Vierkanthof mit einer Vision für die vielseitige Nutzung eines zusammenhängenden Gebäudeensembles und einem zukunftsweisenden Energiekonzept verknüpfte.
Vier Jahre dauerten Planung, Entrümpelung und Rückbau der stark beschädigten Gebäude und was blieb, ließ phasenweise die Erinnerung an den alten Vierkanthof verblassen. In einer Bauzeit von zwei Jahren aber entstanden dann unter Verwendung von möglichst viel alter Bausubstanz großzügige Gebäude, die den einst erworbenen Bestand respektvoll bewahren und zeigen, dass aus der baurechtlichen Bestimmung des „Bestandsschutzes“ mitunter wertvolle Inspiration entspringt.
„Erneuerung geschieht von innen heraus“ – genau diese Symbolik verfolgte das Büro fickenscher architektur+ sowohl in der Projektbeschreibung als auch in der anschließenden Sanierung des alten Vierkanthofes. „Das architektonische Konzept sieht vor, den Bestand – wie ruinös er auch immer sein mag – zu wahren und in die Struktur des alten Bauernhofes nicht zu sehr einzugreifen“, so Fickenscher zu Beginn der Arbeiten.
Die Raumeinteilung blieb in vielen Teilen erhalten. Einige Zwischenwände, Bodenaufbauten und Zwischendecken zum Dach wurden entfernt, im Gegenzug wärmegedämmte und feuchte-isolierte Fußbodenaufbauten eingebracht. Um den Charakter der Immobilie zu wahren sowie dem Anspruch auf Nachhaltigkeit gerecht zu werden, standen zum einen das Recycling alter Bausubstanz und Einbindung ebendieser in den Gebäudekomplex auf der Agenda, zum anderen die Verwendung von Naturbaustoffen.
Dämmung und Heizkonzept
Gerade im Bereich der Dämmung setzte der Architekt auf ökologische Baustoffe, um in dem alten Gemäuer ein zeitgemäßes und komfortables Wohnen zu ermöglichen. Nicht nur die ökologische Qualität, auch die technische Wertigkeit spielte bei diesem Immobilienprojekt nach dem Sonnenhauskonzept eine entscheidende Rolle. Das Sonnenhauskonzept sieht eine überwiegende Beheizung des Gebäudes mit Solarthermie vor. Während im Neubaubereich in Deutschland bereits über 1.200 Häuser Sonnenheizungen nach den Kriterien des Sonnenhausinstitutes aufweisen, ist die Anwendung von Saisonwärmespeichern in der Altbausanierung bislang noch selten. Die Bauherrschaft strebte für das alte Bauerngehöft die Umsetzung eines Sonnenhauskonzeptes 50+ an. In Folge wurde auf dem nach Südosten ausgerichteten Scheunendach eine rund 100 Quadratmeter große Solarkollektoranlage installiert. Als Wärmespeicher für die von den Solarkollektoren erzeugte Energie fungiert ein 40.000 Liter fassender Solar-Wasserspeicher. Die untere Zone des Speichers wurde hierzu mit feinkörnigem Schaumglasgranulat des Oberpfälzer Produzenten Glapor gedämmt, um Wärmeverlust im erdberührten Kellerbereich zu vermeiden. Das feine Granulat, im Schaumglaswerk speziell für den Kunden angefertigt, findet sich in dieser Form nicht im Produktportfolio. „Für neue gedankliche Ansätze und ungewöhnliche Lösungen unserer hocheffizienten Schaumglasprodukte sind wir gerne für Sonderanfertigungen bereit“, zeigt sich Glapor-Geschäftsführer Walter Frank offen für Neues. Außerdem kam der Schaumglasschotter aus gleichem Haus großflächig zum Einsatz. Lastabtragend, kapillarbrechend und drainierend fand der hochdruckfeste Wärmedämmstoff unter allen Bodenplatten des Gehöfts Verwendung. Insgesamt wurden – neben fünf Kubikmetern Granulat zur Dämmung des Solarspeichers – rund 70 Kubikmeter des Schaumglasschotters verbaut.
Unterstützt wird das solare Heizsystem durch das Hinzuziehen eines Scheitholzofens und eines moduliert regelbaren Holzpelletkessels zur Abdeckung von Heizlastspitzen. So ausgelegt wird im Jahresmittel eine solare Deckung von über 50 Prozent erreicht. Die Kombination aus Sonnenenergie und dem Brennstoff Holz resultiert in einer CO2-neutralen und regenerativen Beheizung der Gebäude. Respektabel und bisher einzigartig für einen großflächigen Altbau mit fünf Nutzungseinheiten: „Es handelt sich bei dem Projekt um einen der derzeit größten Altbauten mit einem Solarwärmespeicherkonzept dieser Art mit über 50 Prozent solarer Deckung bei der ganzjährigen Beheizung und Warmwasserbereitung“, fasst Fickenscher dieses herausragende Projekt zusammen.
Gemäß der Zielsetzung entstand aus dem ehemaligen Bauernhof ein innovatives Beispiel für die energieeffiziente Sanierung von Altbauten, das eine hohe Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit, nicht nur, sondern auch in energetischer Hinsicht vorweist. Als 100 prozentiges Recyclingprodukt, das nicht verrottet und auch selbst wiederum recycelbar ist, leisten Schotter und Granulat aus Schaumglas einen evidenten ökologischen Beitrag zur – im Umgang mit dem Sanierungsprojekt viel genannten und streng verfolgten – Zielsetzung der Nachhaltigkeit.
Sichtbar bis in den First
Vor allem die historischen Holzkonstruktionen, die in allen Bestandsgebäuden zu finden waren, hatten es der Eigentümerfamilie ebenso wie dem Architekten angetan. So wurde gerettet, was zu retten war, auch wenn das gerade einmal zwanzig Prozent des heutigen Balkenbestands ausmacht, weil viele neue Holzbauteile hinzukamen. Selbst wenn sie heute nicht mehr alle statisch tragend sind – die knorrigen alten Balken halten lebendig, was den besonderen Charme des kleinen Gehöfts ausmacht. Den Auftrag für die Sanierung und Gestaltung der gesamten Holzbauteile im Objekt erhielt das Unternehmen Starmanns aus Aachen. Dessen Spezialisten erkannten schnell: Kein einziger der vorhandenen Balken würde in der Lage sein, ein neues, zeitgemäß ausgeführtes Dach zu tragen. Viele Balken mussten ganz entsorgt und ersetzt, andere konnten durch Stahlteile oder in Verbindung mit neuen Holzteilen ertüchtigt werden. Mit dem in Altbausanierungsfragen erfahrenen Statik-Ingenieurbüro KKK Aachen wurden differenzierte Lösungsvorschläge erarbeitet.
Einige Dachkonstruktionen lagern heute auf Holz- und Stahlstützen, die die geplante zeitgemäße Nutzung des ehemaligen Bauernhauses, eines Früchtehauses sowie einer alten Scheune ermöglichen. Alle neuen Balken ebenso wie das restaurierte Altholz wurden mit einer Lasur gestrichen, die nach den Vorstellungen des Architekten speziell getönt wurde. „Wir haben damals intensiv mit einem Gori Fachberater von PPG diskutiert, wie wir das alte Holz schützen und auffrischen und neue Holzteile zum Bestand hinzufügen können, so dass das Holzwerk als Gesamtbild stimmig bleibt“, erinnert sich der Architekt. „Und ich denke nach wie vor, dass wir ein großartiges Farbkonzept gefunden haben.“ Den Farbton von getrocknetem Holz am Strand für die Zwischendecken und einige Balken erkannte die Bauherrenfamilie als attraktiven Gegenpol zum ansonsten in den Farbtönen Ebenholz und Palisander gestrichenen Tragbalkenwerk.
Gut gewärmt von der Sonne
Ton in Ton passt sich die Lasur in diesem Farbton auch dem warmbeige leuchtenden Lehmputz an, mit dem die Oberfläche des energetischen Herzstücks im Gebäudeensemble gestaltet wurde: Ein riesiger Solartank, dessen 40.000 Liter Wasserinhalt die Energie speichert, die Solarwärmekollektoren auf dem Dach erzeugen.
Die farblich authentische Brücke zwischen altem und neuem Holz schlug die gewählte Lasur, mit der in der Werkstatt von Holzbau Starmanns grundiert und vor Ort vom Team des Aachener Malerbetriebes Gronen zwischen- und endbeschichtet wurde. „Der Sonderfarbton, der von einem Stück abgesplittertem Holz aus dem alten Gebäudebestand abgeleitet wurde und den wir in den Innenräumen ebenso wie an allen Unterseiten der Dachüberstände sehen, bildet einen großartigen und harmonischen Kontrast zu den mit pyritbronzefarbener Brandschutzfarbe gestrichenen Stahlträgern und mattschwarzen Stahl- und Holzstützen, die vielen Räumen eine markante Struktur verleihen“, freut sich Uwe Fickenscher. „Die Verbindung von Alt und Neu als Original unserer Zeit gelingt durch das Bemühen um ein stimmiges und durchgängiges Material- und Farbkonzept, bei dem Kompositionen einmal auf Spannung und dann wieder auf Harmonie setzen.“
Hochwertige Holzlasur
Der hellwarme Farbton der Holzlasur bringe Wohnlichkeit in die Räume und lenkt den Blick auf das hochwertig ausgeführte Holzwerk, urteilt auch Malermeister Thomas Gronen. Sein Team hatte das komplette Holzwerk der neuen Dachkonstruktionen sowie die erhaltenen alten Balken zweifach lasiert. Keine leichte Arbeit, die häufig vom Gerüst aus und auch an schwer zugänglichen Stellen ausgeführt werden musste. „Die gute Konsistenz der tropfgehemmten dünnschichtigen Lasur hat die Arbeit allerdings erleichtert“, erinnert sich Thomas Gronen an das Feedback seiner Mitarbeiter, „und da die Lasur geruchsarm ist, sind auch Arbeiten in geschlossenen Räumen unabhängig von der Jahreszeit ohne nennenswerte Belastungen zu erledigen.“
Für die Sensitiv-Lasur der Marke Gori hatte sich Architekt Uwe Fickenscher stark gemacht, der diese Lasur bereits aus der praktischen Arbeit in einigen seiner Projekte kannte. „Für unsere Auftraggeber spielte die Idee des nachhaltigen Bauens eine zentrale Rolle. Deshalb wurde auch die Entscheidung für die Großsolaranlage und den Wasserspeicher als Basis der Wärmeversorgung getroffen. Langlebige Materialien und hochwertige handwerkliche Verarbeitung wurden beim Bau bevorzugt. So haben wir bei den Handwerkern auch sehr gute Holzqualitäten und eben eine hochwertige Oberflächenbeschichtung nachgefragt. Da der Gori-Fachberater dann zusätzlich eine gute Vor-Ort-Betreuung sichergestellt hat, waren schließlich alle Beteiligten mit dem Holzwerk und dem Ergebnis der Holzbeschichtung sehr zufrieden.“

praxisplus
Für die Renovierung der Holzbauteile im Vierkanthof „Wilde 16“ kamen unter anderem folgende Produkte zum Einsatz:
  • Gori 33 Sensitiv-Lasur für die Be-schichtung der Holzbauteile
  • Schaumglasgranulat von Glapor für die Dämmung des Solarspeichers und Schaumglasschotter unter den Bodenplatten
Weitere Informationen zu den Produkten:
gori.deglapor.de
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