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Serie Farbe und Architektur:: Teil 9 - Farbigkeit von Fachwerkbauten

Serie Farbe und Architektur
Farbigkeit von Fachwerkbauten

Teil 9 der Serie Farbe und Architektur: Die zeitliche Einordnung des Fachwerks dient als Grundlage für die Restaurierung der Fassaden und deren farbiger Fassung.

Autor | Fotos und Skizzen: Klaus Friesch

Fachwerkbauten: Entwickelt aus einfachen frühgeschichtlichen Pfostenbauweisen hat sich der Fachwerkbau vor allem in den waldreichen Regionen Mittel- und Nordeuropas verbreitet. In der Konstruktion spiegelt sich der Grundcharakter des Holzes wider. Die linienförmige Gestalt von Bäumen ergibt eine Skelettkonstruktion aus senkrecht stehenden Ständern, horizontal verlaufenden Schwellen und schräg angebrachten Streben, welche der notwendigen Aussteifung dienen. Alle Holzteile werden als Fachwerk bezeichnet. Die Zwischenräume, Gefache genannt, bestehen bei alten Gebäuden meist aus mit Lehm verputztem Holzgeflecht, später auch aus beidseits verputztem Mauerwerk.

Regionale Unterschiede bei Fachwerkbauten

Konstruktionsmerkmale wie Fügetechniken und Gestaltungsmerkmale wie Schmuckformen und Farben sind regional und zeitlich sehr unterschiedlich und stellen wichtige Details zur groben Altersbestimmung dar. Die zeitliche Einordnung dient meist auch als Grundlage für die Restaurierung der Fachwerkfassaden und deren farbiger Fassung. Die Aufbruchsstimmung der Moderne mit Glas, Stahl und Beton, der Verlust vieler Fachwerkbauten im 2. Weltkrieg und der aus der allgemeinen Not heraus sehr funktionalen Wiederaufbauphase der Nachkriegszeit führten zu einer Geringschätzung dieses Kulturerbes. Fachgerecht gebaut und instand gehalten sind Holzfachwerkkonstruktionen jedoch äußerst langlebige Bauwerke. Die ältesten in Deutschland erhalten und weiterhin genutzten Wohngebäude reichen bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts zurück.

Farbigkeit

Neben dem Erhalt der Form und den authentischen Baumaterialien, von der Gesamterscheinung bis zum Detail stellt sich auch die Frage zu einem angemessenen Umgang mit der Farbigkeit. Beim Zusammenspiel von Hausbesitzern, der Denkmalpflege, Architekten und Handwerkern sind Gestaltungskompetenzen gefragt, zumal auch etliche nicht denkmalgeschützte Bausubstanz vorhanden ist, bei welcher der Maler direkt berät und ausführt. Bei den Grundprinzipien der Farbigkeit von Fachwerkbauten ist auf den Architekten, Denkmalpfleger und Experten für Fachwerkbauten Manfred Gerner hinzuweisen, der sich mit seinem Lebenswerk um den Erhalt von Fachwerkhäusern und deren Wiederbelebung im gesellschaftlichen Bewusstsein verdient gemacht hat. In einer seiner Veröffentlichungen, dem Buch „Farbiges Fachwerk“, hat er fünf übergeordnete Prinzipien der Farbfassung formuliert, die sich sehr gut für die Grundüberlegungen der Farbgebung eignen und für die hier gezeigte Systematik als Vorlage dienen.

1. Trennung von Fachwerk und Gefache: Die Unterschiede der Form aus tragendem Fachwerk und raumabschließender nichttragender Ausfachung zeigt sich auch im Materialunterschied Holz und mineralische Putze. Dieses Prinzip wird durch eine farbige Differenzierung fortgeführt. Dabei ist im Regelfall das Fachwerk gegenüber dem Gefache dunkler gehalten. Die Fachwerkkonstruktion zeichnet sich durch die mit einem Hell-Dunkelkontrast verbundene Fernwirkung deutlich ab. Fachwerk- und Gefachefarben werden am gesamten Bauwerk einheitlich durchgezogen. Ausnahmen finden sich in Norddeutschland in der Gegend des Alten Landes. Hier sind die Gefache meist mit dunkelroten Ziegelsteinen als Sichtmauerwerk gestaltet und das Fachwerk weißlich hell.

2. Randstreifen und Begleiterfarbigkeit: Häufig finden sich direkt am Gefacherand Farbstreifen, die der Fachwerkgeometrie in jedem Gefache konsequent folgen. Die Vortäuschung größerer Holzanteile und ein optischer Ausgleich unpräziser Holzkonstruktionen werden von der Bauforschung als mögliche Gründe für die Ausbildung dieser Besonderheit herangeführt. Zusätzliche, mit dem Malstock freihandgezogene Linien mit Abstand zum Fachwerk werden als Begleiter bezeichnet. Sie sind farblich meist deutlich differenziert und als Schmuckelemente von eher hoher Buntheit. Es finden sich regional die unterschiedlichsten Ausbildungen hinsichtlich Breiten, Abständen, Farbigkeit, Detailausbildung und Kombinationen aus beiden linienförmigen Gestaltungselementen. Am Einzelobjekt ist die Umsetzung meist einheitlich und eine Entscheidung zur Ausführung geht häufig auf Befunde am Bauwerk zurück.

3. Ornamentale Dekorationen: Vereinzelt findet sich als applizierter Farbschmuck die aufwendige ornamentale Dekoration von Gefachefeldern. Als Schmuckelement sind sie an Sichtseiten zu finden und können auch auf einzelne Bereiche wie Giebelfelder begrenzt sein.

4. Flächendeckender egalisierender Anstrich: Als Ausnahme der Regel finden sich auch Ton in Ton Gestaltungen von Fachwerk und Gefache. Diese monochrome Farbfassung egalisiert die Fachwerkformen und die Fassade wirkt aus der Ferne einheitlich. Eine preiswerte Methode, um mittels Farbe gewandelten ästhetischen Vorstellungen gerecht zu werden, wie zum Beispiel im Klassizismus mit dem Zeitgeistwunsch nach klar und regelmäßig gegliederten Putzfassaden.

5. Abdeckung durch andere Materialien: Bautechnisch nicht ganz unproblematische Fugen zwischen Fachwerk und Gefachen führen zum System der Überdeckung der Schwachstellen und damit zu Holzverkleidungen in Form von Bretterschalungen oder Schindeleindeckungen. Brandschutzverordnungen ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts haben das großflächige Verputzen von Fachwerkfassaden zur Folge.

Mit dem Wissen um diese grundsätzlichen Alternativen der Farbfassung kann nun eine individuell am Einzelobjekt und seinem damit verbundenen räumlichen und zeitlichen Kontext angepasste Farbgestaltung entwickelt werden.

Weitere Teile der Serie:
www.malerblatt.de

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