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Blaupausen

Betrieb & Markt
Blaupausen

Blaupausen
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

Kürzlich schrieb Michael Holtkamp im „HS-Report“, was man auch anderwärts immer häufiger liest und hört, dass es nämlich wünschenswert wäre, wenn das Handwerk in unserer Gesellschaft einen höheren Stellenwert hätte. Das ist richtig – und wichtig. „Hätte, hätte, Fahrradkette“, ist man geneigt zu sagen. Bei der Berufswahl toppt der Ruf längst den Rubel.

Breites Ansehen bleibt für uns wohl Wunschdenken. Auch wenn sich inzwischen fast die Hälfte der Abiturienten gegen ein Studium und für eine betriebliche oder schulische Ausbildung entschieden hat, werden davon wohl nur wenige mit dem Malerhandwerk liebäugeln. Für uns kommt erschwerend dazu, dass unser traditionelles Nachwuchspotential zunehmend weniger aus der Hauptschule kommt, weil dieser Schulabschluss inzwischen den steigenden Qualitätsanforderungen so wenig genügt, dass nur noch rund 15 Prozent nach dem Abschluss einen der vielen freien Ausbildungsplätze bekommen. Ob die von Experten angesichts dieser Zahlen jetzt geforderte Ausbildungsgarantie einschließlich zusätzlicher Förderung zu unserer Problemlösung beitragen würde, ist offen. Weil aber in unserem lohnintensiven Beruf Eigengewächse unser eigentliches Eigenkapital sind, müssen wir uns auch selber helfen.

Für Anstöße und Ansätze wie die folgenden braucht es freilich Betriebe, Innungen, Verbände und Kammern als „Anziehungskräfte“.

Anstoß 1

Der hessische Handwerkstag fordert vehement die Einführung eines Schulfachs „Werken und Technik“. Man ahnt gleich die Retouren: Es fehlen die Lehrer. Hier könnten wir kreative Kräfte, aktive und Ruheständler, von denen gerade wir Maler und Lackierer viele haben, anbieten, die gegen Salär oder auch ehrenamtlich einspringen. Dafür gibt es Beispiele. Ich selbst habe jahrelang, wie auch andere Kollegen, als „One-Dollar-Man“ unterrichtet. Es geht also – man muss es halt angehen.

Anstoß 2

In Frankfurts U-Bahn-Stationen verkürzen bekannte Spitzensportler die Wartezeit der Fahrgäste, indem sie an Infoscreens Fitnessübungen für daheim demonstrieren. Dabei kooperiert die Verkehrsgesellschaft mit dem Turnerbund. Sie würde sicher auch spannende Clips über das Handwerk zeigen – hier und anderswo.

Anstoß 3

Viele unserer Betriebe haben, zum Beispiel als Gestalter und in der Denkmalpflege, hochinteressante Schwerpunkte. Mit Berichten in den Medien – vielleicht mit Unterstützung eines bei der Organisation angesiedelten Medienberaters – könnte man ein breites Publikum erreichen. Natürlich gehen solche Maßnahmen nicht eins, zwei, drei. Aber höheres Ansehen ist wichtig, für viele bald überlebenswichtig. Wir dürfen nicht nur davon träumen, sondern müssen dran drehen. Dafür gibt es inzwischen erfolgversprechende Beispiele, die auch im Malerblatt vorgestellt wurden und als Blaupausen dienen können. Und falls auch Sie zum Thema Ansehen eine ansehnliche Idee haben – einfach herschicken. Ich bin gespannt.

Wie gerufen

Die drei Anstöße waren noch nicht durch den Editor, da kam die Tageszeitung wie gerufen mit einem Beispiel: In einem illustrierten Artikel wurde über Hans Moosbrugger berichtet, der mit seiner Firma „Hembus“ historische Tapeten in Siebdrucktechnik herstellt und damit europaweit die Rekonstruktionen historischer Räume möglich macht. Die kreativen Arbeitsprozesse und der Einsatz der einzigartigen Siebdruckmaschine des Flugzeugpioniers Messerschmitt sind so spannend, dass die Medien auch im Anschluss an Renovierungen immer wieder berichten und häufig auch Schulklassen die Malerwerkstätten besuchen. Wir haben in unserem Beruf viele Vorreiter und Vorbilder. Wir müssen sie nur vorzeigen.

Azubis aus dem Ausland

Azubis aus dem Ausland – Thüringen will’s probieren. Wirtschaftsminister Tiefensee vermisst bei den vielfältigen Maßnahmen von Organisationen und dem Staat den Effekt. Deshalb will der Freistaat jungen Menschen ab 18 aus Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit, die einen bei uns anerkannten Schulabschluss haben, unsere hervorragenden Ausbildungsmöglichkeiten offerieren. Dazu wurde die „German Professional School“ gegründet, die ab September die ersten 300 Plätze anbietet. Dort werden die Teilnehmer auf die deutsche Ausbildung und die Arbeitswelt vorbereitet, lernen Alltags- und berufsbezogenes Deutsch und werden auch politisch und kulturell gebildet. Ziel: Nach einem Jahr ein Ausbildungsvertrag. Die Professional School könnte bundesweit Schule machen.

Brief und Siegel

Feierlich, aber auch medienwirksam, war die diesjährige Meisterfeier der Kammer Rhein-Main. Selbst die überregionalen Zeitungen berichteten ausführlich und zitierten mehrfach den Hinweis der Präsidentin, dass die Meisterprüfung längst einem Bachelor-Abschluss gleichwertig ist und ein Studium auch ohne Abitur ermöglicht. Die Veranstaltung war aber auch anspruchsvoll „verpackt“: Sie fand in der Alten Oper, Frankfurts festlichstem Haus, statt, und die Festrede hielt der Präsident der Goethe-Universität. Auch Redner und Rahmen bringen Renommee. Darauf Brief und Siegel.

Mal ins Blaue gedacht

Den Blauen Brief über unsere Gefährdung durch den Nachwuchsmangel haben wir schon lange gekriegt. Aber als kreativer Beruf mit den vielen vergleichsweise kleinen Betrieben haben wir auch viele kleine, aber feine Möglichkeiten, zu höherem Ansehen beizutragen, indem wir Blaupausen kopieren -und uns neue ausdenken.

Vielleicht könnte man – mal ins Blaue gedacht – zum Beispiel in den Landesverbänden eine „Blaue Stunde“ installieren, in der regelmäßig Maßnahmen der Innungen vorgestellt und mit der Frage „Was habt ihr gemacht -und was hat’s gebracht?“ verknüpft werden. Und die Entwicklung neuer übertragbarer Ideen könnten dort vielleicht Kolleginnen und Kollegen, die auch Methoden der Ideenfindung und Problemlösung beherrschen, moderieren. Auch die gibt es bei uns. So könnte in kurzer Zeit ein Baukasten mit vielen Maßnahmen entstehen, Blaupausen für auf- vor allem aber „ansehenerregende“ Aktionen, samt aller erforderlichen Materialien, auf die Betriebe und Innungen zugreifen können. Wie gesagt: Ins Blaue gedacht – aber keineswegs blauäugig. Oder?


PraxisPlus

Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

werner@schledt.de


Eigengewächse sind unser eigentliches Eigenkapital

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