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Teil 8: Projektüberwachung und Projektauswertung

Erfolgsfaktoren im Malerhandwerk
Teil 8: Projektüberwachung und Projektauswertung

Angenommen, Sie haben einen Auftrag über die Renovierung einer Fassade im Gesamtwert von 22.000 Euro erhalten. Ihre kalkulierten Kosten betragen 20.000 Euro, so dass theoretisch ein Gewinn von 10 Prozent entstehen sollte. Ob dieser Gewinn auch tatsächlich erreicht wird, kann aber erst nach Auftragsabschluss definitiv festgestellt werden.
Um die Risiken bei mittleren und größeren Aufträgen zu minimieren, müssen diese kostenmäßig überwacht werden, um schon während der Ausführung bei Planabweichungen Maßnahmen ergreifen zu können. Deshalb ist eine auftragsbezogene Baustellenübersicht erforderlich, welche die wichtigsten Daten eines Auftrages enthält und mindestens wöchentlich aktualisiert werden muss (s. Tabelle).
Baustellenübersicht
Die Baustellenübersicht enthält für jede Kalenderwoche die geleisteten und kumulierten Arbeitsstunden, aus denen dann der geplante Gesamtumsatz (Soll-Umsatz) durch Multiplikation mit dem Sollumsatz je Stunde ermittelt wird. Weil gerade bei größeren Baustellen häufig Zusatzaufträge und Rapportarbeiten anfallen, sind diese in einer eigenen Spalte wertmäßig zu erfassen und zur bisher erbrachten Leistung hinzuzurechnen. Beim Auftrag 007/07 sind beispielsweise Zusatzaufträge im Umfang von 10 Stunden angefallen (10 Std. zu 40,00 Euro/Stunde + 100 Euro Material), so dass sich die Gesamtstundenzahl (Stundenvorgabe neu) entsprechend erhöht. Massenmehrungen führen ebenso wie Massenminderungen oder der Wegfall von Leistungen zu einer Anpassung der Stundenvorgabe.
Eine Über- oder Unterdeckung entsteht durch die Abweichung zwischen Soll-Umsatz und der Summe der tatsächlich erbrachten Leistungen. Um bei größeren Aufträgen schon während der Auftragsausführung Maßnahmen bei Planabweichungen einleiten zu können, bedarf es regelmäßiger Leistungskontrollen. Das Grundproblem besteht darin, verlässliche Ist-Werte über die geleisteten Arbeiten zu gewinnen. In der Praxis gibt es hierzu verschiedene Möglichkeiten. Wöchentliche oder sogar tägliche Stundenmeldungen sind im Malerhandwerk zwar meist vorhanden, genügen aber in diesem Falle allein nicht. Für Steuerungs- und Kontrollzwecke haben sich Leistungsmeldungen mit Massenschätzungen oder besser mit konkretem (steigendem) Aufmaß der fertigen Arbeiten als am zweckmäßigsten und genauesten erwiesen. Der Baustellenleiter erstellt diese mindestens wöchentlich. Die gewonnenen Leistungswerte bilden auch die Grundlage für Abschlagszahlungen.
Nachtragsmanagement
Nicht selten bestehen während der Ausführung von Bauleistungen Differenzen über die Art und den Umfang der geschuldeten Leistungen. Zudem sind gerade Bauaufträge dadurch gekennzeichnet, dass sich gewollte und ungewollte Vertragsänderungen ergeben. Neben den damit verbundenen Schwierigkeiten bieten diese Situationen auch die Chance, Änderungen in der Vergütung zu erzielen. Häufig gehen dem Unternehmer aber berechtigte Ansprüche verloren, weil seine Mitarbeiter entweder nicht über ausreichende rechtliche Kenntnisse verfügen oder einfach aus Bequemlichkeit den richtigen Zeitpunkt für Nachträge verstreichen lassen.
Ursachen für Nachtragsforderungen:
  • Änderung im Bauentwurf oder andere Anordnungen des Auftraggebers (§ 2 Nr. 5 VOB/B) Es muss sich die Preisgrundlage für die vertragliche Leistung ändern, z.B. statt Raufasertapete will der Auftraggeber ein Glasgewebe. Ein Vergütungsanspruch besteht, wenn der Auftragnehmer diesen vor Ausführungsbeginn (am besten schriftlich) geltend gemacht und der Auftraggeber nicht widersprochen oder ihm zugestimmt hat.
  • Zusätzliche Leistung (§ 2 Nr. 6 VOB/B) Es handelt sich um eine notwendige oder in unmittelbarer Abhängigkeit zur vereinbarten Leistung stehende Zusatzleistung, die keine Nebenleistung ist (z. B. notwendige zusätzliche Grundierung). Eine zusätzliche vergütungspflichtige Leistung kann sich auch aufgrund von Bedenken nach § 4 Nr. 3 VOB/B ergeben.
  • Neuer (Zusatz)auftrag Der Zusatzauftrag steht nicht in direktem Zusammenhang zur vereinbarten Leistung (z. B. zusätzlich zur Fassade sollen nun auch die Fenster gestrichen werden). Ein neuer, von der bisherigen Preisermittlung unabhängiger Preis muss vereinbart werden.
  • Erbrachte Leistung ohne Auftrag (§ 2 Nr. 8 VOB/B) War die Leistung zur Erfüllung des Vertrages notwendig, besteht ein Vergütungsanspruch, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprach und ihm unverzüglich (also mit dem Beginn der Ausführung) – am besten schrift-lich – angezeigt wurde.
  • Behinderung oder Unterbrechung (§ 6 Nr. 1 und Nr. 6 VOB/B) Die Behinderung oder Unterbrechung muss vom Auftraggeber verschuldet sein. Für die Behinderungsanzeige ist die Schriftform zwingend. Fristverlängerung und Schadensersatzanspruch des nachgewiesenen Schadens bei unverzüglicher Anzeige.
Abschlagszahlungen
Abschlagszahlungen spielen in der Baupraxis eine ganz erhebliche Rolle. Nach § 16 VOB/B besteht ein Anspruch auf Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich der entsprechend ausgewiesenen Umsatzsteuer. Die Leistungen sind durch eine prüfbare Aufstellung nachzuweisen. Abschlagszahlungen werden binnen 18 Werktagen nach Zugang der Aufstellung fällig. Insbesondere bei Objekten mit einem Abwicklungszeitraum von mehreren Wochen ist es unabdingbar, kontinuierlich Abschlagsrechnungen zu stellen.
Neben der Kosten- und Finanzkontrolle sind auch die Termine zu überwachen. Terminplanungen und deren Überwachung sind eine Grundvoraussetzung für die Planung des Personaleinsatzes. Bei größeren Bauvorhaben empfiehlt sich der Einsatz von Balkendiagrammen. Dort werden im Rahmen der Arbeitsvorbereitung Beginn, Dauer und Ende der Leistung eingetragen. Planabweichungen können so frühzeitig festgestellt und durch entsprechende Maßnahmen korrigiert werden.
Nachkalkulation
Nach Abschluss eines Auftrages ist unbedingt eine Nachkalkulation durchzuführen. Für eine aussagefähige Kontrollrechnung benötigt man insbesondere die abgerechneten Leistungen, die geleisteten Arbeitsstunden und den Materialverbrauch je Objekt bzw. Auftrag. Im Einzelfall sind diese Daten durch Sondereinzelkosten und Fremdrechnungen für Nachunternehmerleistungen zu ergänzen. Grundsätzlich gilt: Je differenziertere Informationen von Nachkalkulationen erwartet werden, umso detailliertere Zeit- und Mengenerfassungen sind notwendig. Nachkalkulationen setzen die Kenntnis des betriebsindividuellen Gemeinkostensatzes voraus. Angenommene Werte führen normalerweise zu völlig unzureichenden Ergebnissen. Es ist daher dringend zu raten, zumindest den lohnabhängigen Gemeinkostensatz auf Vollkostenbasis zu ermitteln, weil sonst alle Berechnungen der Nachkalkulation (und Vorkalkulation) zu unrealistischen Werten führen.


Eberhard Schilling, Akademie für Betriebsmanagement und Meisterschule in Stuttgart

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