Bereits das letzte Mal hatte ich mich über Stuttgart 21 ausgelassen. Und was da noch ein lokales Thema war, darüber wird nun in ganz Deutschland gesprochen und gestritten. Manchmal auch auf der Basis falscher, von Ideologen beider Seiten in Umlauf gesetzter Fakten. Aber es ist ein Thema, dieses Stuttgart 21. Doch warum eigentlich? Erklärungsansätze hierfür gibt es viele. Was mich dabei am meisten fasziniert: Der Protest hat gar nicht so viel mit dem eigentlichen Projekt zu tun. Ob ein Bahnhof als Durchgangsstation oder als Kopfbahnhof existiert, ob Züge oben oder unten in ihn einfahren, sind nur Randthemen einer viel größeren Sache. Die Menschen fühlen sich nicht mehr verstanden. Der Zeit-Autor Thomas Assheuer hat es so erklärt: Ein neuer Bahnhof in Stuttgart und eine neue Schnellbahntrasse nach Ulm bringen tatsächlich kürzere Fahrzeiten. Doch vielleicht wollen die Menschen gar nicht immer noch schneller von A nach B – zumindest nicht um jeden Preis.
Die Demonstranten mögen primär gegen Stuttgart 21 demonstrieren. Eigentlich aber lehnen sie sich dagegen auf, dass man ihre Ängste und Nöte, aber auch ihre Wünsche und Hoffnungen nicht mehr ernst nimmt. Und deshalb sollten sich die Politiker fragen, ob sie gewählt wurden, damit sie alles durchziehen, was faktisch Sinn macht, was emotional aber nicht überzeugt? Sie sollten sich fragen, ob es nicht an der Zeit ist, mal wieder auf den kleinen Wähler zu hören, statt auf die Interessen weniger, die genügend Lobby-Arbeit betreiben? Vielleicht fehlen dann ein paar Millionen Spendengelder, aber die Wahrscheinlichkeit von entgegengebrachtem Vertrauen und einer Wiederwahl steigt dafür.
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