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Geldreserve

Betrieb & Markt
Geldreserve

Ausreichend „flüssige Mittel“ für die auftragsärmere Winterzeit sichern.

Thomas Scheld

„Im Winter haben die Maler Zeit.“ Diese Aussage hört man häufig, wenn man mit Branchenvertretern spricht. Und irgendwie kann man dem auch zustimmen, denn in einem normalen Winter sorgen schon allein die Temperaturen dafür, dass Aufträge im Außenbereich nahezu vollständig wegfallen. Das war eigentlich schon immer so. Aber das wird für viele Betriebe zunehmend zum Problem. Warum? Weil immer weniger Malerbetriebe über die notwendige Liquiditätsreserve verfügen, um die auftragsärmere Zeit zu überstehen.
Liquidität
Unter Liquidität versteht man die Fähigkeit eines Unternehmens, seinen Zahlungsverpflichtungen zu jeder Zeit nachzukommen.
Die Löhne der Mitarbeiter, die Sozialversicherungsbeiträge, die Rechnungen der Lieferanten, die laufenden Aufwendungen des Betriebs, die Versicherungen – das alles und noch viel mehr muss termingerecht beglichen werden. Und nicht zu vergessen: Der Unternehmer braucht auch Geld für sich selbst, denn auch seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familie muss er bestreiten. Das alles setzt voraus, dass zum Zahlungstermin genügend Geld „in der Kasse ist“. Damit das der Fall ist, müssen die Zahlungseingänge des Unternehmens größer oder zumindest gleich den Zahlungsausgängen sein. Fehlende Liquidität ist damit zunächst eine Folge von nicht parallel laufenden Zahlungsvorgängen und, etwas tiefer gehend betrachtet, eine langfristige Folge von Ertragsschwäche.
Vorfinanzierung
Betrachten wir zunächst die Zahlungseingänge und -ausgänge. Typischerweise werden Baustellen von Malerbetrieben vorfinanziert. Nachdem der Auftrag vom Kunden erteilt wurde, wird das Material für die Arbeit beim Lieferanten bestellt und von diesem auf die Baustelle geliefert. Dann wird mit den Arbeiten begonnen.
Leider ist es in vielen Betrieben unüblich, Zahlungsvereinbarungen mit dem Kunden, beispielsweise über eine erste Teilrechnung nach Materiallieferung, zu treffen. Schlimmer noch, die Arbeiten werden ausgeführt und erst zum Schluss wird aufgemessen und abgerechnet, d.h. auch auf Zwischenabrechnungen wird verzichtet. Und selbst fertige Baustellen werden oft nur schleppend abgerechnet – „wir sind mit neuen laufenden Baustellen einfach zu eingespannt“, so oder so ähnlich wird dann argumentiert, statt die erbrachte Leistung abzurechnen.
Ertragsschwäche
So kann man denken, wenn das, was der Betrieb aufwenden muss, um die verzögerte Abrechnung zu finanzieren, im zugrunde liegenden Auftrag eingerechnet ist. Aber leider ist das heute im Malerhandwerk aufgrund des allgemeinen Preisniveaus vielfach nicht mehr der Fall.
Betrachtet man eine Vielzahl von Aufträgen, so stellt man immer wieder fest, dass ungefähr die Hälfte der Aufträge eines durchschnittlichen Malerbetriebs geradeso kostendeckend abgewickelt werden. Der Rest verteilt sich auf Gewinn- und Verlustaufträge. Und genau hier liegt das Problem: Wenn ein Betrieb über Jahre hinweg es zwar immer schafft, geradeso die Kosten zu decken, aber keine Reserven aufbaut, dann kann ein Auftragseinbruch schnell zu einer ernsten Unternehmenskrise werden – besonders, wenn es keine Liquiditätsreserve gibt.
Liquiditätsreserve
Liquiditätsprobleme sind in vielen Fällen hausgemachte Probleme. In guten Zeiten hat der Unternehmer sich zu wenig um die Organisation des Unternehmens gekümmert und genau dies wird dann in schwierigem Fahrwasser zu einem großen Problem. Ist genug Geld auf dem Konto, dann spielt es (wenn man den Zinsverlust außen vor lässt) keine Rolle, ob der Kunde seine Rechnung eine Woche früher oder später bezahlt. Wenn allerdings die Zahlungen an Finanzamt und Sozialversicherungen anstehen, das Bankkonto aber bis zum vereinbarten Kontokorrent ausgereizt ist, dann entscheidet der Zeitpunkt der Kundenzahlung womöglich über den Fortbestand des Unternehmens. Deshalb gilt es, gewisse Grundregeln zu beachten:
  • Lieferanten gewähren oft bessere Einkaufspreise bei größeren Abnahmemengen. Aber größere Abnahmemengen und die Einlagerung im eigenen Lager binden oft enorm Kapital. Besser sind Jahresvereinbarungen, die außerdem die Preisanfrage für jedes einzelne Objekt überflüssig machen. Dahinter steht natürlich gleichzeitig die Bündelung der Lieferanten. Der Malerbetrieb hat nicht mehr zehn Materiallieferanten, sondern nur zwei oder drei. Das Unternehmen bekommt günstige Einkaufspreise und der Unternehmer spart Zeit.
  • Materiallieferungen sollten nach Baufortschritt erfolgen. Das sorgt für besseren Überblick und durch die gestückelte Abrechnung wird weniger Kapital gebunden.
  • Um sowohl dem Betrieb als auch dem Kunden eine finanzielle Sicherheit bei der Ausführung des Auftrags zu geben, sollten bereits bei Auftragsannahme Zahlungen zu festen Zahlungsterminen (Zahlungsplan) vereinbart werden.
  • Treten bei der Ausführung der Arbeiten Änderungen zutage, die weitere Kosten verursachen (Nachträge), so muss der Auftraggeber kurzfristig über die Kosten informiert werden. Solange das Material noch nicht an der Wand ist, können Qualitäten reduziert werden, ist die Arbeit erst ausgeführt, werden Preise reduziert.
  • Ist kein Zahlungsplan vereinbart, sollte bei VOB-Verträgen die Möglichkeit von Abschlagszahlungen genutzt werden.
  • Laufende Baustellen müssen projektbegleitend dokumentiert und zügig abgerechnet werden.
  • Ist eine Baustelle fertig gestellt, sollte ein Abnahmetermin stattfinden über den ein Protokoll gefertigt wird. So wird sichergestellt, dass es nach der Rechnungsstellung nicht zu Zahlungsverzögerungen durch kleine Mängel kommt.
  • Offene Rechnungen sollten permanent überwacht und zügig gemahnt werden. Hierbei gilt: Lieber den persönlichen Kontakt zum säumigen Zahler suchen als unpersönlich schriftlich mahnen.
  • Um etwaige Forderungsausfälle abzumildern sollte der Abschluss einer Ausfallversicherung geprüft werden.
Konsequenz
Besonders wichtig ist es, diese Grundsätze im Unternehmen immer einzuhalten. Leider beobachtet man in der Praxis immer wieder Betriebe, die sich zwar grundsätzlich an die selbst definierten Regeln halten, aber im Einzelfall dann davon abweichen. Gründe dafür werden immer gefunden. Ein Unternehmer beispielsweise hielt einen Großauftrag für derart lukrativ, dass er weder eine Diskussion über den fehlenden Zahlungsplan führte, noch prüfte, ob die bestehende Forderungsausfallversicherung auch Aufträge von Bauträgern erfasste. Leider fiel die Zahlung des Bauträgers wegen Insolvenz aus und die Ausfallversicherung erklärte sich für unzuständig. Die Insolvenz des Malerbetriebs war die Folge.
Liquidität planen
Zahlungseingänge, Zahlungsausgänge und Überschuss – das alles sollte geplant werden, damit der Unternehmer frühzeitig gegensteuern kann. In der Praxis des Malerbetriebs empfiehlt sich eine Vorausschau auf mindestens 90 Tage. Hierbei sollten, ausgehend vom aktuellen Geldbestand (Kontostand), alle zu erwartenden Geldeingänge und Geldausgänge gegenübergestellt werden. Wichtig ist, neben den durch die aktuellen Aufträge entstehenden Einnahmen und Ausgaben, auch alle periodischen Zahlungsvorgänge (z.B. Mieten, Versicherungen, usw.) zu erfassen. Natürlich sollte berücksichtigt werden, dass Kunden ihre Rechnungen unter Umständen etwas später zahlen und dass bei Lieferantenrechnungen ein Skontoabzug möglichst in Ansatz gebracht wird. Eine Liquiditätsplanung ist eine Zeitpunktbetrachtung, die regelmäßig – mindestens wöchentlich – wiederholt werden sollte. Es kommt nicht darauf an, alles bis auf den letzten Euro zu planen, sondern eher ein Liquiditätspolster einzubauen. Die Vorschau zeigt, wann es eng wird und dann ist der frühzeitige Gang zur Hausbank angezeigt, den hier gilt „Geld kommt zu Geld“, d.h. so lange einer noch etwas hat, hat er gute Chancen noch etwas zu bekommen.
Auftragsbestand
Erfolgreiche Aufträge schaffen Liquidität. Deshalb sollte der Unternehmer jederzeit einen Überblick über seinen aktuellen Auftragsbestand haben. Eine solche Bestandsübersicht erfasst alle laufenden Aufträge mit ihrer Auftragssumme und stellt die getätigte und abgerechnete Ausführung gegenüber. Im Ergebnis sieht der Unternehmer wie hoch sein aktueller Auftragsbestand (=noch auszuführen) ist und wie weit dieser in die Zukunft reicht. Wer so frühzeitig erkennt, dass seine Liquiditätsreserve für die Winterzeit nicht ausreicht, der kann schon im Spätsommer vermehrt Aufträge akquirieren (siehe Malerblatt 8/2005, Beitrag „Jetzt Winteraufträge sichern“) und so einen Auftragsvorrat anlegen.
Kontakt: Thomas Scheld, c/o C.A.T.S.-Soft GmbH Eigenroder Straße 1 35075 Gladenbach Tel.: (06462) 9374–0 Fax: (06462) 9374–30 scheld@cats-soft.de www.cats-soft.de.
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