„Unternehmensnachfolge“ hieß das Seminar. Es war in der Handwerkskammer, Seminarraum 104. Die Lage war ernst, es war keine Übung. Elf Leute waren da, ich inklusive. Der Referent, der das ganze Seminar abhielt, ein Rechtsanwalt, der aussah, als ob er keiner wäre (man hat ja so seine Vorurteile), war ziemlich nervös. „Unternehmensnachfolge, meine Damen und Herren, das ist das A und O im Handwerk.“ Aha? Na gut. Wir nickten in kollektiver Übereinstimmung mit ernster Miene. Uns allen war klar, der Mann, der aussah wie kein Rechtsanwalt, hatte uns etwas mitzuteilen. „Hineinwachsen“ müsse der Junior in den Betrieb.
Und „abnabeln“ müsse sich der Papa, abnabeln vom Betrieb. Aha? Wow! Das war neu, da wäre ich so gar nicht drauf gekommen. Mein Nachbar schlief. Ich hob die Hand und bat um’s Wort. „Herr Rechtsanwalt, ich hab da mal eine Frage. Wenn meine beiden Kiddis, die heute 18 sind, wenn die etwa in einem Jahrzehnt erstens den elterlichen Betrieb übernehmen sollen und zweitens keinen Bock dazu haben – was mach ich denn da?“ Der Anwalt lächelte statisch und schaute akademisch. „Tja, mein Herr, da haben wir es mit einem Motivationsproblem zu tun. Dies ist aber ein juristisches Seminar. Verstehen Sie?“ Ach ja? Ich verstand. Da wäre ich so gar nicht drauf gekommen. Dann ist ja alles in Ordnung. Mal schauen, wann dann das für mich passende Motivationsseminar kommt.
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