Startseite » Betrieb & Markt »

Neues Jahr – neue Ideen

Betrieb & Markt
Neues Jahr – neue Ideen

Neues Jahr – neue Ideen
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

Hier gleich die erste: Im HR-Fernsehen, aber auch bei anderen Sendern, sponsern Unternehmen nachfolgende Sendungen, in Hessen zum Beispiel den täglichen Wetterbericht unmittelbar vor der Tagesschau. „Die folgende Sendung wird Ihnen präsentiert von …“ heißt es, und hinterher: Diese Sendung wurde Ihnen präsentiert von …“ Jetzt gab es statt der bekannten Müsli- oder Versicherungswerbung erstmals eine neue für ein Freiluft-Musical im Sommer, so farbenprächtig, dass ich spontan dachte, sowas müssten wir auch machen: An vielen Abenden zur besten Sendezeit mit hohen Einschaltquoten in Intervallen was für unser Image und die Nachwuchswerbung tun. „Die folgende Sendung wird Ihnen von der Nationalmannschaft des Maler- und Lackiererhandwerks präsentiert“, könnte es zum Beispiel heißen und unser Team vor einer denkmalpflegerisch gestalteten Fassade, einem begeisternden Hingucker also, vorzustellen. Musikalisch untermalt mit unserer Meisterschaftshymne. (Kein Problem, falls es die noch nicht gibt: Junge Studierende der Musikhochschule komponieren sie gerne). Und zu „Diese Sendung wurde Ihnen präsentiert …“ sehe ich dann junge Fahrzeuglackierer, die das rote Finish eines Ferrari spritzen. So könnten wir vor Millionen, darunter sicher auch viele Eltern, die ja die Vorentscheider für die Berufswahl sind, „gutes Wetter“ für unseren Beruf machen. So farbig und einprägsam, dass man sagt „Donnerwetter!“

Leute, wir brauchen Leute!

Ja, das Problem verschärft sich – für unsere Betriebe und für unser Land. Um die Zielvorgaben zur energetischen Modernisierung und zum dringend erforderlichen Wohnungsbau auch nur annähernd zu erreichen, braucht es primär nicht Förderprogramme, sondern Fachkräfte. Die zu gewinnen, bleibt unverändert schwer, solange das Ansehen von Akademikern so hoch bewertet wird, dass die meisten, ungeachtet ihrer individuellen Begabungen und Neigungen, zunächst unbedingt studieren wollen oder sollen, weil, so sagen namhafte Soziologen, studierte Eltern eine Ausbildung im Handwerk tendenziell als Abstieg sehen. Wie wichtig das Image bei der Berufswahl ist, zeigt sich selbst bei den vielen Studienabbrechern – inzwischen mehr als ein Viertel. „Gefühlte 99 Prozent“, so ein Berater der Handwerkskammer, denken dann – „Meister Eder und sein Pumuckl vor Augen“– als erstes an eine Schreinerlehre. So ein schönes heimeliges Bild vom kreativen Werkeln und dem Geruch von Holz in der warmen Werkstatt haben sie von den Bauberufen nicht. Wie aktuell die Nachwuchsfrage ist, und wie unterschiedlich die Lösungsansätze sind, zeigen nicht zuletzt die prominenten Stellungnahmen von Bildungsexperten und -institutionen. So zum Beispiel sagte jetzt der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, Friedrich Hubert Esser, im Hinblick auf den zunehmenden Trend zu Work-Life-Balance: “Früher war man drauf bedacht, sich in Betrieben einzufinden und Leistung zu zeigen – weniger, bereits vor dem ersten Arbeitstag mit eigenen Ansprüchen zu kommen, was man heute tut.“

Dagegen kommt eine Umfrage der Wirtschaftsjunioren Deutschland zu dem Ergebnis, dass für über 80 Prozent der Befragten die Verdienstmöglichkeiten an erster Stelle stünden. Nach meiner Überzeugung ist dieses Ergebnis am Ende nur eine Ente.

Politik ohne Praxis

Auch oder gerade Politiker, die, wie unser Arbeitsminister Heil, nach einem Studium gleich in die Politik gegangen sind, sollten ab und zu einen Blick in die Praxis werfen – warum nicht wenigstens auch mal ein Praktikum machen? So hat er aktuell die Bedenken vieler handwerklicher Unternehmer, es werde nach der erneuten Erhöhung des Bürgergeldes zu Kündigungen kommen, um statt von der Arbeit bequemer auf Staatskosten zu leben, mit dem Argument abgewiegelt, es sei „dumm“ und „bescheuert“, wenn jemand das tue, weil die Arbeitslosenversicherung in diesen Fällen drei Monate nicht zahle. Dazu hat jetzt ein betroffener Handwerksmeister in einer großen Tageszeitung von seinen praktischen Erfahrungen berichtet: Bei ihm hat ein Mitarbeiter sich so lange krankgemeldet, wie die Lohnfortzahlung erfolgte, und dann, um das niedrigere Krankengeld zu umgehen, nach nur einem Tag im Betrieb, die Krankmeldung erneuert, um schließlich die Kündigung durch den Arbeitgeber zu provozieren. So kann er jetzt ohne Sperrzeit Bürgergeld beziehen. Der Arbeitsminister meint, dass sich das Problem leicht lösen ließe. Man müsse doch nur die Löhne erhöhen. Sieht Herr Heil nicht, dass hier eine heillose Spirale entsteht?

Kulturticket für Azubis

Was die Studenten in Frankfurt schon lange haben, kriegen jetzt auch unsere Lehrlinge: Ein Kulturticket für freien Eintritt in die zahlreichen Museen. Hoffentlich nutzen sie es auch. Sonst wird das 100 000 Euro teure Ticket wieder abgeschafft. Man wird sehen, ob viele Azubis freiwillig in ein Museum gehen. Für sie wäre sicher das Deutschlandticket zum Preis von 29.60 attraktiv, auf das man sich jetzt geeinigt hat. Aber bezeichnenderweise nur für Studenten – wieso nicht auch für Lehrlinge?

Gut geschildert

Der Journalist, der im Wirtschaftsteil einer überregionalen Zeitung einmal mehr den existenzbedrohenden Mangel an Arbeitskräften und das Fehlen von Nachfolgern für Betriebsübernahmen beschrieb und belegte, hat für den Artikel ein sauber gestaltetes Schild entdeckt und abgebildet. Auf dem stand: „Seid nett zu den letzten Handwerkern“ Nette Idee.


PraxisPlus

Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

werner@schledt.de


Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung

Früher war man drauf bedacht, sich in Betrieben einzufinden und Leistung zu zeigen – weniger, bereits vor dem ersten Arbeitstag mit eigenen Ansprüchen zu kommen.“

Produkt des Monats
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Malerblatt 4
Ausgabe
4.2024
ABO

Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Malerblatt-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Malerblatt-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de