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Dienst-Tag

Betrieb & Markt
Dienst-Tag

Werner Schledt

Ist Deutschland wirklich eine Servicewüste? Ein bekannter Journalist hat vor einiger Zeit zu dieser Frage eine weitere gestellt: Wollen die Deutschen denn überhaupt gut bedient werden? Untätig herumstehende Kofferträger, gelangweilte Schuhputzer und die nur in Sektlaune beanspruchten Tretmobiltaxis sprechen jedenfalls nicht dafür. Aber vielleicht hat das ja auch mit der weiteren Frage zu tun: Sind die Kunden, die sich bedienen lassen wollen, auch bereit, dafür zu zahlen? Sind sie willens, einen Teil der persönlichen Geldreserve für solche Leistungen auf den Tisch zu legen? Die sich so dynamisch gebärdenden Jungmanager, die ihre Business-Anzüge ab Fabrik kaufen, weil ihnen Service und Beratung im Fachgeschäft – von einem standesgemäßen Schneider gar nicht erst zu reden – zu teuer sind, stehen eher dafür, dass als schick und clever gilt, wer für wenig Geld so viel wie möglich an Land zieht, wer also Schnäppchen macht.
Ich bin doch nicht blöd!
Den passenden Werbeslogan dazu gibt’s vom Mediamarkt – oft genug mussten wir uns diesen im Radio anhören: „Ich bin doch nicht blöd!“ Andererseits sind achtzig Prozent der Deutschen mit den Dienstleistern unzufrieden und auch uns Handwerkern sagt man ja immer wieder nach, das teilweise stark lädierte Image werde nicht von der eigentlichen Leistung, sondern von der Dienstleistung bestimmt. Wenn unser Kunde also anscheinend zwischen Kernleistung und Dienstleistung unterscheidet, wenn er nur relativ selten die Arbeit, aber häufig das „Drumherum“, auch das Verhalten der Mitarbeiter, bemängelt, dann zeigt er auch auf, wo genau unsere Chancen liegen, Kunden zufrieden zu machen, ja sogar zu begeistern: ganz eindeutig nämlich im Dienen. Dabei ist gar nicht so entscheidend, was der Kunde an Dienstleistung bekommt, sondern vielmehr, was er persönlich als solche empfindet. Es geht dabei mehr um – überwiegend kostenlose – Verhaltensmuster als um wirkliche Leistungen. Fangen wir mit ein paar Selbstverständlichkeiten an: Unsere Mitarbeiter treten freundlich auf, sind gepflegt, pünktlich, zuverlässig und hilfsbereit. Sie stellen sich immer namentlich vor und wechseln natürlich die Schuhe, bevor sie beim Kunden übern Teppich latschen. Sie fragen den Kunden, auf was es ihm beim Auftrag ganz besonders ankommt – und erfüllen diesen dominanten Wunsch vor allen anderen. Sie sprechen den Kunden mit seinem Namen an, trinken selbstverständlich bei der Arbeit keinen Alkohol und fragen gegebenenfalls wo sie in den Pausen rauchen dürfen.
Dienen macht überlegen!
„Dienen macht überlegen“, sagt Lao-Tse. Aber so leicht ist selbst Einfaches nicht. Vieles, was selbstverständlich erscheint, muss eingeübt, wiederholt und nicht zuletzt auch stetig kontrolliert werden. Zum Einüben eignen sich Dienstleistungstrainings mit Rollenspielen. Schon die persönliche Vorstellung gelingt nicht jedem auf Anhieb und die vermeintlich so simple Frage nach dem dominanten Kundenwunsch verursacht bei den einen offensichtlich feuchte Hände, während andere sie für absolut überflüssig halten und deshalb gar nicht erst stellen. So werden aber Chancen vertan. Natürlich muss man, um den Mitarbeitern den hohen Stellenwert des Dienens einzuprägen und zu vermitteln, nicht so weit gehen, wie ich in einem meiner Dienstleistungsseminare, als ich in Anlehnung an die bekannte biblische Erzählung die Teilnehmer aufforderte, einem Lehrling die Füße zu waschen, um bewusst zu machen: „Der wahre Diener ist der wahre Herr.“ Als nach kurzer Zeit des Nachdenkens und der stillen Empörung ob dieser Zumutung bezeichnenderweise der Chef den Anfang machte, war das Eis gebrochen, kaum einer verweigerte sich und die folgenden Übungen und Rollenspiele, die jeweils auch gleich in der Runde analysiert wurden, gelangen leicht. Wir haben nicht nur geübt, den Kunden nach seinem Namen zu fragen, sondern auch beherzt nachzuhaken, falls dieser mal nicht richtig verstanden wurde – und dabei gleich trainiert, wie man sich Namen leicht merken kann.
Hemmungen überwinden!
Auch die Repliken auf eine Ablehnung des Kunden, z.B. auf die Frage „Stört es Sie, wenn ich bei der Arbeit Radio höre?“ wurden eingeübt, zunächst wörtlich, mit Formulierungen wie „Darauf nehme ich selbstverständlich Rücksicht“, dann immer freier. Weitere „Diener“ vor dem Kunden waren das Ankündigen von Lärmbelästigung, die Frage nach der Toilette und ähnliche. In der direkten Bewertung der Übungen wurden die Teilnehmer jeweils gefragt „Was war gut – und warum?“ bzw. „Was weniger – und warum?“ Schließlich auch „Was fällt Ihnen schwer zu sagen oder zu fragen?“ und vor allem: „Wie überwinden wir das?“ In ein solches Seminar gehören natürlich auch ein paar eiserne Regeln wie: „Reklamationen und Beanstandungen werden möglichst sofort erledigt. Auch auf unberechtigte Rügen reagieren wir gelassen und freundlich und wir reden niemals schlecht über unsere Firma oder die Kollegen.“ Hilfreich ist es auch, die Teilnehmer berichten zu lassen, bei welchen Gelegenheiten sie sich selbst gut bedient fühlten, dies zu analysieren und möglichst auf das eigene Verhalten als Dienstleister zu übertragen. Wiederholungen solcher betriebsindividuellen Übungseinheiten sind unumgänglich. Auch Checklisten, Erinnerungskärtchen oder Hinweise in den Firmennachrichten sind nützlich gegen’s Vergessen. Bei Innenarbeiten kann man zum Beispiel immer wieder abfragen: Ist alles fachmännisch abgedeckt? Sind die Pflanzen wirksam geschützt? Sind die Geräte und das Material ordentlich und umsichtig abgestellt? Fast noch wichtiger sind bei Außenarbeiten Fragen wie: Sind die Gerüstplanen auch sauber und ordentlich sowie gut sichtbar angebracht? Sind die Fahrzeuge gepflegt, vorschriftsmäßig geparkt und behindern sie niemanden? Wurden Rasen, Pflanzen und Pflaster fachmännisch abgedeckt und unvermeidlicher Schmutz sofort beseitigt?
Event-Dienstleistung!
Natürlich gehört auch die Zufriedenheitsabfrage nach Auftragsende zum Dienst am Kunden. Die sollte inzwischen ganz selbstverständlich sein. Als ideales Hilfsmittel hierfür bietet unsere Fachorganisation seit Längerem ein sehr professionelles und werbewirksames System an. Nicht nur die Arbeitsqualität, auch die Dienstleistung ist ausschließlich das, was der zahlende Kunde dafür hält. Deshalb sollten wir Handwerker dem Erlebnis-einkauf, der jetzt so en vogue ist, um eine begeisternde Event-Dienstleistung erweitern. Vielleicht mit dem Slogan: Montag ist Dienst-Tag, Dienstag ist sowieso Dienst-Tag, Mittwoch ist …

PRAXISPLUS
Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – genau das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“. Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk. Jetzt engagiert er sich als Marketingleiter der Frankfurter TREIBS Bau GmbH und schreibt aus praktischer und betrieblicher Sicht exklusiv für die Malerblatt-Leser.
Werner Schledt
TREIBS Bau GmbH
Heinrichstraße 9–11
60327 Frankfurt/Main
Tel.: (069) 750010-310
Fax: (069) 750010-340
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