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Grau mach bunt!

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Grau mach bunt!

Ein Wuppertaler Fußgängertunnel bekam durch eine Street-Art-Aktion von Künstlern, Studenten und dem Malerbetrieb Trynoga sein neues Gesicht.

Sascha Trynoga

Die beiden Wuppertaler Jens Mahnke und Michael Ungermanns haben eine gemeinsame Leidenschaft: Street Art. Diese kleinen oder auch großen vergänglichen, urbanen Kunstwerke dokumentieren die beiden gerne auf ihrer Facebookseite (facebook.com/StreetArtInWuppertal).
Leidenschaft
Diese Leidenschaft und die Lust nicht nur zu dokumentieren, sondern auch zu agieren, waren wohl die Hauptbeweggründe, die Aktion „Grau mach bunt!“ ins Leben zu rufen. Da außerdem viele hässliche, öffentliche Flächen in Wuppertal vorhanden sind, dürfte dies natürlich auch mit ein Argument gewesen sein.
Für ihr ehrenamtliches Projekt suchten sich Jens Mahnke und Michael Ungermanns eine der wahrlich hässlichsten Ecken aus: den als „Harnröhre“ verschriene Fußgängertunnel, der als Tor zur Stadt den Hauptbahnhof und die Elberfelder Innenstadt verbindet.
Nachdem man etwas erstaunt mit offenen Armen bei den Verantwortlichen der Stadt empfangen wurde und grünes Licht für die Verschönerungsaktion bekam, ging die restliche Organisation sehr unproblematisch vonstatten.
Von Künstlerseite kamen sehr schnell, letztendlich zu viele, Zusagen. Wuppertaler Künstler erhielten den Vorzug. Mit dabei waren u.a. die bekannten Graffitti-Künstler wie megX, Birne und ZS. Auch Kunststudenten der Uni Wuppertal beteiligten sich. Gleichfalls vertreten war die urbane Strickkunst (Urban Knitting).
Unterstützung
Finanzielle Unterstützung war schwierig zu bekommen, es gab aber von dem Kulturbüro der Stadt Wuppertal „finanzielle Starthilfe“. Mehrere Sachspenden in Form von Verpflegung, Material, Werkzeugen usw. waren dagegen einfacher aufzutreiben. Der Wuppertaler Malerbetrieb Trynoga stand außerdem mit fachlichem Rat für die Untergrundvorbereitung zur Seite, stellte Farbe zur Verfügung und half auch die Flächen vorzustreichen.
So wurden dann an drei Tagen im Mai die Tunnelwände erst grau grundiert und dann von den Künstlern bunt gestaltet – Grau mach bunt! Begleitet durch die Lokalpresse und das Fernsehen, fand die Aktion durchweg ein positives Feedback bei Passanten und neugierigen Besuchern
Und Wuppertal hat einen Schandfleck weniger, zumindest bis der Tunnel den großen Umbauarbeiten am Hauptbahnhof zum Opfer fällt. Das müsste ungefähr 2015 sein, was zugleich die Vergänglichkeit von StreetArt wieder unterstreicht.
Künstler und auch Kunststudenten beteiligten sich.

Begrenzte Lebenserwartung
Jens Christian Mahnke und Michael Ungermanns sind die Macher hinter der Street-Art-Aktion „Grau mach bunt“. Im Malerblatt-Interview erläutern sie das Projekt.
Ihr habt euch für eure Aktion „Grau mach bunt“ Wuppertals größten Schandfleck ausgesucht. Die Harn-röhre. Der Tunnel, den die Künstler verschönern werden, wird jedoch in naher Zukunft den Umbauarbeiten zum Opfer fallen. Warum habt ihr genau diesen Ort gewählt? Jens: Ein zentraler Hotspot, das Eingangstor zur Stadt bot sich quasi als perfekter Ort für solch ein Vorhaben an.
Michael: Aufgrund der begrenzten „Lebenserwartung“ des Tunnels und aufgrund der Tatsache, dass dessen Wände bereits 2002 verschönert worden waren, standen die Chancen gut eine Zusage/Freigabe für die Flächen zu bekommen.
Wie war das Feedback der Behörden zu eurem Vorhaben? Wurden euch Steine in den Weg gelegt? Jens: Ganz im Gegenteil, wir wurden mit offenen Armen empfangen (schon ein eher ungewohnter Eindruck), die Stadt hat direkt, so wie wir, mit offenen Karten gespielt und unser Vorhaben begrüßt.
Nachdem ihr finanzielle „Starthilfe“ vom Kulturbüro bekommen hattet, fehlten natürlich noch weitere Sponsoren. War es schwierig, Unterstützungen bzw. Akzeptanz von Unternehmen und Privatleuten für dieses Vorhaben zu bekommen? Jens: Es war nicht sonderlich schwierig was materielle Unterstützung anbelangt, aber finanzielle Unterstützung war rar gesät. Einige Firmen, von denen wir dachten, sie würden das Projekt unterstützen, sagten fadenscheinig ab, andere sagten zu, blieben aber zu unserem Bedauern leider dieser Zusage schuldig bzw. kamen ihrer Zusage nicht nach. Es hieß für uns natürlich viel „Klinkenputzen“.
Michael: Es war sehr unterschiedlich. Das Eintreiben von Geldern war sehr schwierig, wahrscheinlich auch, weil wir kein Verein sind. Materielle Unterstützung zu bekommen, war da sehr viel einfacher. Insgesamt waren aber viele Firmen und Privatleute sehr interessiert und fanden die Idee gut.
Das wichtigste Element sind die Künstler, die die Wände bunt machen werden. Musstet ihr da Überzeugungsarbeit leisten oder wurde euch „die Bude eingerannt“? Jens: Wir arbeiten mit Profis zusammen, es wurde eher zum Problem für uns, Leuten Absagen zu erteilen, welche nicht aus unserer Stadt kommen. Man kann sich vorstellen, dass so ein Projekt für viele Künstler interessant ist – ein Mammutprojekt scheitert eher an finanziellen Mitteln und so bringen die Künstler nicht nur ihre Kunst, sondern auch noch Eigenmittel ein, um unsere Stadt kulturell zu bereichern.
Gab es für euch einen Masterplan, wie diese öffentliche Galerie aussehen soll? Also ein Farbkonzept oder bestimmte Motive? Habt ihr den Künstlern freie Hand gelassen?
Jens: In der Struktur, eine StreetArt Galerie zu erwirken, gab es allerdings in Absprache mit den Künstlern einen Masterplan und so wurde ein Rahmen geschaffen, welcher aber durch die eigenen Ideen der Künstler umgesetzt werden kann. Die Gestaltung und das Konzept der eigenen künstlerischen Leistung wurde von uns nicht eingeschränkt bzw. nur die üblichen, auch von der Stadt Wuppertal gewünschten und geforderten Regeln (keine Angst- und Furchträume zu erzeugen, keine politischen, rassistischen, pornografischen Bilder zu erzeugen) des klaren Menschenverstands anzuwenden.
Michael: Das Konzept hat sich irgendwann aus dem Namen des Projekts „Grau mach bunt“ abgeleitet. Das Grau, so einer der Sprayer, sei der größte Feind des Künstlers und aus diesem Grau heraus sollen und werden nun die farbeigen Kunstwerke erwachsen bzw. sich abheben. Was dabei genau heraus- kommen wird, wissen wir selber auch noch nicht. Das ist ja das Spannende an der Sache.
Eure noch recht junge Facebookseite findet regen Andrang und zeigt die Vielfalt der urbanen Kunst in Wuppertal. Ist die Idee zu eurer Aktion aus der Seite heraus entstanden, oder hattet ihr sie schon länger?
Jens: Für uns war schnell kla, dass wir zu einem Archiv der Stadtkunst auch eine Eigenleistung beitragen wollen und dass wir, mit dem Hintergrund der Eigenverantwortung des Bürgers seiner Stadt gegenüber, einen Teil zur Stadtkunst und zum Stadtmarketing beitragen wollen. Zu zeigen, dass man als Privatperson etwas Großes und Interessantes mit Mehrwert generieren kann.
Michael: Fotos haben wir beiden schon seit Jahren von Street Art gemacht. Die Idee der Seite entstand auch in Anlehnung an die Seite „Streetart in Germany“. Mit der Initiierung eines Street-Art-Projektes sind wir aber, meines Wissens nach, die Vorreiter in der „Branche“. Irgendwann wollten wir nicht nur dokumentieren, sondern auch initiieren.
Für die Aktion setzt ihr euch ehrenamtlich ein und haftet auch privat?
Nein! Die Künstler unterzeichnen eine Erklärung, dass sie auf eigene Verantwortung an dem Projekt teilnehmen.
Sind für die Zukunft weitere Projekte dieser Art geplant, oder seht ihr z.B. die Chance, diese Idee dauerhaft zu etablieren, etwa in Form eines Vereins? Jens: Die Frage beinhaltet schon den Grundgedanken, der sich bei uns manifestiert, eine eventuelle Vereinsgründung. Nach diesem Projekt „Grau mach bunt“ werden wir erst mal eine kleine Auszeit benötigen, denn neben dem Beruf und der Familie so ein Projekt mit einer gewissen Verantwortung zu betreiben, kostet immens Kraft. Aber da wir bisher nur positives Feedback bekommen haben, beflügelt dies natürlich zu neuen Aktionen und daher kann ich behaupten, dass wir auf jeden Fall am Start bleiben werden.
Das Interview führte Sascha Trynoga.

PRAXISPLUS

Infos und mehr Fotos zur Aktion:
Facebookseite: facebook.com/streetartinwuppertal
Beteiligte Künstler (Auswahl):
megx, Birne, ZS, Angus78, Tons, moes one, Maschenmata, Patricia Greloff
Jens Mahnke & Michael Ungermanns info@streetartinwuppertal.de
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