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Umweltfreundlicher Feuchtepuffer

Trockenbau
Umweltfreundlicher Feuchtepuffer

Mithilfe von Calciumsilikatplatten als Innendämmung lässt sich zum einen die Temperatur der Außenwand erhöhen, zum anderen können die porösen Platten die Luftfeuchtigkeit regulieren und so zu einem angenehmen Raumklima beitragen.

Susanne Sachsenmaier-Wahl

Schimmelschäden in Innenräumen treten immer häufiger auf. In der Bauschadenstatistik hat der Schimmelpilz inzwischen den ersten Platz eingenommen. Gemäß einer Studie der Uni Jena hat zurzeit jeder fünfte Haushalt in Deutschland ein massives Problem mit Schimmelpilz in der Wohnung. Die Schuld für einen Schimmelpilzbefall wird gerne dem Bewohner zugeschrieben, der vermeintlich nicht richtig lüftet. Doch nicht immer trifft den Bewohner die Schuld; vielmehr sind es häufig bauphysikalische Mängel wie Wärmebrücken, Dämmungsfehler oder Fehlstellen in der Dämmung, Leckagen oder im Neubaubereich Restfeuchte, die den Schimmelpilz gedeihen lassen. Denn warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen und in Form von Dampf binden als kalte. Trifft die warme, dampfgesättigte Luft auf kalte Oberflächen, etwa in Fensterleibungen oder in Raumecken, kondensiert ein Teil des enthaltenen Wasserdampfs zu flüssigem Wasser. Permanent feuchte Wandflächen wiederum bieten eine ideale Lebensgrundlage für Schimmelpilze. Die überwiegende Zahl der Schimmelpilze wächst nämlich ab ca. 70 Prozent Luftfeuchtigkeit und in einem Temperaturbereich von 15 bis 35 Grad Celsius. Als Nährboden kommt eine Vielzahl von Materialien in Frage, unter anderem Spanplatten, Gipskarton, Tapeten etc. Doch selbst der Staub, der sich auf den feuchten Stellen ablagert, ist meist schon ausreichend „Futter“ für den Schimmelpilz. Ausschlaggebend für das Schimmelpilzwachstum ist auch der pH-Wert des Untergrundes. Schimmelpilze bevorzugen einen leicht sauren bis neutralen Untergrund, pH-Werte zwischen etwa 4,5 und 7 sind ideal für die meisten Schimmelpilze. Um dem Schimmelpilz den Garaus zu machen, müssen ihm seine Lebensgrundlagen entzogen werden. Dies kann zum einen durch intensives, richtiges Lüften (siehe Kasten PraxisPlus) geschehen, wodurch die Luftfeuchtigkeit reduziert wird. Die wichtigste Maßnahme aber ist das Trockenlegen bzw. Trockenhalten der Wandoberflächen. Da in der Mehrzahl der Fälle Feuchtigkeits- und Schimmelschäden auf Kondensationsfeuchtigkeit zurückzuführen sind, kommt hierfür beispielsweise eine Innendämmung mit Calciumsilikatplatten in Frage.
Extrem hoher Porengehalt
Calciumsilikatplatten erfüllen gleich zwei Ansprüche, die für die dauerhafte Trockenlegung der Wandoberfläche von Bedeutung ist. Durch ihren extrem hohen Porengehalt (> 90 Prozent) ist die Calciumsilikatplatte in der Lage, schnell große Mengen Wasser zu absorbieren und, auf Grund ihrer Diffusionsoffenheit, diese während des Lüftens rasch wieder an die Raumluft abzugeben. Die Wandoberflächen bleiben trocken, dem Schimmelpilz fehlt die notwendige Feuchtigkeit.
Der hohe Porengehalt bewirkt außerdem eine Wärmeleitzahl von ca. 0,06 W/mK. Zwar ist der Dämmwert einer Calciumsilikatplatte nicht so hoch wie der von Hartschaum (z.B. WLG 035), dafür bringt die Dämmung mit Calciumsilikatplatten jedoch den Vorteil mit sich, dass, nach Aussage der Hersteller, auf eine Dampfsperre verzichtet werden kann. Bei der Ausführung von Dampfsperren, die den Wassereintrag ins und die Kondensation im Wandgefüge verhindern sollen, kommt es durch Planungsfehler und mangelhafte Ausführung nämlich immer wieder zu gravierenden Feuchteschäden. Außerdem kann die Dampfsperre durch den Nutzer auch nachträglich noch beschädigt werden. Abgesehen von den Schwierigkeiten bei der Ausführung einer Dampfsperre sind diffusionsdichte Wandkonstruktionen wegen der erheblich abgeminderten oder gänzlich unterbundenen Regulierung der Raumfeuchte nicht unbedingt erstrebenswert.
Eine Dampfsperre wird normalerweise deshalb ausgeführt, weil sich der Taupunkt durch die Innendämmung in das Konstruktionsinnere verlagert. Der Wärmefluss nach außen wird reduziert, das Temperaturgefälle in der Außenwand verändert sich. Kritisch wird es dann, wenn Wasserdampf zwischen Außenwand und Innendämmung kondensiert. Bei einer Innendämmung mit Calciumsilikatplatten existieren diese Probleme in der Praxis nicht, da die Verdunstungsgeschwindigkeit höher ist als die Kondensationsgeschwindigkeit. Es kommt zu keiner Tauwasseransammlung in der Wand. Zurückzuführen ist die schnelle Verdunstung auf die vergrößerte Oberfläche, bedingt durch den hohen Porenanteil. Der Grundfläche (die zur Kondensation vorhanden ist) steht eine vielfach größere Verdunstungsoberfläche (bzw. Speicheroberfläche) gegenüber. Unter günstigen Bedingungen kann deshalb sogar noch Feuchtigkeit aus dem Mauerwerk über die Platte verdunsten. Allerdings sollte man bedenken, dass irgendwann eine Sättigung der Poren eintritt und die Feuchtigkeit an „trockene“ Luft wieder abgegeben werden muss. Einen Ersatz für ausreichendes Heizen und Lüften bieten Calciumsilikatplatten deshalb nicht. Daneben leiten feuchte Materialien bekanntlich die Wärme schneller ab, weshalb Lüften in jedem Fall sinnvoll ist.
Calciumsilikatplatten bestehen aus Siliziumdioxid (Sand), Calciumoxid (gebranntem Kalk), Zellulosefasern und Wasserglas. Weder bei der Herstellung noch bei der Verarbeitung, der Anwendung oder der späteren Entsorgung gehen von den Platten Belastungen für die Umwelt oder die Gesundheit aus, kurz gesagt: Sie sind baubiologisch unbedenklich. Calciumsilikatplatten sind formstabil, druckfest, unverrottbar, alterungsbeständig, fäulnisresistent und können von Insekten und Nagetieren nicht beschädigt werden. Außerdem sind sie nicht brennbar (Brandschutzklasse A1 nach DIN 4102). Beim Kampf gegen den Schimmelpilz kommt der Platte auch ihre Alkalität zugute. Mit einem pH-Wert von ca. 10,5 bietet sie für Schimmel keinen Nährboden, selbst im feuchten Zustand nicht.
Einsatzgebiete
Zum Einsatz kommt die Calciumsilikatplatte in erster Linie zur Sanierung von Feuchte-/Schimmelschäden als Folge von Kondensation. Dies kann zum einen in Wärmebrückenbereichen der Fall sein.
Doch auch in Kellern, wo es im Sommer durch Abkühlen von warmer, feuchtegesättigter Luft auf den kalten Wand- und Deckenflächen zu Tauwasserbildung kommt, kann die Situation durch Calciumsilikatplatten verbessert werden.
In Badezimmern fehlen häufig Pufferflächen, um die, in der Regel stoßweise auftretende Dampfmenge (etwa beim Duschen oder Baden) zu bewältigen, insbesondere dann, wenn die Wände deckenhoch gefliest sind oder wenn Bäder nur ungenügend belüftet werden können. In diesen Fällen können Calciumsilikatplatten an der Decke klimaregulierend wirken.
Überall dort, wo von außen nicht gedämmt werden kann (z.B. wenn in einem Mehrfamilienhaus nur ein Wohnungsinhaber eine Dämmung wünscht), darf (etwa bei denkmalgeschützten Fassaden oder bei Fachwerkhäusern) oder soll (aus Kostengründen), bietet die Innendämmung der Außenwände mit Calciumsilikatplatten eine Alternative.
In vielen Fällen findet die Schimmelbildung nicht nur im Wandbereich statt, sondern reicht auch noch in die angrenzenden Bereiche von Decken und Zwischenwänden hinein. Das Verlegen von Calciumsilikatplatten auf den gesamten an die Außenwand angrenzenden Flächen ist bauphysikalisch meist nicht erforderlich und würde unnötige Kosten verursachen. Hier reicht es in der Regel, einen Plattenstreifen von ca. 50 Zentimetern Breite anzubringen. Allerdings entsteht dadurch ein Versatz in der Wand- oder Deckenfläche, der optisch störend sein kann. Speziell für diese Bereiche bietet der Hersteller epasit keilförmige Calciumsilikatplatten an. Diese 60 Zentimeter breiten „Thermkeile“, die in der Dicke von 40 auf 5 Millimeter zulaufen, erlauben einen optisch unauffälligen Übergang vom gedämmten zum ungedämmten Bereich innerhalb einer Zwischenwand- oder Deckenfläche.
Verarbeitung
Calciumsilikatplatten dürfen ausschließlich auf tragfähige Untergründe aufgebracht werden. Loser Putz, alte Farbanstriche oder Tapeten sind zu entfernen. Auch eventuell vorhandener Schimmel muss beseitigt werden. Zur Entfernung von oberflächlichem Befall bieten die Systemhersteller casiplus und epasit ein spezielles Biozid an, mit dem die betroffenen Stellen behandelt werden können.
Der Zuschnitt der 25 bis 50 Millimeter dicken Platten ist mit einem Fuchsschwanz, einer Pendelhubsäge oder einer Handkreissäge möglich. Alternativ können dünne Platten auch mit dem Cuttermesser angeritzt und über die Kante gebrochen werden. Die Verklebung erfolgt mit dem zum jeweiligen System gehörenden Klebemörtel. Die Hersteller casiplus und calsitherm empfehlen, die Platten ausschließlich vollflächig zu verkleben. Hierzu wird der Kleber nach dem Aufziehen zur gleichmäßigen Verteilung mit dem Zahnspachtel gekämmt. Bei starken Wandunebenheiten sollte die Wand bei diesen Systemen deshalb vorab mit einem ebenfalls zum System gehörenden Porenputz vorgeglättet werden. epasit dagegen empfiehlt auf unebenen Untergründen die Verklebung der Platten im Punkt-Wulst-Verfahren.
Auch hinsichtlich der Kantenverklebung empfiehlt epasit ein anderes Vorgehen als casiplus und calsitherm. Während Letztere in den Verarbeitungsrichtlinien raten, die Stoßkanten mit Kleber zu versehen, um einen sicheren Fugenverbund zu erreichen, haben die Kanten beim epasit-System frei von Mörtel zu bleiben. Alle Systeme werden im Verbund verlegt, Kreuzfugen sind zu vermeiden.
Da Wärmebrücken bevorzugt in Leibungen auftreten, müssen diese ebenfalls mit Calciumsilikatplatten versehen werden. Da hier in Altbauten meist Platzmangel herrscht, bieten die Hersteller dünnere Platten speziell für den Leibungsbereich an.
An Decken und auf kritischen Untergründen sollten die Calciumsilikatplatten zusätzlich gedübelt werden. Obwohl die Platten relativ hart ausgelegt sind, empfiehlt sich an beanspruchten Gebäudeecken, Tür- und Fensterleibungen ein Kantenschutz. Stöße und Unebenheiten werden mit systemkonformen Spachtelmassen ausgeglichen, idealerweise erfolgt eine vollflächige Spachtelung.
Keine Sperrschichten
Calciumsilikatplatten eignen sich zum Verputzen, Streichen oder Tapezieren. Die Verklebung von Fliesen ist nicht sinnvoll, da die Klimaregulierung dadurch eingeschränkt wird bzw. verloren geht. Mineralische Putze sind für die Beschichtung generell geeignet. Die Plattenhersteller bieten spezielle, zum System gehörende Putze an. Ist ein Anstrich gewünscht, so sollten zur Beschichtung von Calciumsilikatplatten ausschließlich diffusionsoffene Farben, wie etwa Kalkfarben oder Silikatfarben, zum Einsatz kommen. Falls tapeziert werden soll, ist darauf zu achten, dass es sich um eine leichte Papiertapete handelt. Raufasertapeten oder Kunststofftapeten sind nicht zu empfehlen, da sie die wichtigste Eigenschaft der Platte, nämlich ihre Pufferwirkung, einschränken.


kompakt
Systeme zur Schimmelsanierung und Innendämmung mit Calciumsilikatplatten werden von folgenden Herstellern angeboten:
  • calsitherm Tel.: (05254) 99092-22/Fax: -17 www.calsitherm.de
  • casiplus Tel.: (0821) 497087-25/Fax: -26 www.casiplus.de
  • epasit Tel.: (07032) 2015-0/Fax: -21 www.epasit.de

  • PraxisPlus
    Um Schimmelpilzbildung zu vermeiden, sollte die Luftfeuchtigkeit im Raum nicht zu hoch sein. Eine Reduzierung der Luftfeuchtigkeit erzielt man durch Lüften. Es gibt eine Reihe von Lüftungsarten.
    Unbedingt vermeiden sollte man die Kipplüftung. Bei dieser Lüftungsart kühlen der Leibungsbereich und der Fenstersturz extrem aus, wodurch sich die Gefahr der Tauwasserbildung erhöht.
    Empfohlen wird eine fünf- bis zehnminütige Stoßlüftung. Bei dieser Lüftungsart hat man, entgegen allgemeiner Annahmen, kaum Energieverluste, weil die meiste Wärmeenergie in den Möbeln und Wänden gespeichert wird.
    Kellerfenster sollte man an heißen Tagen geschlossen halten, damit die warme Luft nicht an den kalten Kellerwänden kondensieren kann. Das Lüften von Kellerräumen ist an heißen Tagen allenfalls in den kühleren Morgen- oder Abend- stunden sinnvoll.
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