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Wo das Ohr mitwohnt

Trockenbau
Wo das Ohr mitwohnt

Das Wohlbefinden in Räumen hängt von vielen Faktoren ab – auch von den akustischen Verhältnissen. Wie sich diese elegant wie ästhetisch optimieren lassen, zeigt ein schickes Loft in Stuttgart.

Armin Scharf

Was das Auge freut, macht dem Ohr häufig Probleme: große, lichte Räume ohne Einbauten oder Zwischenwände. Während der Blick durch ein großzügiges, offenes Ambiente schweift, vermerkt das Ohr irritiert Nebengeräusche, deren Ursprung nicht wirklich bestimmbar ist. Das Problem an großen Räumen: Der Schall kann sich ungezügelt ausbreiten, wird von harten Oberflächen reflektiert und vermischt sich dann zu eigenwilligen oder sehr störenden Schallerlebnissen. Das wird spätestens dann zum Problem, wenn viele Menschen beisammen sind oder unterschiedliche Nutzungen parallel laufen. Dann werden Verständlichkeit oder Konzentrationsfähigkeit zu Fremdwörtern. Das ist vor allem in öffentlichen Bereichen ein großes Problem, in Gaststätten ebenso wie in Schulen, Kindergärten oder Schwimmhallen. Aber auch in Veranstaltungs- und Konferenzräumen ist die sogenannte Hörsamkeit ein wichtiger, leider oft unterschätzter Qualitätsfaktor. Im Wohnbereich spielte die Akustik bislang ein eher untergeordnetes Thema – doch mit steigenden Ansprüchen an den Wohnkomfort stellen Bauherren immer häufiger schalltechnische Fragen.
Akustik im Umbauplan
Beim Umbau einer ehemaligen Fabrik-etage in ein großzügiges, weitgehend offenes Wohnloft im Stuttgarter Raum stand die Akustik auf der Agenda von Bauherr, Planer und Handwerkern. Denn die rund 180 Quadratmeter große Ebene ruft geradezu nach schalltechnischen Maßnahmen. Nur wenige Einbauten und optional ausziehbare, raumhohe Schiebewände gliedern die Fläche, dazu kommen die Beton-Unterzüge und die Beton-Stützen der Gebäudestatik. Glasflächen zum Atrium hin und Betondecken tragen zum schallharten Charakter des Lofts bei. Dies vor Ohren, plante man von Beginn die Deckenfelder zwischen den Unterzügen als akustisch wirksame Flächen ein. Was da nun optisch wenig Aufhebens macht, ist eine raffinierte Konstruktion, die zum Wohlbefinden der Bewohner und Besucher beiträgt: eine doppelte Akustikdecke mit Schattenfugen für Licht und Bilderleisten.
Doppelte Akustikdecke
Die Basis bildet eine Schallschutzdecke aus Gipskartonplatten, die mit 70 Millimetern Abstand zur Beton-Rohdecke montiert wurde. Sie soll weniger die Akustik des Raumes verbessern als vielmehr eine Schallbarriere zur Etage darüber bilden – denn für die gewerbliche Vorgeschichte war die akustische Trennung der Etagen nicht wirklich relevant und damit auch nur rudimentär vorhanden. Diesen Malus zumindest ansatzweise auszugleichen, ist die Aufgabe dieser ersten Akustikdecke.
Für alles, was im Loft selbst schalltechnisch entsteht, ist die zweite Decke zuständig. Sie besteht aus vorbeschichteten und auf die erste Decke verklebten Glaswolleplatten, einer offenporigen Grund- und einer marmorsandhaltigen, weißen Deckbeschichtung mit 0,3 Millimetern Körnung. Insgesamt baut diese Kombination nicht einmal 30 Millimeter auf, absorbiert aber Schall der problematischen Frequenzbereiche ausgesprochen effektiv. Mit der feinen Körnung bilden die Oberflächen einen spannenden Kontrast zur Roheit der Beton-Unterzüge.
Licht inklusive
Die zweite Decke wurde aber nicht bis an die Wände geführt, sondern zu diesen auf Abstand gehalten – mit einer Schattenfuge oder einem breiteren Lichtband. Gerade hier ergänzt ein individuell angefertigtes Alu-Profil das Deckensystem. Das Profil in doppelter L-Stufung sorgt einerseits für eine scharfe Konturierung der Deckenlinie, zum anderen dient es als Blende für die hinterlegten LED-Leuchten. Die obere L-Stufe beginnt an der Rohdecke und bildet den seitlichen Abschluss für die Platten, das zweite L erzeugt den Raum für die Leuchtenintegration und wird von unten mit dem Akustikputz und der Deckbeschichtung angearbeitet. Weiß beschichtet streut das Profil das Licht so, dass ein raffiniert leuchtendes Band zwischen Decke und Unterzügen entsteht. Naturgemäß ist die Schattenfuge weit schmaler und so dimensioniert, dass sie in bestimmten Bereichen eine Bilderschiene unsichtbar aufnimmt.
Das Loft mit seinen Deckenfeldern widerlegt ein tief verwurzeltes Vorurteil, das besagt, akustische Maßnahmen seien mit ästhetischen Ansprüchen nicht in Einklang zu bringen. Das geht sehr wohl, auch weil die verfügbaren Akustiksysteme immer mehr Zusatzoptionen bieten, etwa die geschickte Integration von Licht, Lautsprechern, Kühlsystemen oder Beamern.
Und längst sind die Oberflächen nicht nur in Weiß beschichtbar, die Körnungen werden immer feiner und die Formfreiheiten größer: Auch geschwungene oder gekrümmte, fugenlose Akustikflächen sind machbar. Es lohnt sich also, auf die akustischen Verhältnisse ein aufmerksames Auge zu werfen – nicht nur in einem Ambiente mit hohen ästhetischen Ansprüchen und edlen Oberflächengestaltungen.

praxisplus
Die erste Akustikdecke besteht aus Knauf-Gipskartonplatten, die zweite aus dem System Baswaphon Base des Herstellers Baswa. Die 26 Millimeter starke, beidseitig vorbeschichtete Akustikplatte wurde mit Baswafix K aufgeklebt. Baswaphon Base dient als Grundschicht, Baswaphon Top als Deck-beschichtung. Die Gesamthöhe beträgt rund 30 Millimeter.
Raumkonzept und Planung:
Schreinerei Zwinz, Stuttgart
Akustikdecke und Oberflächen-gestaltung: Kellner Farbgestaltung
Beck GmbH, Stuttgart
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