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Feine Variationen

Farbe & Inspiration
Feine Variationen

Mal matt, mal leicht glänzend, mal mit Blau-, mal mit Gelbanteilen: Die Wohnbebauung im schweizerischen Littau überrascht durch Subtilität.

Ulrich Binder

Insgesamt 36 Wohnungen in drei Punkthäusern und einem Langhaus – das ist die neue Überbauung Schönegg in Littau. Auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei platziert, fügen sich die Baukörper wie eine Interpunktion in die lockere Häuserzeile entlang der alten Ausfallstraße in Richtung des nahen Luzern. Auch hier wuchert die Stadt und verwischt die Grenze zum Vorort. Doch eine topografische Besonderheit lässt an dieser Stelle den Rand bestehen: Ab hier neigt sich die Straße in den Trichter der Stadt.
Das Langhaus kehrt der Hauptstraße gleichsam den Rücken zu: Eine Fassade aus vorgefertigten Betonelementen, deren schmale Fenster wie Oberlichter eingelassen sind. Markanteste Öffnung ist die Abfahrt in die Tiefgarage, der Hauseingang findet sich fast versteckt an der Stirnseite. Wie bei riesigen Klinkern sind die einzelnen Elemente farblich voneinander abgesetzt. Nuancen von Brombeer bis Grau verleihen dem Block eine massive, sonore Präsenz – so sehr, dass man zunächst unsicher ist, ob der Kubus tatsächlich hohl und bewohnbar ist. Von nahem erkennt man die Farbe als äußerst feinen Film, der horizontal in mehreren Schichten auf den rohen Beton aufgetragen ist.
Dieses Pathos, das der dicht befahrenen Hauptstraße angemessen erscheint, löst sich auf der anderen, dem Park zugewandten Seite vollkommen auf. Das kompakte Volumen öffnet sich mit durchgehenden Balkonloggien und das Violett läuft nur im Brüstungsband weiter. Auch die nach hinten versetzten, am Rande des Grundstücks aufgereihten Würfelhäuser prägen diese Offenheit, nicht zuletzt dank ihrer grünen Holzfassaden aus sägerohen, horizontal verlegten Latten. Ihre Fugen zeichnen den quadratischen Grundriss als Höhenlinien nach. Und auch hier läuft die Verkleidung in der Brüstung um die Balkone herum und schließt deren silbrig ausgeschlagene Einschnitte in den Baukörper mit ein. Der Ton der drei Häuser variiert so fein in den Gelb- und Blauanteilen, dass der Unkundige die Differenz leicht auf eine unterschiedliche Beleuchtung zurückführen mag. Außerdem sorgt die unterschiedliche Textur der Latten dafür, dass die Farbschicht je nach Blickwinkel mal matt, mal leicht glänzend erscheint und die Fassade in flirrende Zeilen auflöst. Die streng geordneten, in grauen Metallrahmen gefassten Fenster wirken darin wie eine Perforation.
Auch die wandfüllenden Fototafeln von Pionierpflanzen im Eingangsbereich und ein orangefarbener Handlauf im Treppenhaus sind vom jungen Farbdesign-Büro Truecolour entworfen worden. Doch eine kluge Farbgestaltung erkennt man nicht nur an ungewohnten oder satten Buntwerten. Es ist vielmehr das Zusammenspiel von Materialien, Texturen, Farbtönen und Kontext, das ein gelungenes Farbkonzept ausmacht. Und dies wiederum ist nur möglich, wenn Bauherren, Architekten, Farbgestalter und Maler gut zusammenarbeiten. Und nur dank dieser kommunikativen Sorgfalt bekommt diese Siedlung etwas Bezeichnendes. Hinzu kommen die drei Blutbuchen, die in zehn oder zwanzig Jahren die Zwischenräume mit ihren tiefroten Kronen füllen.

kompakt
Eine gelungene Farbgestaltung ist dem Farbdesign-Büro Truecolour mit der neuen Überbauung in Schönegg in Littau gelungen. Das Konzept wird getragen vom Zusammenspiel aller Materialen, Farbtöne, Texturen und dem Kontext, und vor allem der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Standort: Luzernerstrasse, Littau (Schweiz)
Bauherrschaft: Baugenossenschaft Matt, Littau
Architektur: Lischer Partner Architekten Planer AG, Luzern
Farbkonzeption: Truecolour, Luzern

PraxisPlus
Truecolour versteht sich als Partner für Farbenplanung und Signalethik. Teilhaber der eingetragenen Kollektivgesellschaft sind Jo Finger und Anita Walker. Gegründet wurde Truecolor 1997 in Köln, 2001 dann in Luzern. Beide Gestalter absolvierten das Studium Kommunikationsdesign/Farbdesign an der Hochschule für angewandte Kunst und Wissenschaft in Hildesheim. Jo Finger ist unter anderem Lehrbe- auftragter an der Höheren Fachschule für Farbgestaltung in Zürich.
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