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Medienskulptur mit poppigem Innenleben

Farbe & Inspiration
Medienskulptur mit poppigem Innenleben

Die Technische Universität Cottbus darf sich an einer neuen Bibliothek erfreuen. Außen unbunt, zeigt sich das amorphe Gebäude innen fast irritierend farbgewaltig.

Armin Scharf

Wenn die Studenten der Universität Cottbus ihre neue Bibliothek betreten, werden sie von knalligen Farben überrascht – Wände, Böden, Stützen leuchten in Zinnoberrot, Gelbgrün, Gelb, Dunkelblau und Magenta.
Dies hat damit zu tun, dass die klassische Bibliothek als schlichter Aufbewahrungsort für Bücher ausgedient hat. Im multimedialen Zeitalter spricht man, zwar etwas umständlich, dafür aber korrekt, von einem Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum – kurz IKMZ. Jetzt hat auch die Brandenburgische Technische Universität (BTU) in Cottbus ihr „IKMZ“. Und ein ganz besonderes dazu, das rund 29 Millionen Euro gekostet hat. Geplant hat den Neubau das Architekturbüro Herzog & de Meuron aus Basel. Die Schweizer, bekannt für so spektakuläre Bauwerke wie die Allianz-Arena in München, das Nationalstadion in Peking oder die Bibliothek der FH Eberswalde (siehe Malerblatt 10/99), schufen auf dem Campus der BTU ein neues Wahrzeichen für die Stadt Cottbus – ganz ohne Ecken und Kanten.
Rundungen bestimmen den Grundriss, der an einen See mit vier Ausbuchtungen oder an ein unregelmäßiges Kleeblatt erinnert. Die gekurvte Form begründen die Planer mit der Öffnung des Gebäudes nach allen Seiten. Das IKMZ hat daher weder eine Vorder- noch eine Rückseite, sondern macht zu allen Seiten klare und empfangende Gesten, so die Architekten. Von weitem sieht das 32 Meter hohe Bauwerk mit seiner weiß bedruckten Glasfassade, die zweischalig die Stahlbetonkonstruktion ummantelt, wie ein gefülltes Milchglas aus. Wenn man näher kommt, löst sich das verschwommene Bild in unzählige Buchstaben auf. Leicht verfremdet sind sie den Weltsprachen entlehnt, darunter auch Hebräisch und Arabisch. Dies ist ein Hinweis auf die Funktion des Gebäudes und spiegelt abermals die besondere Vorliebe der Architekten, die Hülle eines Gebäudes aus seiner bloßen Funktionalität zu heben, ihr dekorativ-erzählerische Qualitäten zu verleihen.
Im Innern des zehnstöckigen Wissensturms stehen den Studenten, geschossweise nach Fachrichtungen aufgeteilt, rund 800 000 Bücher, Zeitschriften, CDs, CD-ROMs und Mikrofilme zur Verfügung. An den meisten der rund 650 Arbeitsplätze kann man zudem im weltweiten Datennetz surfen. „Dieses Konzept vereint die klassischen Dienstleistungen einer Bibliothek, die elektronische Datenverarbeitung und den Multimedia-Bereich zu einem integrierten Angebot für Studierende, Wissenschaftler und Bürger“, so BTU-Präsident Ernst Sigmund über die Koexistenz von Büchern und elektronischen Medien.
Bei der Planung eines solch neuen, integrierten Konzepts der Informationsversorgung galt es architektonische Kreativität und hohe nutzungsorientierte Flexibilität in Übereinstimmung zu bringen. Das Gebäude soll auch in seinem Inneren das menschliche Bedürfnis nach Kommunikation, Räumlichkeit, Erlebbarkeit von Informationen, aber auch nach konzentriertem wissenschaftlichem Arbeiten erfüllen. Die Raumgestaltung ist großzügig, da auf Wandelemente weitestgehend verzichtet wurde. Die Deckenscheiben werden hauptsächlich von vertikalen Stützen und zwei massiven Kernelementen getragen. Durch das gesamte Gebäude windet sich eine Wendeltreppe. Die unterschiedlichen Ebenen des Gebäudes und die verschiedenen Raumhöhen lassen Galerien und große, luftige Freiräume entstehen, die die Transparenz der Fassade unterstützen. Das Magazin ist im unterirdischen, fensterlosen Bereich untergebracht, während in den lichtdurchfluteten oberen Ebenen die Lesebereiche und Arbeitsplätze angeordnet sind. Als Lern- und Kommunikationszentrum bietet das IKMZ aber auch Bereiche, die gemeinschaftliches Lernen ermöglichen oder Ruhezonen, in denen die Nutzer gemütlich auf einem Lesesofa in Zeitungen schmökern können.
Das Farbkonzept – so spektakulär und irritierend es sich zunächst darstellt – folgt der Intention, die Orientierung zu erleichtern. Schließlich präsentiert sich jede Etage mit einem eigenen Grundriss, in dem abschließende Wände kaum existieren. Die mitunter grelle Farbigkeit soll einzelne Nutzungszonen voneinander differenzieren, wobei vor allem das unmittelbare Zusammentreffen der extremen Buntfarben gewöhnungsbedürftig ist. Durch Reflektion an neutralen Einrichtungsgegenständen wie den stählernen Buchregalen, entsteht eine allumfassende Farbigkeit, die nur vom Nutzer unterbrochen wird. So radikal präsent die Farbe in weiten Teilen ist, so nimmt sie sich in den Lesesälen zurück: Hier dominiert eine ruhige, neutrale Weiß-Grau-Kombination.
Bauherr: Liegenschafts- und Bauamt Cottbus
Architekten: Herzog & de Meuron, Basel
Ausführung Malerarbeiten: Malerbetrieb MaKo GmbH, Proschim
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