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Weder abstrakt noch Zukunftsmusik

Betrieb & Markt
Weder abstrakt noch Zukunftsmusik

Keine technologische Entwicklung prägt Gesellschaft und Wirtschaft zurzeit stärker als die Digitalisierung. Auf dem Digitalisierungssymposium des Baden-Württembergischen Handwerkstages haben Politiker, Praktiker und Experte die verschiedenen Auswirkungen für das Handwerk diskutiert.

Andreas Ehrfeld

Verschläft der Mittelstand die digitale Revolution?“, fragt Oskar Vogel, Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT) und ist sich sogleich sicher: „Nein!“ Vielmehr ist der Mittelstand bereits jetzt viel digitaler als viele denken, einige technische Lösungen nutzt der Mittelstand bereits, Maler beispielsweise sind schon lange mit Farbkonfiguratoren vertraut. Genutzt werden diese, um den Kunden zu zeigen, wie künftig die Räume aussehen könnten. Nicht das Ob, sondern das Wie sei entscheidend, wobei viele Betriebe noch am Anfang der digitalen Entwicklung stünden. Andere hingegen sind schon mit hoher Geschwindigkeit unterwegs. Es gilt allerdings: Nicht alle Aspekte der Digitalisierung sind für jeden Betrieb gleich interessant. Ein intensiver Austausch der Betriebe untereinander, hofft Vogel, sorge für Fortschritt.
Die Betriebe sind bereit
Auch die Gewerke, so sagt es Redner Christian Sendelbeck, Vizepräsident der Handwerkskammer Mittelfranken, müssten sich untereinander stärker vernetzen. Sendelbeck erwartet eine weitere Spezialisierung, die sich im Handwerk durch die Digitalisierung herauskristallisieren werde. „Die Betriebe sind bereit.“ Inzwischen gäbe es beispielsweise nur noch wenige Betriebe, die ihre Zeiterfassung noch analog, also mit Zettel und Stift, durchführten. „Die Generation der über Fünfzigjährigen setzt sich mit der Digitalisierung auseinander.“ Der externe Datenschutz sei für ihn allerdings von zentraler Bedeutung. Sendelbeck nennt einen Betrieb als Beispiel, der – ohne die Eigentümer zu informieren – die dort durchgeführten Handwerksarbeiten im Netz veröffentlichte. So etwas dürfe nicht passieren. Um betriebsintern den Datenschutz zu gewährleisten, gilt: Selbst USB-Sticks dürfen nicht einfach ungeprüft an den PC angeschlossen werden, schließlich könnten etwaige Viren den Verlust unternehmenswichtiger Daten bedeuten.
Sinnvolle Unterstützung
Auch an den Berufsschulen müsse der Unterricht angepasst werden: „Nicht das Vorhandensein von Tablets macht einen guten Unterricht aus, sondern was damit unterrichtet wird“, so Sendelbeck. Zudem gelte: „Nicht jeder der WhatsApp bedienen könne, sei auch dafür prädestiniert, als Anlagenführer zu arbeiten.“ Jürgen Wittlinger, Leiter der Gewerblichen Schule in Göppingen, ist derselben Meinung: „Digitale Medien sind nicht das Allerheilmittel. Sie müssen den Lernprozess vielmehr sinnvoll unterstützen. Außerfachliche Kompetenzen, wie Teamarbeit, lernt man nicht mit Tablets.“
Übereinstimmend berichten die Redner von ganz anderen Problemen, die heutige Azubis mitbrächten, Einstellungsvoraussetzungen wie Lesen, Rechnen und Schreiben seien häufig mangelhaft. „An diesen Basics muss gemeinsam gearbeitet werden, auch auf ein breites Basiswissen lässt sich nicht verzichten.“
Eine gute Zusammenarbeit von Berufsschulen und Betrieben sei in Bezug auf die Digitalisierung unerlässlich. Christian Sendelbeck fordert: „Das Handwerk muss sich schneller bewegen.“ Der Vizepräsident der Handwerkskammer Mittelfranken sagt aber auch: „Manche Dinge lassen sich nicht digital regeln, beispielsweise das Streichen einer Wand.“ Man dürfe den Bogen nicht überspannen. Vielmehr solle man die Digitalisierung als Möglichkeit sehen, Abläufe zu optimieren.
Eine Revolution, vergleichbar mit der industriellen, nur deutlich schneller, sieht der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Thomas Strobl. „Wir müssen die Digitalisierung als Chance begreifen, müssen vorne dabei sein. In den nächsten Jahren werden die Weichen gestellt, ob einzelne Staaten wirtschaftlich an der Spitze bleiben oder nicht.“ Wichtigster Punkt dabei sei die Bildung: „Die «Kreidezeit» in den Schulen muss beendet werden.“
Überall schnelles Internet
Daten sieht der Minister als Infrastruktur des 21. Jahrhunderts und die Schaffung eben dieser, sprich das Verlegen von Glasfaserkabeln, sei eine klassische Aufgabe des Staates: „Glasfaserkabel sind künftig ein Muss, Kupferkabel sind eigentlich jetzt schon Steinzeit. Wir haben nicht mehr bis zum Jahr 2020 Zeit: Schnelles Internet muss überall hinkommen“, nimmt Strobl sich und seine Landesregierung in die Pflicht. Je kleiner ein Betrieb, desto wichtiger sei die Vernetzung mit anderen Unternehmen. Dafür wolle das Land Baden-Württemberg entsprechende Plattformen zur Verfügung stellen. Strobl legt auch den Finger in die Wunde mancher Handwerksbetriebe: „Es kann nicht sein, dass gesagt wird: Die zehn Jahre, die ich noch im Betrieb bin, erledige ich noch mit Zettel und Stift.“
Einig sind sich alle Redner in einem: Digitalisierung darf nur Mittel zum Zweck sein, nicht alleiniger Zweck.

praxisplus
Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium bringt Lotsen für die Digitalisierung an den Start, die kleinere Unternehmen beraten sollen. Die Projekte werden beim Handwerk, Handelsverband, Hotel- und Gaststättenverband Virtual Dimension Center Fellbach angesiedelt. Dies ist ein Zentrum, das sich mit dem Thema Virtualisierung im Ingenieurbereich beschäftigt – hier geht es beispielsweise um 3-D-Simulationen oder den Einsatz von virtueller Realität, die etwa Produktionsprozesse oder Wartungsvorgänge anschaulicher macht.
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