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Optimismus trotz Sarg

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Optimismus trotz Sarg

Der Deutsche Maler- und Lackierertag in Halle setzte sich mit Chancen und Problemen der Branche auseinander.

Die Teilnehmer erhoben sich, eine fast bedrückende Stille trat ein und vier fein gewandete Herren schritten feierlich durch den Gang und hinauf auf die Bühne. Den Sarg, den sie trugen, behandelten sie respektvoll und umsichtig. Das war der Auftakt des Deutschen Maler- und Lackierertags am 5. Mai 2006 in Halle/Saale. Im Sarg lagen diverse Tote oder zumindest Halbtote, die auf ihrem letzten Weg begleitet wurden: 80.000 Arbeitsplätze beispielsweise, auch 13.000 Ausbildungsplätze sowie die kaum mehr zu erreichende Mehrwertsteuer-Reduzierung auf Handwerker-Leistungen: abgehakt, abgeschrieben, zu Grabe getragen? Es sieht so aus. Resignation, mindestens aber Enttäuschung war bei den Teilnehmern am Malertag spürbar. Zu sehr wurde das Handwerk in den letzten Jahren gebeutelt und von der unguten wirtschaftlichen Situation mehr nach unten gerissen als manch andere Branche. Was richtig weh tat und noch tut: dass die Politik das Handwerk mehr oder weniger aktiv ignoriert – und das von Parteien aller Couleur, was es noch schwieriger macht: der „Feind“ kann nicht mehr ausgemacht und Politiker können nicht mehr wie früher in die „richtige“ oder „falsche“ Ecke gestellt werden.

Weil das so ist, muss eben allgemein über „die Politik“ geklagt und geschimpft werden. In Halle stellte sich ein Vertreter der CDU den Malern und Lackierern. Hauptgeschäftsführer Werner Loch vom Hauptverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz konnte nach der Begrüßung der Teilnehmer auf der Bühne den Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, Reiner Haselhoff, und auch den Präsidenten der Handwerkskammer Halle, Thomas Keindorf, gemeinsam interviewen. Ganz offen beantworteten die beiden Interviewten die Fragen von Werner Loch, gingen auch auf kritische Fragen ein und auch auf die vertane Chance einer Mehrwertsteuer-Reduzierung auf arbeitsintensive Leistungen. Ja, man hätte das wagen können und ausprobieren müssen, nachdem es von EU-Seite aus möglich gewesen wäre und nachdem 17 von 25 EU-Staaten schon Versuche mit meist positiven Ergebnissen damit machten. Und vor allem in Frankreich sei die MwSt-Reduzierung ja zum Erfolgsmodell geworden. So richtig schienen die Teilnehmer ihren Ohren nicht zu trauen, weil diese positiven Aussagen so gar nicht zur tatsächlich umgesetzten Bundespolitik passen wollten.
Jürgen Hinz, Präsident des Hauptverbandes Farbe, Gestaltung, Bautenschutz ging in seiner Begrüßungsrede auch noch einmal auf die MwSt-Reduzierung, auf das dadurch mögliche Auftrags-Wachstum und auf die einfachere Bekämpfung der Schwarzarbeit ein. Er betonte im Gegensatz zur Eröffnungs-Demonstration: „Wir werden diese Forderung nicht zu Grabe tragen.“ Den ursprünglich vermittelten Eindruck der Beerdigung revidierte er ebenfalls: „Wir wollen heute nicht unser schönes Handwerk zu Grabe tragen. Der aufgestellte Sarg soll nur verdeutlichen, in welch schwieriger Zeit wir uns befinden.“ Trotz allem schloss er seinen Ausblick optimistisch: „Ich bin davon überzeugt, dass wir als Maler und Lackierer weiterhin einen Spitzenplatz in der ersten Liga am Markt einnehmen werden. Mit unserer Verbandsarbeit in den Innungen, den Landesinnungsverbänden und dem Hauptverband unterstützen wir das.“
Workshops und Foren
Interessante Informationen und fruchtbare Diskussionen boten die Workshops/Foren
  • Kosten im Griff – flexible Arbeitsgestaltung im Betrieb
  • Technik verkaufen – mehr Markt machen. Vorgestellt wurde eine Initiative für mehr Wartungsarbeiten bei Holzbeschichtungen.
  • Grenzen überwinden – Horizonte erweitern. Fortbildung war hier das Hauptthema. Roland Brecheis, Vorsitzender des Bildungsausschusses, moderierte diesen Workshop. In einer launigen Rede brachte Wolfdietrich Elbert vom Europäischen Zentrum in Venedig rüber, dass eine Qualifizierung des Handwerks unumgänglich ist, Motto: eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Birgit Pfleiderer präsentierte das Programm der Akademie des Malerhandwerks; Ingeborg Totzke vom LIV Hessen stellte die UniMal-Seminare vor.
Fachvorträge
Im Auftrag von Brillux, Caparol, Akzo Nobel, Sander & Doll sowie Sto referierten Experten zu den Themen Aufmaß-Systeme, Fassadenschutzbriefe, VOC, Neukundengewinnung. Mikro-Organismen an Fassaden – damit setzte sich Wolfgang Cyrol von Sto auseinander. Er erläuterte die Wachstums-Zusammenhänge und erklärte die Beanspruchung einer Fassaden-beschichtung.
TWU-Frühjahrs-Tagung
Im Rahmen des Deutschen Maler- und Lackierertags fand auch die Frühjahrstagung des Ausschusses „Technik, Werkstoff und Umwelt“ statt. Der Ausschussvorsitzende, Holger Haring, eröffnete die Veranstaltung und ehrte gemeinsam mit Rainer Becker verdiente TWU-Mitglieder. Nach der Genehmigung des Ergebnisberichtes Castrop-Rauxel 05 hielt Dr. Albert Rössler vom Adler-Werk im österreichischen Schwaz den Vortrag „Beschichtungen mit funktionellen Eigenschaften“. Die Kardinalpunkte der „Forschungsagenda Oberfläche“:
  • selbstreinigende Eigenschaften
  • Schichten mit langer Lebensdauer
  • aktive Oberflächen
  • umweltschutz-gerechte Beschichtungsmaterialien und -verfahren.
Seine Ausführungen zur Nano-Technologie in der Farben- und Lackindustrie wurden mit großem Interesse aufgenommen, vor allem der Blick in die Zukunft auf all das, was mithilfe der Nano-Technologie realisiert werden könnte.
Weitere Punkte der TWU-Frühjahrs-Tagung:
  • Präqualifikation von Bauunternehmen (Dr. Wolfgang Berwanger, Achim Huber von QCM-Consult, Frankfurt)
  • Berichte BFS (Karl-August Siepelmeyer, Melle)
  • Berichte TWU/SV (Holger Haring, Weinheim, Rainer Becker, Kaiserslautern, Heinrich Bartholemy, Stuttgart)
  • Müssen Sachverständige für Beschichtungen genormt werden? (Heinrich Bartholemy, Stuttgart)
Rahmenprogramm
Das Team des Landesinnungsverbandes Sachsen-Anhalt mit LIM Rainer Müller hatte den Malertag bestens organisiert und auch dafür gesorgt, dass sich die Teilnehmer im Rahmenprogramm über etliche Schmankerln freuen konnten. Ulrich Schweizer
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