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Unverdünnt aufgetragen mit Werner Schledt
Ideen to go

Werner Schledt

Es ist mal wieder en vogue, das Mittelalter zu verherrlichen. Begeisterung und Arbeitsethos, sagt man, seien damals so hoch gewesen, dass sich Maurer und Steinmetze beim Dombau nicht nur als Handwerker gefühlt, sondern mehr noch als Miterbauer der Kathedralen verstanden hätten. Eine wahrhaft großartige und längst selten gewordene Einstellung. Gibt’s auch heute noch: Im HS-Report war jüngst zu lesen, dass einer der Maler von Heinrich Schmid, wenn er mal falsch geparkt hat, die Polizisten mit dem Satz verblüfft: „Ich mache Deutschland schöner – und dazu muss ich jetzt hier parken.“ Fand ich Klasse.
Hohe Kunst
Nachtrag zur Dokumenta: Einer der Künstler „bespielt“ – so heißt das heute – öffentliche Räume, indem er Leute Schlange stehen lässt. Das macht die Passanten natürlich neugierig. Der Witz dabei: Die angeheuerte Menschenschlange steht um absolut nichts an. Daraus könnte man eine gute PR-Aktion machen.
Auch noch dazu – gilt aber nicht nur für die Kunst: Regina Ziegler, Regisseurin und Unternehmerin im Fragebogen der Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Im Rückblick würde ich nicht noch einmal dem Irrglauben erliegen, dass Erfolg und Qualität zwei Worte für dieselbe Sache sind“.
Ich kann’s halt
Der zu früh verstorbene Autor und Zeichner Robert Gernhardt schreibt in seinen köstlichen Erinnerungen „Toskana mia“, dass die Mitarbeiter einer italienischen Baufirma statt eines Firmenlogos ganz individuelle Aufschriften auf ihren T-Shirts hatten, einer zum Beispiel, der oft für Deutsche arbeitet, „Giovanni scho weiss!“. Dazu fallen mir gleich ein paar weitere Hingucker ein. Wie wär’s mit: „Ich kann’s halt!“ „Bin schon dabei!“ oder „Mich wollen alle!“? Derselbe Robert Gernhardt nennt in anderem Zusammenhang Maler, die nicht so gut sind, „Mindermaler“. Solche gibt’s bei uns auch.
Das habe ich zuerst für eine Ente gehalten: Unser Hauptverband ignoriert „WorldSkills“, die Weltmeisterschaft im Berufswettkampf, die nach 40 Jahren 2013 erstmals wieder in Deutschland stattfindet. Aber Dank Norbert Dieter, der mit seinen Ausgebildeten schon so oft bei großen Wettbewerben erfolgreich war, gibt’s doch noch eine deutsche Beteiligung: Er schickt mit Unterstützung des LIV Hessen und der Sponsoren Brillux und Signal/Iduna die bei ihm ausge- bildete Dritte des letztjährigen Bundesleistungswettbewerbs, Maren Ottens, ins Rennen. Dabei sein ist alles – aber vielleicht gelingt ihr ja auch eine Überraschung und sie kommt aufs Treppchen. Ich halte ihr jedenfalls die Daumen.
Auch pfiffig: Bei Norbert Dieter ist’s nachahmenswerter Brauch, dass die neuen Lehrlinge eine „Schultüte“ aus Tapete bekommen. Drinnen stecken die wichtigsten Werkzeuge und natürlich auch Süßigkeiten. Obenauf ein Lappen mit dem Spruch „Ein guter Maler flink und fleißig, hat immer ‘nen sauberen Lappen bei sich“.
Pfiffige Kunst
Dieter Hahn hat seinen Bauwagen originell gestalten und neu anmalen lassen. Abgebildet sind Maler beim Frühstück. Das allein ist schon eine gute PR-Idee. Aber er hat noch eins draufgesetzt: Das Bemalen durch einen Künstler passierte nicht in der Werkstatt, sondern über mehrere Tage auf dem stark frequentierten Marktplatz. Er ist halt ein Pfiffiger. Das fand auch der Grünberger Pfarrer, der die Aktion spontan „Graffiti to go“ nannte. Auch nicht schlecht.
Die Idee geht mir nicht aus dem Kopf: Wenn wir Privatkunden davon begeistern könnten, bei unserer Arbeit kurz ein kleines bisschen mitzumachen und mitzumalen, wäre das Ganze auch ihre Arbeit. Und an der mäkelt man erfahrungsgemäß nicht so kritisch rum. Oder?
Dass St. Bartholomäus, dem nach biblischer Überlieferung ein Bruder des armenischen Herrschers Polymios bei lebendigem Leib die Haut abziehen ließ, zum Schutzpatron der Gerber und auch der Metzger wurde, entbehrt nicht einer makabren Logik. Er ist aber auch Schutzpatron der Gipser. Das war mir bisher unbekannt. Ob es unsere Stuckateure wissen?
„Es sind die vollen Ähren, die den Kopf neigen. Nur die leeren tragen ihn oben.“ Mit diesem asiatischen Sprichwort endet ein Buch von Roman Maria Koidl mit dem Titel „Blender“. Mir sind dazu spontan einige der sogenannten Erfolgstrainer eingefallen.
Es wird rein pekuniär Orientierten kaum imponieren, hat aber was: M. sagte mir, die Freude über die gelungene Arbeit sei ihm auf der Heimfahrt wie ein zweiter Lohn vorgekommen.
Preis-Unterschiede
Bei einer Meinungsverschiedenheit darüber, warum der Kostenvoranschlag eines größeren Betriebes ganz erheblich unter dem eines kleineren liegt, ist mir eine sachliche Begründung erst hinterher eingefallen: Der Kleinbetrieb hat in der Regel einen Stammkundenkreis. Bei dem kann er sich drastische Preisunterschiede in der Regel nicht leisten, wenn er nicht in Verruf kommen will. Der größere Betrieb bewirbt sich bei Ausschreibungen oft um anonyme Auftraggeber, die sich auch untereinander nicht kennen. Er geht runter, wenn er den Auftrag braucht, lässt ihn vielleicht von einem Sub ausführen oder bietet einzelne Positionen schon mal unterm Selbstkostenpreis an. Das ist wie im Verhältnis des Bäckers an der Ecke zu Aldi. (Natürlich bin ich auf Resonanz zu dieser Argumentation gespannt).

PRAXISPLUS

Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – genau das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“. Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk. Jetzt ist er Geschäftsführer der Schledt & Schledt GmbH und schreibt aus praktischer und betrieblicher Sicht exklusiv für die Malerblatt-Leser.
Werner Schledt
TREIBS Bau GmbH
Heinrichstraße 9-11
60327 Frankfurt/Main
Tel.: (069) 750010-310
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