Was bringt die Zukunft? Hanna Arendt, die bedeutende Philosophin und Vordenkerin, beantwortete die Frage, ob uns Maschinen die Arbeit wegnehmen, schon vor Jahrzehnten so: Produzieren, Herstellen und standardisierte Verfahren werden uns die Roboter abnehmen, ebenso wie körperliche Arbeiten. Bleiben werde alles, was sie „Praxis“ nennt, alle kreativen und unternehmerischen Tätigkeiten aus eigenem Antrieb. Wenn Sie in diesem Sinne tätig sind, werden Sie nie auf dem Trockenen sitzen. Denn, so Hanna Arendt: „Da Roboter nicht geboren werden, können Sie Ihnen nicht das Wasser reichen.“
Neue Wachstumsstrategie
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat jetzt an den weltweiten Einfluss des Staatlichen Bauhauses auf Design und Architektur erinnert und im Zusammenhang mit dem hohen Anteil an schädlichen Treibhausgasen aus Infrastrukturen und Immobilien eine neue „Europäische Bauhaus-Bewegung“ angekündigt. In ihr werden Architekten, Künstler, Designer und Wissenschaftler zusammenwirken, um eine neue, umwelt- und ressourcenschonende Wachstumsstrategie zu entwickeln. Das Bauhaus wird zunächst in fünf europäischen Ländern entstehen und soll analog zu der Forderung von Walter Gropius, dass die Baukunst ein Spiegel des Lebens und der Zeit sein müsse, Nachhaltigkeit mit guter Gestaltung verbinden. Dazu wird es auch das Handwerk brauchen. Wenn man, wie Gropius es formulierte, eine neue Zukunft bilden und dazu die „hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern überwinden“ muss, werden insbesondere die Bauberufe gefragt sein. Nicht zuletzt wir Maler.
Renovierungswelle
35 Millionen, Gebäude wohlgemerkt, sollen in den nächsten 10 Jahren grundlegend saniert werden. Weil Häuser 40 Prozent der gesamten Energie verbrauchen, will die Europäische Kommission mit einer „Renovierungswelle“ die Modernisierungsrate in den nächsten 10 Jahren auf mindestens zwei Prozent -das sind 35 Millionen Gebäude- steigern und dafür ein Milliarden-Förderprogramm bereitstellen. Wird weiter nur im bisherigen Umfang modernisiert, braucht es 100 Jahre, bis der Ausstoß von Treibhausgasen im vorgesehenen Umfang sinkt.
Zum Mitnehmen
Wenn das Betriebsklima nicht gut ist, die Kollegen keine Kumpels sind, das Gefühl von Zugehörigkeit und Identifikation nicht mehr das ist, der Job einen also zu sehr mitnimmt, kann man natürlich gehen. In einem Artikel über Lust und Frust bei der Arbeit bin ich zur Frage „Ausharren oder ausscheiden?“ auf diesen Hinweis einer erfahrenen Psychologin gestoßen: „Man sollte bedenken, dass man sich selbst immer mitnimmt. Die Probleme, die man am alten Arbeitsplatz hatte, erwarten einen am neuen, weil man immer Teil einer Situation ist.“ Vor der Tat bedenkenswert.
Weiß nicht wegzukriegen
In Stuttgart werden derzeit in einer Ausstellung „Wände/Walls“ auch kleine Farboberflächen gezeigt, die Künstler von Museumswänden abgetragen haben, um zu demonstrieren, dass Kunstwerke weltweit meist vor weißen Wänden präsentiert werden. „Von innen sehen Ausstellungshäuser heute alle gleich aus“ heißt es dazu in einer Rezension. Was käme wohl heraus, wenn man weltweit die Wände der Wohnungen auf ihre Farbigkeit untersuchte? Machen wir uns nichts weis: Hierzulande jedenfalls haben weder ausgerufene Farbtrends noch gekürte Farben des Jahres das Wohnen in Weiß nennenswert verändert. Und, Farbpsychologie hin oder her, am Ende weißelt man doch wieder. Wohl weil man weiß, dass man damit nichts falsch machen kann.
Zurück zur Heimarbeit?
Ein Teil der coronabedingten Heimarbeit wird sicher bleiben, und Politiker und Gewerkschaften fordern sogar Ansprüche aufs Homeoffice. Wird wohl so kommen. Daran erinnern darf man aber auch, dass es für viele die erstrittene räumliche Trennung von Wohnen und Arbeiten war, die zu einer Unterscheidung von Betrieb und Privat, Arbeitszeit und Freizeit, Firma und Familie, und nach und nach zu besseren Arbeitsbedingungen und geregelten Arbeitszeiten, vom 8-Stunden-Tag über „samstags gehört Papa uns“ bis zur 35-Stunden-Woche geführt hat. Errungenschaften, die als Fortschritt galten. Fort damit?
Lost, not least
Nicht ganz zu guter Letzt noch die Nachricht, dass „lost“ Jugendwort des Jahres wurde. Lost steht für Verlierer und wer lost ist, gilt als aufgegeben, unsicher und chancenlos. Chancenlos seien, so hört und liest man dauernd, vor allem Kinder von nichtakademischen Eltern, und dass ihnen, auch aus finanziellen Gründen, der Aufstieg versagt sei. So brauche es in Deutschland Generationen, um von unteren Einkommensschichten in mittlere aufzusteigen. Studien belegten, so wird publiziert, dass weltweit in kaum einem der reichen Länder die Chancen der Kinder so stark von der sozialen Herkunft abhängig seien wie bei uns. Ich denke dabei immer: Die Schülerinnen und Schüler aus diesen Familien hören und lesen das doch auch. Viel zu oft. Und schließlich glauben sie selbst, dass sie keine Chancen haben, halt „lost“ sind. Das Jugendwort des Jahres macht madig statt mutig. Es mag aktuell in Gebrauch sein – aber hoffentlich bleibt es unter jungen Leuten nicht lange gebräuchlich. Lost sein ist eine böse Last. Die braucht kein Mensch.
Nicht müde werden
Anstelle eines oft kurzlebigen Vorsatzes für das neue Jahr dieser Nachsatz von Marie von Ebner-Eschenbach: „Müde macht uns die Arbeit, die wir liegen lassen, nicht die, die wir tun.“
In diesem Sinne: Bleiben Sie wachsam – und lassen Sie nichts liegen.
PraxisPlus
Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.
Werner Schledt
Gangstraße 35 c
60388 Frankfurt/Main
Man muss auch mal den ersten Schritt alleine machen.
Wer lernt begabt sich selbst