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Gegen die Wand

Betrieb & Markt
Gegen die Wand

Werner Schledt

Wusste ich auch nicht: Studien haben gezeigt, dass Unternehmer, die ihren Laden schon mal an die Wand gefahren haben, beim zweiten Versuch meist erfolgreicher sind als solche ohne diese in vielerlei Hinsicht zunächst sehr schmerzliche Erfahrung. Henry Ford zum Beispiel, Walt Disney auch, nicht zuletzt schließlich Steve Jobs. Sie haben aus ihren Erfahrungen gelernt und das hat sich bezahlt gemacht. Dies zum Trost auch für unser Haus, in dem ein neu gegründeter zusätzlicher Betrieb trotz durchdachter Vorbereitung nicht in die Gänge kam, sodass zunächst „zugebuttert“ wurde und schließlich als rationelle Konsequenz nur die geordnete Insolvenz blieb.
Anpfiff
Ab Ende August spucken sie wieder, die Fußballer aller Ligen. Das ist zwar unappetitlich, aber führt nicht zu einer Gelben Karte. Wer dagegen im Stadion Logen anbietet und Geschäftspartner dorthin einlädt, kann sich leicht eine Rote einhandeln, z.B. vom Staatsanwalt, der auf Compliance, das ist die Einhaltung von gesetzlichen Regelungen zwischen Beziehungspflege und Bestechung, achtet und gegen den Gastgeber u.U. einen „Strafstoß“ verhängt.
Qual zur Qualität
Wer mit Subunternehmern kooperiert, muss vorher einiges abklären, bevor er grünes Licht für deren Einsatz geben kann. Aber damit sind die Probleme noch längst nicht alle vom Tisch. Die Leistungsstandards und der Auftritt müssen unseren eigenen entsprechen bzw. mindestens das halten, was wir den Kunden versprechen. Illustriert mit einem Puzzle, dessen Teile die farbigen Flaggen bzw. Wappen der Nationalitäten unserer Subunternehmer zeigen, geben wir ihnen eine kleine Broschüre mit folgendem Vorwort an die Hand: „Darauf kommt es bei uns an: Qualität ist wie ein Puzzle, bei dem unsere handwerkliche Arbeit ein wichtiges Teil ist. Es gehören aber noch viele andere Elemente dazu, die alle richtig ineinandergreifen müssen. Erst dann ist unsere Leistung so komplett, dass der Kunde zufrieden ist. Nur dann kommt er wieder. Darauf kommt es bei uns an.“ Dazu sind – in mehreren Sprachen natürlich – folgende Standards aufgelistet, deren Einhaltung wir überwachen: „Wir sind immer gepflegt und sauber. Wir tragen nur Berufskleidung mit dem vorgeschriebenen Partnerlogo. Wir sind immer pünktlich. Wir sind zu jedem freundlich. Wir halten unsere Baustellen sauber und in Ordnung. Wir vermeiden unnötigen Schmutz. Wir machen keinen unnötigen Lärm. Wir verschwenden weder Werkstoffe noch Werkzeuge. Wir schließen Werkzeuge und Maschinen im Auto, nicht auf der Baustelle ein. Wir bringen Müll in der Regel direkt zur Entsorgungsfirma. Wir arbeiten wie ausgeschrieben bzw. angewiesen. Wir halten die Verarbeitungsrichtlinien der Hersteller ein. Wir arbeiten normgerecht. Wir melden sofort Bedenken an, wenn wir Ursachen für Mängel entdecken oder vermuten. Wir tragen Meinungsverschiedenheiten sachlich, nicht persönlich und niemals handgreiflich aus.“ Eigentlich alles selbstverständlich, sollte man meinen, aber in der Praxis sieht das – und dies gilt nicht nur hinsichtlich der Subs – manchmal leider ein bisschen anders aus. Deshalb gibt es zur Qualitätssicherung auch ein Projekt „Notbremse“, das ausnahmslos alle Mitarbeiter auffordert, die Notbremse zu ziehen, die Arbeit zu stoppen bzw. einzugreifen oder Meldung zu machen, wenn vom eigenen oder vom Team eines Subs fehlerhaft gearbeitet wird oder Mängel festgestellt werden. Hier aus der Horrorliste der Situationen, in denen die Notbremse zu ziehen ist, ein paar markante Beispiele. Beim Anstrich: schlechtes Abkleben oder Verwendung ungeeigneter Klebebänder; Beschichtung auf mangelhaften oder ungeeigneten Untergründen; Anstriche auf Fleckspachtel und – ja, auch das ist schon vorgekommen – ungeprüfter Einsatz falscher Farbtöne. Umfangreicher sind die Horrorlisten bei Trockenbau und Wärmedämmung: wenn Dampfsperren nicht richtig eingebaut werden, fehlen oder beschädigt sind; wenn Dichtbänder nicht eingebaut werden, Schienen nicht im Lot sind oder zu wenige Aufhänger angebracht werden; wenn GK-Platten nicht versetzt montiert werden oder die Verwendung von Rissbinden unterbleibt. Notbremse auch, wo Dämmplatten falsch verklebt und verdübelt werden; wenn mit Kleber erheblich begradigt oder die Armierung falsch verlegt wird und wenn notwendige Fugen nicht ausgebildet werden. Natürlich umfassen die Anweisungen zum Ziehen der Notbremse auch die Bereiche Tapezierarbeiten, Maschinen- und Geräteeinsatz, Gerüstbau und Nassputz. Und in den Mitarbeitertrainings stetig „wiedergekaut“ werden muss dieses Thema natürlich auch.
Freund oder Feind
Das hat richtig Spaß gemacht: Der Chefverkäufer eines großen Autohauses verbittet sich per Mail ein für alle Mal die Belästigung durch den Faxversand unserer Kundennachrichten. Ich antworte prompt, dass ich ihn selbstverständlich aus dem Verteiler nehme und verbitte mir im Gegenzug jedwede Werbung für seine Fahrzeuge, nicht ohne zu erwähnen, dass wir – noch – drei davon im Fuhrpark haben. Er denkt wohl nach, entschuldigt sich und schickt mir als „Wiedergutmachung“ die Adressen der Entscheider im Konzern für die Vergabe von Modernisierungsarbeiten. Jetzt sind wir fast Freunde.
Wirklich?
In der Handwerkszeitung stand jetzt, dass zertifiziertes Qualitätsmanagement im Handwerk immer wichtiger wird. Glaub’ ich einfach nicht. Die Euphorie hatten wir doch schon mal.
Zum Wohlsein
Der Reaktionen auf meine Kolumne über den Zollstock als häufig anzutreffender „Kalender der letzten hundert Arbeitstage“ wegen noch diese Bestätigung als Nachtrag: Fast 70 Prozent der Deutschen meinen, dass ihre Arbeitsbelastung hoch oder zu hoch ist. Arbeitnehmer in anderen Industrieländern haben einen deutlich niedrigeren Stressfaktor, die Amerikaner z.B. nur rund 40 Prozent. Warum wir „fleißigen Deutschen“ uns wohl bei der Arbeit so unwohl fühlen?

PRAXISPLUS
Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – genau das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“. Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk. Jetzt engagiert er sich als Marketingleiter der Frankfurter TREIBS Bau GmbH und schreibt aus praktischer und betrieblicher Sicht exklusiv für die Malerblatt-Leser.
Werner Schledt
TREIBS Bau GmbH
Heinrichstraße 9–11
60327 Frankfurt/Main
Tel.: (069) 750010-310
Fax: (069) 750010-340
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