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Störende Gerüche

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Störende Gerüche

Störende Gerüche
Anstriche im Wohnbereich erfordern eine gewissenhafte Werkstoffauswahl, um VOC zu reduzieren. Foto: Robert Kussauer
Für den Auftragnehmer wird es immer wichtiger, auf die zunehmende Sensibilität der Endverbraucher gegenüber Gerüchen von Anstrichen und Beschichtungen nach Sanierungsmaßnahmen oder auch beim Neubau einzugehen.

Robert Kussauer

Vermehrt werden nach Malerarbeiten vom Endverbraucher Geruchsbelästigungen beanstandet. Diese können durch Emissionen aus Beschichtungsstoffen oder Wechselwirkungen mit anderen Baumaterialien entstehen.
Folgende Ursachen können dafür aufgeführt werden:
  • mangelnde Lüftung nach Renovationsarbeiten in der kalten Jahreszeit
  • Termindruck am Bau, Beschichtungsstoffe, die vor dem Bezug der Räume nicht ausgetrocknet sind
  • Emissionen werden falschen Ursprüngen zugeordnet. Emissionsquellen sind auch Möbel, Teppichkleber, Fugendichtstoffe usw.
  • ungeeignete Produktauswahl
Der Verbraucher ist heute durch die Medien sensibilisiert, wobei der Eindruck vermittelt wird, dass eine Wahrnehmung von Gerüchen nach Malerarbeiten unmittelbar mit einer Gesundheitsgefährdung in Verbindung steht. Werden dann Sicherheitsdatenblätter bei den Herstellern angefordert, entsteht oft schon bei einer unbedenklichen Dispersionsfarbe der Eindruck, dass es sich um ein gesundheitsgefährdendes Produkt handelt, da die Sicherheitsdatenblätter meist fehlinterpretiert werden. Sicherheitsdatenblätter sind für den Anwendungsfall, d.h. für die Zeit der Verarbeitung des Produktes, für den Transport sowie für einen Unfall, ausgelegt. Sie lassen jedoch keine Schlussfolgerung auf eine eventuelle Gesundheitsgefährdung, nach der Verarbeitung und Durchtrocknung des Produktes zu. Für den Verarbeiter gilt jedoch, dass die Werkstoffauswahl unter ökologischen Gesichtspunkten, d.h. unter Berücksichtigung der umweltrelevanten Schadstoffe, erfolgen muss. Dies bedeutet, dass der ökologisch unbedenklichere Werkstoff einzusetzen ist, wenn für einen zu beschichtenden Untergrund mehrere Produkte zur Verfügung stehen, welche die gleichen technischen Eigenschaften wie Beanspruchbarkeit, Dauerhaftigkeit, Wirksamkeit aufweisen, und wenn bei einer künftigen Überarbeitung bzw. Erneuerung umweltbelastende Arbeitsverfahren zur Anwendung kommen müssen.
Werkstoffauswahl
Für die Lackierung von Türen z.B. in Krankenhäusern mit einer hohen mechanischen Belastung und mit der Anforderung hoher Chemiekalienbeständigkeit sind hoch strapazierfähige Lacke erforderlich, während im Privathaushalt, Büro usw. in der Regel eher eine ökologische Verträglichkeit im Vordergrund steht.
Bei der Werkstoffauswahl muss der Unternehmer aber in jedem Fall nach geeigneten Ersatzprodukten suchen und Stoffe oder Produkte mit geringeren Risiken (geringer Umweltbelastung und geringere gesundheitliche Beeinträchtigung bei der Verarbeitung) einsetzen.
Auf dem Markt befinden sich heute neben den konventionellen lösungsmittelhaltigen Alkydharzlacken und -lasuren alternative Produktlinien auf wasserbasierenden Acryl-, Alkyd- oder Polyurethanlacken. Diese Produkte sind zumindest im Innenbereich, beim Wohnungsbau und bei der Renovierung in Bezug auf Beanspruchbarkeit und Dauerhaftigkeit mit den konventionellen lösungsmittelhaltigen Lacken und Lasuren gleichzusetzen. Ebenso stehen bei den Wandfarben für den Innenbereich emissionsarme, lösungsmittel- und weichmacherfreie Typen zur Verfügung, die bevorzugt eingesetzt werden sollten.
Gerade die Sanierung alter Heizkörper mit einem lösemittelhaltigen Alkydharzlack führt häufig mit dem Beginn der Heizperiode zu Beschwerden über Geruchsbelästigungen, Kopfschmerzen und Augenbrennen. Alkydharzlacke enthalten in der Regel als Hauptkomponente pflanzliche Öle mit ungesättigten Fettsäuren, die als nachwachsender Rohstoff dienen und dem Anstrichstoff seine typischen Trocknungs- und Filmeigenschaften verleihen. Diese Lacke werden inzwischen mit schwach riechendem, aromatenfreiem Testbenzin aus Paraffinkohlenwasserstoffen hergestellt.
Die bei der Verarbeitung auftretenden Lösungsmittelemissionen sind im Gegensatz zu den aromatenhaltigen Lacken in der Geruchswahrnehmung und Schleimhautreizung deutlich reduziert. Jedoch kann der typische Pflanzenölgeruch, der besonders während der Lackhärtung und als Folge der Oxidation entsteht, nicht vermieden werden.
Nach den heutigen Erkenntnissen, besteht wegen des typischen Pflanzenölgeruches zwar keine Gesundheitsgefährdung, da die relevanten flüchtigen Kohlenwasserstoffe bereits nach wenigen Tagen Trockenzeit bei Raumtemperatur durch Verdunstung und normaler Belüftung der Räume im Anstrich nicht mehr vorhanden sind. Dennoch ist diese Geruchsbelästigung eher unzumutbar.
Sollte in Bezug auf die technischen Anforderungen keine Möglichkeit bestehen, auf ein ökologisch sinnvolleres Produkt auszuweichen, ist der Auftraggeber zumindest über eine evtl. Beeinträchtigung durch Emissionen aufzuklären. Werden anstelle lösungsmittelhaltiger Lacke geeignete Heizkörperacryllacke, die keine solchen Pflanzenöle enthalten, verwendet, kann eine derartige Geruchsbelästigung vermieden werden. Ein weiterer Vorteil von Acryllacken ist die wesentlich bessere Vergilbungs- und Farbtonstabilität gegenüber lösungsmittelhaltige Alkydharzlacken.
Normen bieten Sicherheit
Bei sensiblen Personen bietet sich zudem an, Produkte zu verwenden die gemäß DIN EN 71–3 „Norm für Sicherheit von Spielzeug – Teil 3: Migration bestimmter Elemente“ (Ausgabe 2002) geprüft wurden. Denn für Gegenstände die von Kindern gehalten oder gelutscht werden können bzw. bei denen Kontakt mit Speichel und Schweiß unbedenklich sind, gelten besonders hohe Anforderungen. Diese europäische Norm legt Anforderungen und Prüfverfahren für toxische Elemente fest. Dabei werden aus den Beschichtungen von Spielzeug die löslichen Stoffe unter Bedingungen extrahiert, die einem Verbleib im Verdauungstrakt nach dem Verschlucken entsprechen. Der Anteil der gelösten Elemente wird mit dem für jedes Element festgelegten Grenzwert verglichen.
Die Art und Weise, wie die Bioverfügbarkeit in der EU-Spielzeugrichtlinie definiert ist, ergaben die Prüfverfahren in der Norm, die sich mit der Migrationsmenge (Migration = Wanderung) der löslichen Elemente aus einem Spielzeugmaterial befassen. Die Richtlinie führt Grenzwerte der Bioverfügbarkeit für Antimon, Arsen, Barium, Cadmium, Chrom, Blei, Quecksilber und Selen auf.
Es muss zwar nicht jeder Gegenstand, der im Innenraum beschichtet wird den Anforderungen von Kinderspielzeug genügen, doch bieten Produkte die nach dieser Norm geprüft sind, die Sicherheit, dass sich keine gefährlichen Inhaltsstoffe durch Speichel oder Schweiß lösen können.

kompakt
Robert Kussauer ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Maler- und Lackiererhandwerk und Schimmelpilzproblematik.
Sein Buch „Die häufigsten Mängel bei Beschichtungen und WDVS – Erkennen, vermeiden, beheben“ ist bei der Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln, erschienen. Mitautor ist Max Ruprecht. 340 Seiten mit 296 Abbildungen und 69 Tabellen, 59 Euro.
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